Parallel zur von der Bundesregierung verhängten Corona-Notbremse hat auch der Bremer Fußball-Verband (BFV) die Notbremse gezogen. Für die Herren- und Altherren-Mannschaften ist die Punktspielsaison beendet, eine Annullierung der Saison zieht einen Schlussstrich. Einen Aufsteiger gibt es damit allenfalls von der Bremen-Liga in die Regionalliga, ansonsten haben die Einteilungen der Serie 2020/21 auch für die Saison 2021/22 Bestand.
Für Spieler, Trainer, Funktionäre und Anhänger endete damit das Hoffen auf den Sprung in eine höhere Spielklasse beziehungsweise das Bangen, die Spielzeit mit einem Abstieg beenden zu müssen. Allerdings: Während der Kampf um Punkte und Platzierungen für beendet erklärt wurde, spielt der Verband in Sachen Lotto-Pokal auf Zeit und bemüht sich, den DFB-Pokal-Teilnehmer auf sportlichem Wege zu ermitteln.
Sorgt der Abbruch der Punktspielsaison mit Annullierung, der sich seit mehreren Wochen angebahnt hatte, für Erleichterung, Bestätigung, Enttäuschung oder einfach nur Klarheit? DIE NORDDEUTSCHE hat bei den Vereinen ein Stimmungsbild eingeholt.
„Ich hätte es genauso gemacht. Im Endeffekt habe ich nichts anderes erwartet“, sagt Jan-Philipp Heine, der Spielertrainer des Landesligisten SV Grohn, und ist froh über den nun bekannt gegebenen „Klartext“. Dass der den Pokal noch nicht beinhaltet, findet Heine „grundsätzlich gut“, allerdings ist er auf die genauen Rahmenbedingungen gespannt. Schließlich benötige man auch für Auftritte im Pokalwettbewerb eine Vorbereitungszeit und nach hinten raus gebe es eben auch zeitliche Begrenzungen. Wird im Pokal gespielt, dann traut Jan-Philipp Heine seinen „Husaren“ einiges zu: „Wir wollen als Außenseiter noch die eine oder andere Runde überstehen.“ In Runde zwei wartet mit dem Bremen-Ligisten SC Borgfeld allerdings eine stattliche Hürde.
„Ich bin dafür, den Pokal auszuzocken. Mit der Lösung, den Klassenhöchsten in den DFB-Pokal zu schicken, wäre ich nicht einverstanden. Es geht doch dabei auch um Kohle. Und ob Oberneuland mit 0:8 verliert oder ein anderer Verein – das ist doch egal“, findet Steffen Dieckermann, der Trainer des Bremen-Ligisten Blumenthaler SV, das Spiel auf Zeit im Lotto-Pokal vernünftig. Einige Fragezeichen werde der Verband aber noch beantworten müssen, wenn die Vorbereitung auf die Pokalspiele beispielsweise Anfang Juni beginnen würde. Ob das Impfen das Heilmittel für die Rückkehr in die Normalität sei, könne man jetzt ja bei den Engländern beobachten.
Die Annullierung der Punktspielrunde ist für Dieckermann der richtige und logische Schritt, alles andere wäre aus seiner Sicht „waghalsig“ gewesen. Für sich persönlich bezeichnet Dieckermann das Saisonende in seinem ersten Jahr am Burgwall als „schade“, schließlich habe er nur in acht Bremen-Liga-Spielen die Verantwortung tragen dürfen. Den Schlussstrich unter die Bremen-Liga-Saison 20/21 hat Dieckermann bereits gezogen: „Ich habe den Jungs zu ihrem sechsten Platz gratuliert.“
Mit einer noch besseren Platzierung geht der Landesligist 1. FC Burg um seinen Torjäger Julian Kubicek über die bereits nach sieben Spieltagen erreichte Ziellinie: nämlich als Dritter. „Wie will man das noch schaffen? Ich hab's nicht anders erwartet“, sagt Kubicek zur Annullierung, hatte allerdings insgesamt nicht mit einer Aneinanderreihung von Lockdowns gerechnet: „Hätte ich gewusst, dass es so lange dauert, hätte ich die Knie-OP machen lassen.“ Dass trotz des Punktspielendes über den Lotto-Pokal der DFB-Teilnehmer ermittelt werden soll, findet Kubicek „nicht so verkehrt“, hat aber Zweifel: „Viele glauben ja schon gar nicht mehr an Amateurfußball im gesamten Jahr.“
„Man weiß jetzt, woran man ist“, erklärt Norman Stamer, der Sportliche Leiter des Landesligisten SV Lemwerder, und bezeichnet den jetzt feststehenden Abbruch mit Annullierung als „richtige Entscheidung“ des Verbandes. „Über uns hat das Schwert geschwebt, dass man wieder anfangen müsse – und das unter Zeitdruck. Das wäre das Schlimmste gewesen, denn jeder hat auch viel anderes nachzuholen, wenn es wieder möglich ist“, führt er seine Ansicht weiter aus. Fußball solle schließlich Spaß machen und die Spieler und Vereine nicht mit dem Druck belastet sein, die Spiele noch schnell durchführen zu müssen.
