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Senioren-Talkshow Ein Talk-Klassiker für Senioren

Zu seiner 740. Gesprächsrunde hat Jens Schmidtmann wieder einmal nach Vegesack eingeladen. Wichtig ist ihm bis heute, dass die Mischung der Gäste bei seinen Senioren-Talkshows stimmt.
18.07.2019, 19:23 Uhr
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Von Iris Messerschmidt

Bremen-Nord. „Beim Fahrradfahren kommen mir die besten Ideen“, gesteht Jens Schmidtmann. Da sind auch die gut 20 Kilometer, die er in den Bremer Norden radelt, für den 64-Jährigen kein Problem. „Obwohl – bei der Hitze habe ich gedacht, ich komme niemals heil an“, gesteht Schmidtmann den Gästen im Seminarraum des Vegesacker Hotels Strandlust. In diesem Moment legt gerade die Fähre Lemwerder-Vegesack an. Der kurze Blick aus dem Fenster zeigt, dass gerade die Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke brechen. Damit beginnt sie, die 740. Senioren-Talkshow. Traditionell um 15.05 Uhr.

Informationen und Unterhaltung, so lauten die wichtigsten Grundsätze, die Jens Schmidtmann sich für seine Senioren-Talkshow auf die Fahnen geschrieben hat. Der Moderator mit den wehenden Haaren ist ein Original. Viele Bremer kennen ihn, schließlich ist er schon seit mehr als drei Jahrzehnten in der Hansestadt mit seinen Gesprächsrunden vertreten. In der Vegesacker Strandlust im Übrigen seit 29 Jahren. Da gibt es kaum eine Bremer Persönlichkeit, die nicht in seiner Talkshow zu Gast war. Wichtig ist ihm bis heute, dass die Mischung der Gäste stimmt, damit auch die Zuschauer einen vielseitigen, informativen Nachmittag erleben.

„Bis vor ein paar Tagen wehten auch bei ihm noch die langen Haare.“ Wenn Jens Schmidtmann seine Gesprächsrunden-Gäste dem Publikum vorstellt, dann zumeist mit einem auf sie zugeschnittenen Spruch und mit viel Humor. So auch beim Musiker und Gitarren-Lehrer Matthias Kraft. Der trat an diesem Mittwoch tatsächlich mit kurzen Haaren in der Strandlust an.

Für Jens Schmidtmann ein „gefundenes Fressen“, war der studierte Musiker doch jahrzehntelang für seine lange Haarpracht bekannt. Sie war sein Markenzeichen. Sein langhaariges Konterfei zierte auch den Flyer, den Schmidtmann beim Unifest in die Hände bekam. „Gitarrenunterricht für Jung und Alt“ stand darauf, und als er die Adresse „aus Bremen-Lesum“ las, da war für Schmidtmann klar, „den lade ich auf jeden Fall zur Senioren-Talkshow ein“.

So durfte Matthias Kraft erzählen: von seinem Musik-Studium, dass er Blues und Jazz liebt, aber von der professionellen Konzertgitarre bis zur E-Gitarre alles spielen kann, und dass er sogar als ausgebildeter Bass-Bariton Mozart und Schubert singen kann. Letzteres vor allem deshalb, weil er für seine Gesangs- und Sprecherziehungs-Lehrerin Inge Bombeck besonders viel geübt hat, „weil sie so ausgesprochen liebenswert war“.

Matthias Kraft studierte in Berlin und Rostock weiter Gitarre, stand auf der Bühne, lernte seine Frau kennen, es kam Nachwuchs, „2013 kamen wir zurück nach Bremen-Nord“. Dorthin, wo seine Mutter lebt, die „als ausgebildete Friseurmeisterin schon lange fand, dass mir eine Kurzhaarfrisur gut stehen würde“. Zwei Tage vor der Talkshow hatte sie es dann geschafft: Matthias Kraft ließ sich die Haare abschneiden.

„Musik fordert die Menschen grundsätzlich auf mehreren Ebenen, habe ich gerade gelesen. Ein Instrument zu lernen, ist somit in jedem Alter sinnvoll“, betont Matthias Kraft. Er lehrt nicht nur Akustik-, Bass- und E-Gitarre, „seit Kurzem gebe ich auch Ukulelen-Unterricht“. Noten lesen können, sei sinnvoll, gibt er noch einen Hinweis. Sein Tipp ist: Kinder sollten ab der zweiten Klasse mit dem Gitarrenunterricht beginnen. Nach oben gebe es keine Altersbegrenzung, das Instrument könne in jedem Alter erlernt werden. „Problematisch wird es nur, wenn die Finger durch krankhafte Veränderungen steif werden.“ Grundsätzlich gebe es auch kaum Menschen, die nicht in der Lage seien, ein Instrument spielen zu lernen. „Völlig unmusikalisch sind nur wenige Menschen – außer mein Bruder, der hat Chemie studiert, ist auf seinem Gebiet ein Ass, Chemieprofessor in Indianapolis. Aber Gitarre spielen lernt der nie.“

