Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Vegesacker Autorin Paula Hering debütiert mit Roman und Erzählung / Von den Mühen, ein Buch herauszugeben E-Books, Hexen und versunkene Schlösser

Wer sich entschließt, ein Buch selber herauszugeben, zumal als E-Book, der sollte wissen, auf was er sich einlässt. Die Vegesacker Autorin Paula Hering hat sich eingelassen. Das Ganze war, wie sie heute sagt, "eine gute Gelegenheit durchzudrehen".
24.05.2013, 05:00 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Albrecht-joachim Bahr

Wer sich entschließt, ein Buch selber herauszugeben, zumal als E-Book, der sollte wissen, auf was er sich einlässt. Die Vegesacker Autorin Paula Hering hat sich eingelassen. Das Ganze war, wie sie heute sagt, "eine gute Gelegenheit durchzudrehen".

Vegesack. Mit der Erzählung "Versunken und Vergessen" und dem Roman "Rosalies Schlüssel" hat die in Vegesack lebende Paula Hering in diesen Tagen ihr Doppel-Debüt als Autorin gegeben. Das eine ist eine Erzählung um ein Schloss auf dem Grund eines Sees und gleichzeitig eine eigenwillige und zugleich anrührende Annäherung an das Thema Alzheimer. Das andere erzählt vom Geheimnis und zugleich vom Vermächtnis einer Großmutter, die von den Menschen in ihrem Dorf für eine Hexe gehalten wurde; eine Geschichte für Freunde von Magie und Esoterik, von Katzen, Kräutern und dem Bösen Blick, eine Geschichte, in der nichts so ist, wie es zu sein scheint. Ein verhextes Buch.

Als verhext mag man allerdings auch die Entstehungsgeschichte der Bücher bezeichnen. Endlich hatte sich Paula Hering durchgerungen, Erzählung und Roman nicht nur zu schreiben, sondern auch zu veröffentlichen – und dann konnte man im Internet unter ihrem Namen herunterladen: einerseits ihren Roman über Rosalie, dann aber auch einen ungarischen Titel – mit Noten für Akkordeon. Später kam dann noch ein "Soldatenroman" dazu. Dafür aber fehlte ihre Erzählung. Konfusion also auf voller Breite. Und weder der E-Book-Produzent, noch der Internet-Vertriebs- und eigentliche -Vertragspartner brachten es auf die Reihe. "Es war eine gute Gelegenheit durchzudrehen", seufzt Paula Hering, "bescheuert das Ganze." So bescheuert jedoch, dass sie dem Ganzen schon wieder etwas habe abgewinnen können. Und dabei schien vier Wochen vorher alles noch im Lot ...

Silvester einen Vorsatz gefasst

"Paula Hering" ist ein Pseudonym und die 45-jährige Autorin möchte es bei ihrem Autorennamen belassen. Sie arbeitet für eine nordbremer Reederei. "Alles, was gar nicht läuft, kommt bei mir auf den Schreibtisch." Weil sie, wie sie sagt, hartnäckig ist. Und: "Ich vergesse nichts!" Vor allem aber registriert sie, was um sie herum vorgeht: "Ich habe immer schon Recherche gemacht", erzählt Paula Hering. Seit sie fünf ist, habe sie immer alles aufgeschrieben. Wobei gelegentlich auch Hygiene-Beutel auf Gasthof-Klos herhalten mussten. Und seither packt sie der Wunsch, Bücher zu schreiben.

Aber erst zum vergangenen Silvester habe sie den Vorsatz gefasst, endgültig ein Buch zu veröffentlichen. "Rosalie" und "Vesunken" lagen schon seit 2004 in der Schublade. "Und wenn es nicht so teuer wäre, könnte ich noch fünf weitere Bücher auf den Markt bringen." Freunde gaben ihr den Tipp, es mit einem E-Book zu versuchen. Das sei, sagte man ihr, einfach zu machen. "Ich wusste nicht, was auf mich zukommen würde."

