Der Bremer Vulkan war nicht nur einer der größten Schiffbauer in Europa, er war auch mit 5000 Mitarbeitern zu Spitzenzeiten einer der größten Arbeitgeber in der Stadt. Für Vegesacks ehemaligen Kulturreferenten Egbert Heiß ist das Grund genug, ein Museum für den Stadtteil zu fordern, das die Geschichte der Traditionswerft aufarbeitet und damit das Thema in der Bevölkerung präsent hält. Bisher erinnern an die Geschichte des Nordbremer Großunternehmens beispielsweise das Vulkan-Zimmer im Heimatmuseum Schloss Schönebeck und das Deutsche Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven.
„So ein Museum muss den Besuchern die Möglichkeit geben, die Bedeutung und die Faszination dieser Werft nachvollziehen zu können“, sagt Heiß. Für seine Vision, wie er es nennt, hat er bereits einen konkreten Ort im Blick. „Meine Idee ist, das alte Vulkan-Verwaltungsgebäude in der Weserstraße zu übernehmen“, sagt Heiß, auch wenn es für das Gelände andere Pläne gibt. „Für so ein Museum braucht es ein authentisches Gebäude an einem authentischen Ort. Nur dann hat es die Faszination, die es braucht.“ Da das Haus aktuell leer steht, sei jetzt genau der richtige Zeitpunkt für das Vorhaben.
Vegesacks Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt ist der Idee eines Vulkan-Museums „nicht ganz abgeneigt“. „Allerdings halte ich den Standortvorschlag von Egbert Heiß für nicht realisierbar“, sagt er. „Das Gebäude befindet sich in privater Hand. Letztlich entscheidet der Eigentümer, was mit dem ehemaligen Verwaltungssitz des Vulkans passiert.“
Wohnhäuser statt Museum
Und der hat mit dem Gebäude etwas anderes vor. Statt es zu einem Museum zu machen, will er es abreißen lassen – um auf dem Grundstück zwei große Wohnhäuser zu bauen. „Deshalb“, meint Ortsamtsleiter Dornstedt, „wäre es besser, die Exponate im Obergeschoss des Geschichtenhauses auszustellen. Der Alte Speicher ist schließlich auch die Keimzelle des Vulkans. Eine Ausstellung dort wäre somit viel sinniger.“
Egbert Heiß hofft trotzdem, dass sich sein Vorhaben an der Weserstraße realisieren lässt und dort das „Bremer Schiffbau Museum“ entsteht. Schwerpunktmäßig soll die Geschichte des Vulkans behandelt werden, am Rande könnten aber auch andere Werften Erwähnung finden, wie etwa Lürssen mit dem Spezialschiffbau, so die Überlegungen des Nordbremers.
Gedanken hat er sich auch zu möglichen Exponaten gemacht. „Meine Idee ist, dass in den großen Sälen riesige Fotos an der Wand hängen. Außerdem könnten Modelle und Filme, die es noch gibt, gezeigt werden“, schlägt Heiß vor. Als weiteren Bestandteil stellt er sich Audiostationen vor, an denen Besucher Interviews mit Zeitzeugen hören können.
„Wenn man etwas zur Geschichte des Vulkans machen will, muss man das jetzt tun, wo es noch Zeitzeugen gibt“, sagt Heiß. Außerdem befürchtet er, dass Objekte und Dokumente im Lauf der Zeit verschwinden könnten und damit für ein Museum nicht mehr zur Verfügung stehen würden. Auch deshalb sei jetzt der richtige Zeitpunkt, ein solches Projekt zu starten.
Silvia Claus vom Vegesacker Geschichtenhaus hat sich dazu bereits erste Gedanken gemacht. „Ich bin gerade dabei zu überlegen, in welche Form wir das Projekt gießen können“, sagt Claus, die bereits erste Vorgespräche zum Thema Vulkan-Museum geführt hat. „Ich habe drei, vier Themen in der Kladde. Weiter bin ich aber noch nicht.“
Nicht nur Zeitzeugen seien jetzt noch verfügbar, sondern auch Wissenschaftler und Journalisten, die zur Geschichte des Vulkans gearbeitet haben. „Die könnte man auch damit befassen“, sagt Heiß. „Da gibt es viel Material, das man auf attraktive Weise im Museum darstellen könnte.“
Stapelläufe festgehalten
Viele Unterlagen zur Geschichte des Vulkans gibt es außerdem im Staatsarchiv, darunter Akten und Geschäftsbücher, Filmnegative sowie Pläne aus dem Schiffs- und Maschinenbau. „Ein Nordbremer Fotograf hat sämtliche Stapelläufe beim Vulkan festgehalten. Diese Bilder sind irgendwann an das Staatsarchiv gegangen und dort auch digitalisiert worden“, weiß Heiß zu berichten. „Das gibt es alles.“ Angeschaut und angefasst werden könnten all diese Exponate derzeit allerdings nicht. „Das Riesenkapitel Vulkan liegt brach“, kritisiert Heiß.
In anderen Städten würde man mit der Industriegeschichte hingegen anders umgehen. „In Dortmund gab es früher das Stahlwerk Hoesch. Da wurde ein ganzer Flügel des ehemaligen Verwaltungsgebäudes vom jetzigen Eigentümer zur Verfügung gestellt, in dem nun die Geschichte des Stahlwerks sehr anschaulich dargestellt wird“, berichtet der pensionierte Gymnasiallehrer. „Das hat Vorbildcharakter. So könnten wir das Thema auch angehen.“
Schließlich wurden in Vegesack die größten Schiffe der damaligen Zeit gebaut. „Die müssten eigentlich der Stolz der Leute hier sein. Doch dieser Stolz auf das, was einmal war, ist mittlerweile verschwunden“, sagt Heiß. Dieser Zustand könne nur geändert werden, wenn ein Ort der Begegnung geschaffen werde. „Ehemalige Werftarbeiter können so ihre Ehre wiederfinden, als stolze Schiffbauer, die Teil einer Firma von Weltbedeutung waren“, sagt der 75-Jährige. „Ich würde es schade finden, wenn man es sich nicht zum Anliegen macht, diese Identität von Vegesack zu rekonstruieren.“
Dass sich die Menschen für das Thema Vulkan interessieren, belegt der von Wolfgang Kiesel initiierte Blog Vegesack Maritim. „Wenn ich die aktuellen Themen herausrechne, rangieren die Artikel zum Vulkan auf Platz eins“, sagt der Journalist. Eine Analyse der Suchmaschine Google habe ihm gezeigt, dass nicht nur Nutzer aus Bremen sich für die Beiträge interessieren, sondern auch Menschen außerhalb der Stadtgrenzen. „Da die Berichte auf der Internetseite relativ schwer zu finden sind, habe ich recherchiert, wie die Leute auf den Blog kommen. Dabei habe ich festgestellt, dass Nutzer explizit nach dem Bremer Vulkan im Internet suchen“, sagt Kiesel. Da die Internetseite Vegesack Maritim ehrenamtlich betrieben wird, liegen ihm allerdings keine konkreten Abrufzahlen vor.
Egbert Heiß will sich weiter dafür einsetzten, dass Vegesack ein Vulkan-Museum bekommt, und deshalb Gespräche führen und für seine Idee werben. Eine führende Rolle will er jedoch aufgrund seines Alters nicht übernehmen. „Aus meiner Erfahrung weiß ich, was es für eine große Aufgabe ist, ein Museum zu leiten. Ich werde im nächsten Monat 76. Da müssen junge Leute ran“, sagt er.