Die Zuhörer fragen nach, ob das Lernen des Gitarrespiels im Alter länger dauert und ob es besser ist, es alleine zu lernen oder mit einem Lehrer. Matthias Kraft gibt Antwort und diskutiert auch mit den anderen Talkgästen, die sich in dieser „offenen Runde“ ebenfalls am Gespräch beteiligen. Die Stimmung ist gut, die Zuhörer sind außerordentlich interessiert – was sich durch häufige Nachfragen zeigt. Jens Schmidtmann bleibt diese Zustimmung nicht verborgen. Er lächelt, wenn er seinen Gesprächspartnern durch geschickte Fragen neben beruflichen auch private Informationen entlockt und die thematische Mischung bestimmt.

So gesteht beispielsweise Beate Ludwig, die als dienstälteste Nordbremer Busfahrerin an der Gesprächsrunde teilnimmt, dass dies am Anfang nicht ihr Traumberuf gewesen ist. Sie erzählt, dass sie in 42 Dienstjahren eine starke Veränderung von Fahrgästen und -zeiten erlebt hat, dass sie mit dem Bus mal bei Hochwasser vor einem Loch beziehungsweise einem Auto gestanden hat, das gerade im Wasser versank, und dass mittlerweile die Linie 81 ihre Lieblingsroute ist, weil diese Linie „die ruhigste ist“.

Die CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Bettina Hornhues, die als Vorsitzende des Blindengarten-Vereins an der Runde teilnimmt, erzählt auf Schmidtmanns Nachfrage, dass sie sich mit Pflanzen zwar einigermaßen auskennt, es für die 1600 Quadratmeter und die mehr als 500 Pflanzen in dem für Blinde ausgelegten Garten aber einer „Garten-Fachkraft“ bedürfe. „Was ich allerdings mittlerweile fast bin, ist Pumpenexpertin“ erzählt Bettina Hornhues und lacht. Denn die Pumpe im Blindengarten bringe sie alle an den Rand ihrer Nervenstärke. Diverse Fachkräfte hätten sich schon daran versucht, auch THW und Feuerwehr sei es nicht gelungen, die Pumpe zum Laufen zu bekommen. Doch man bleibe am Ball, auch bei der Suche nach weiteren Sponsoren für den Blindengarten.

Zum Schluss der Gesprächsrunde kommt auch noch André von Waegeningh zu Wort. Der Ausstellungsleiter des Vegesacker Geschichtenhauses erzählt, dass Besucher in der Erlebnisausstellung Alltags-Geschichten aus dem Jahr 1845 erleben können. Er berichtet von der Lange-Werft, dem Vorgänger der Vulkan-Werft, vom Walfang, Seilern, Säge- und Blockmachern, Netzstickerei und Rebschlägern. Er erzählt, dass das Geschichtenhaus ein Dienstleister für das Jobcenter ist, zehn Ehrenamtliche sich um Kreativwerkstatt, Kostüme und mehr kümmern und weitere 20 Personen dort arbeiten, die als Langzeitarbeitslose vom Jobcenter vermittelt wurden. „Wenn sie einige Zeit bei uns sind, blühen sie sichtlich auf.“ Sie seien in den meisten Fällen sehr engagiert, was ihre Einsatzbereitschaft zeige. „Im Geschichtenhaus kommen sie wieder mitten in der Gesellschaft an, erleben Anerkennung und Respekt. Vielen gibt das Selbstbewusstsein und innerhalb weniger Wochen verändern sie sich komplett“, hat Waegeningh beobachtet.

Dass im Geschichtenhaus auch ganze Gruppen zu Führungen – „mit anschließendem Kaffee und Kuchen“ – willkommen sind, lässt er nicht unerwähnt und erhält prompt „Marketing-Unterstützung“ aus den Reihen der Zuhörer. „Ich war schon zweimal da, und kann das nur jedem empfehlen. Es ist wunderbar und informativ, ich werde ganz bestimmt wieder hingehen“, schwärmt eine Zuhörerin. Ein kurzer Teil über Öffnungszeiten und schon hat Jens Schmidtmann wieder die Zeit im Blick. Der Moderator beendet unter wiederholtem Applaus die 740. Senioren-Talkshow.

Wie lange er die Gesprächsrunden noch machen möchte? „Als ich mit den Senioren-Talkshows angefangen habe, war ich 33 Jahre alt. Da habe ich gesagt, 33 Jahre mache ich das. Das möchte ich auch wirklich. Das heißt, für Bremen-Stadt noch knapp zwei Jahre, für die Strandlust in Vegesack noch rund vier Jahre. Das ist mein Ziel.“ Die nächste Senioren-Talkshow kommt also bestimmt.

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