Dass der Pokalwettbewerb ausgenommen ist, stuft er als offen gelassenes Hintertürchen des Verbandes ein. Wie der SV Lemwerder damit umgehen werde, sei allerdings noch nicht entscheiden. Stamer kündigt aber an, dass man die Partie gegen den Bremen-Ligisten ESC Geestemünde abschenken werde, wenn nicht ausreichend Vorbereitungszeit zur Verfügung stünde. Als ausreichend beschreibt er einen Zeitraum zwischen vier und sechs Wochen. Schließlich gehe es darum, Muskelverletzungen und Schlimmeres zu verhindern.
„Es wäre nicht fair, eine Saison nach sieben Spielen zu werten. Aber trotzdem ist es schade, weil wir so gut dastanden“, bewertet Christian Bohnhardt, Spielgestalter und Torjäger des Bezirksligisten TSV Farge-Rekum, das vorzeitige Saisonende. Dass es so kommen würde, sei ihm schon seit rund zwei Monaten klar gewesen. Jetzt hoffe er darauf, dass die nächste Serie ein komplette werde. Während Bohnhardt das Aus für die Ligen „nachvollziehbar“ hält, trifft das auf eine eventuelle Lösung für den Pokalwettbewerb nicht zu. Den FC Oberneuland im Falle des Abbruchs als klassenhöchstes Team zum DFB-Pokal-Teilnehmer zu erklären, sei „grenzwertig“. Der Pokalwettbewerb habe nichts mit den Ligen zu tun und sei ein eigener Wettbewerb, argumentiert er. „Im Pokal haben alle noch im Wettbewerb befindlichen Mannschaften ein Spiel gewonnen“, erklärt er weiter und deshalb halte er ein Losverfahren, das auch keine gute Lösung sei, für fairer als die Bestimmung eines Starters auf Bundesebene. Den Versuch, den Lotto-Pokal fortzusetzen und möglicherweise in der Sommervorbereitung weiter auszuspielen, betrachtet er als „eine gute Lösung.“
Ganz anders die Einschätzung in Sachen Lotto-Pokal von Gerd Stedtnitz, dem Mannschaftsverantwortlichen des Landesligisten DJK Germania Blumenthal: „Der Verband sollte den FC Oberneuland als am höchsten spielende Mannschaft melden.“ Diesem klaren Statement fügt Stedtnitz aber eine Idee an: „Das Geld, was im DFB-Pokal als Gewinn übrig bleibt, sollte auf alle im Verband gemeldeten Vereine aufgeteilt werden.“ Dass die Punktspielsaison annulliert werden wird und muss, stand für den DJK-Verantwortlichen schon länger außer Frage. Eine Wertung wäre nach seiner Meinung nur korrekt, wenn jeder einmal gegen jeden gespielt hätte. Stedtnitz: „Die Annullierung ist für mich eine Selbstverständlichkeit.“
Nicht in der Haut der Entscheidungsträger in den Verbänden möchte Alexander Schlobohm, der Goalgetter des Bremen-Ligisten SG Aumund-Vegesack, nach seinem Bekunden stecken. An der jetzt gefällten Entscheidung gibt es für ihn keine Zweifel, schließlich gehe er davon aus, dass in den nächsten zwei Monaten kein Fußball gespielt werden könne. Den Versuch, den Pokalwettbewerb sportlich über die Bühne zu bringen, findet er uneingeschränkt gut: „Wir sind Fußballer und wollen spielen. Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn wir den Pokal zu Ende bringen könnten. Zudem haben wir eine gute Auslosung.“ Hoffnung mache ihm, dass die Anzahl an Spielen überschaubar sei und die mit einem vernünftigen Testkonzept absolviert werden könnten.
Der Herrenbereich ist noch die Ausnahme
Unter die Punktspielserie 2020/21 des Bremer Fußball-Verbands (BFV) wurde im Herren- und Altherrenbereich ein Schlussstrich gezogen. In anderen Bereichen spielt der Verband auf Zeit und setzt darauf, die Saison beziehungsweise die Wettbewerbe doch noch sportlich entscheiden zu können. Das gilt für den Lotto-Pokal bei den Männern und Frauen sowie für Meisterschaftsspiele der Frauen, Juniorinnen, Junioren und Kinder. Da sich der Pokalwettbewerb auf einige Spielrunden begrenzt und bei den Frauen, Juniorinnen, Junioren und Kindern die Spielklassen kleiner sind als im Herrenbereich, ist laut BFV ein späterer Re-Start möglich. Sollte der Spielbetrieb wegen der Corona-Regeln nicht wieder aufgenommen werden können, würde im Frauen- und Juniorinnenbereich ebenfalls eine Annullierung erfolgen, bei den Junioren solle - weil mehr als 50 Prozent der Winterrundenspiele ausgetragen seien - die Quotientenregel greifen. Für Meinungsverschiedenheiten sorgt allerdings der Lotto-Pokal: Sollte nicht mehr gespielt werden, würde der BFV (gemäß der Satzung) entscheiden, wen er für den DFB-Pokal meldet.