Recht blauäugig, gibt sie heute zu, geht sie das Projekt an. Sie findet zwar einen Anbieter ("Jetzt ganz einfach E-Books veröffentlichen – kostenlos, einfach und zu Top-Konditionen") und entscheidet sich darüber hinaus, das Buch auch in gedruckter Form und mit ISBN-Nummer über einen Internet-Versand anzubieten ("... und profitieren Sie vom hohen Autorenhonorar pro verkauftem Buch ..."). In einem Blog beginnt sie, über ihre "Befindlichkeit" als Autorin und Herausgeberin zu schreiben. Sie lernt, dass sie einen Profi-Lektor braucht, wie auch einen Profi-Cover-Designer. In Sachen Buchgestaltung mailt sie zwei Adressen an ("Ich weiß nichts. Können Sie mir helfen?") und erhält innerhalb von fünf Minuten Antwort. Sie entscheidet sich für eine Firma in Berlin, die auf Kunstbücher spezialisiert ist. Probleme mit dem Cover gibt es von dort her nicht. Auch eine Lektorin findet sie: "Eine Bekannte der Sekretärin meines Mannes." Die kümmert sich um "Rechtschreibung, Komma und Logik". Alles verläuft im kontrollierbaren Rahmen. Bis Paula Hering schließlich die gedruckte Version bestellt ... Und der Wahnsinn beginnt:

Die Buchgestalter fahren das Buch hoch. Der Rosalie-Roman erscheint, parallel dazu auch die Erzählung "Versunken und Vergessen". Mit richtigem Namen. Jetzt aber nimmt der E-Book-Verlag die Bücher wieder aus dem Netz. Und es dauert eine Woche, bis sie erneut online sind. Beim Versandpartner steht indes nur der Roman als Druckversion auf der Liste. Der dann aber, wie gesagt, zusammen mit den anderen Büchern unter ihrem Namen. Und von der Erzählung gibt es hier vorerst keine Spur. "Bei allem Ärger", sagt Paula Hering heute, "kann ich wirklich nicht leugnen, dass mich die Sache amüsiert. Die Buchtitel sind selbsterfüllende Prophezeiungen. Mit Rosalie läuft es wie in der Geschichte auf sehr verschlungenen Pfaden und ,Vergessen ...’ wird stumpf – vergessen".

Sie telefoniert. Wird mal auf den Verleger verwiesen, mal auf den Versand. Stets bekommt sie Antwort von "Ihrem Team, dass immer für Sie da ist". Ein konkreter Ansprechpartner: Fehlanzeige. Wie auch immer, sie beschreibt das Problem wie folgt: "Man kann die Bücher inzwischen überall im Internet bestellen." Aber dem Verlag unterliefen dabei immer wieder Fehler und der schöbe das auf den Versand. "So behauptet der Verlag, es handle sich um ein Print-on-Demand und begründet damit die absurd langen Lieferzeiten – dabei habe ich eine Auflage drucken lassen und bezahlt." Dazu gehört, dass die Autorin für Buchgestaltung, Lektorat, E-Book-Gebühren, Probedrucke, Marketing bis hin zur Musiklizenz für einen Buchtrailer und für den Druck von Leseexemplaren mit einem satten vierstelligen Euro-Betrag in Vorleistung gegangen ist.

Endlich aber kommen die ersten Druckausgaben. "Und ich musste das alles lesen", stöhnt Paula Hering noch heute und erinnert sich, dass allein die Absätze nicht da waren, wo sie sein sollten. Sie skypt und bekommt die PDF neu zugeschickt. Diesmal sind dann aber die Seitennummern nicht auf einer Ebene, dafür aber nach amerikanischem Muster Autorenname und Buchtitel auf jeder Seite zu finden. Und der Versand hatte vorerst nur gedruckte Exemplare ohne Umschlagbild vorrätig ...

Paula Hering schreibt ihren Partnern und bittet, das zu beheben. "Da werden einige Wochen vergehen", antwortet auch diesmal ein "Ihr freundliches Team". Und: "Haben Sie Geduld." Auf ein "Es tut uns Leid" braucht die Autorin gar nicht erst zu warten. Selbstkritisch sagt sie heute, dass sie hätte besser auf ein Team aus Profis setzen sollen. "Ich habe aber auf self-publishing gesetzt, weil ich mir einfach keine Absage von einem Verlag einhandeln wollte."

Von Paula Hering bislang erschienen: "Rosalies Schlüssel", Roman, 248 Seiten, 17 Euro und "Versunken und Vergessen", Erzählung, 103 Seiten, 13 Euro; beide erschienen bei epubli. In Bremen-Nord sind die Bücher auch bei Otto&Sohn, Breite Straße 21-22, und bei Lesumer Lesezeit, Hindenburgstraße 57, vorrätig. Zudem wird die Autorin am 14. Juni um 19.30 Uhr in der Lesezeit aus ihren Büchern lesen.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)