Alles ist weg! Maria Taube sagt die Wörter so, als könnte sie es immer noch nicht fassen. Sie sagt sie mehrfach. Die Frau zeigt auf leer geräumte Tische, aufgebrochene Türen, eingeschlagene Fenster – und zählt auf, was nicht mehr da ist: die Computer, Monitore, Drucker, der Tresor mit den Fahrzeugbriefen und Ersatzschlüsseln, das Werkzeug der Mitarbeiter. Auch die Kaffeemaschine haben die Einbrecher mitgenommen. Ihr Mann sitzt hinter seinem Schreibtisch und hat die Hände vorm Gesicht. Johann Taube sagt, dass seine Firma lahmgelegt ist. Am Morgen hat er das Personal nach Hause geschickt.
Ein schweres Tor versperrt die Zufahrt zum Hof. Auf dem meterhohen Zaun um die Vegesacker Holzhandlung ist Stacheldraht gespannt. Und trotzdem sind die Einbrecher reingekommen. Johann Taube weiß mittlerweile, wie und wo. Die Polizisten, die am Vormittag die Spuren sicherten, haben es ihm gezeigt. An einer Stelle des Zauns ist der Draht platt gedrückt und der Zaun zerkratzt. „Hier“, sagt der Holzhändler, „sind sie rüber“. Und hier haben sie auch alles rübergeschafft, was den Taubes gehörte. Die Technik, das Arbeitsgerät, sogar den zentnerschweren Safe. Auf der anderen Seite des Zauns fanden die Beamten mehrere Reifenabdrücke.
Schaden bisher nur geschätzt
Johann Taube steht im Regen und schüttelt den Kopf. Schon öfter ist bei ihm eingebrochen worden, zuletzt vor vier Jahren. Doch der Schaden von damals ist nach seinen Worten nichts im Vergleich zum jetzigen. 2015 brachen Unbekannte die Transporter auf und nahmen Werkzeuge mit. Taube spricht von 11 000 Euro, die seinerzeit von der Versicherung beglichen werden mussten. An diesem Freitag nennt der Händler einen doppelt so hohen Betrag – und der, meint er, ist nur geschätzt. Taube und seine Frau sagen, noch keinen endgültigen Überblick zu haben, ob die Liste an gestohlenen Gegenständen, die sie den Beamten gaben, vollständig ist.
Beide stehen zwischen Haufen von Kartons und Tüten, in die sie eilig alles verstaut haben, was die Täter aus den Regalen und Schränken rissen. Farbeimer liegen umgekippt auf dem Boden, gesplitterte Holzleisten und Glasscherben. Die Täter durchsuchten zwei Bürogebäude nach Beute. Maria Taube sagt, dass die Unbekannten dabei gründlich vorgegangen waren. Sogar die Taschen von Arbeitshosen und -jacken wurden durchwühlt. Die Täter nahmen alle Schlüssel mit, auch die zu den Lagerräumen. Es sind die einzigen Türen, die unversehrt und nicht mit schwarzem Fingerabdruckpulver bepinselt sind. Taubes werden sie aufbrechen müssen, um an ihr Arbeitsmaterial zu kommen.
Der Inhaber winkt ab. Über das verschlossene Lager macht er sich jetzt keine Gedanken. Taube sagt, dass sein größtes Probleme die gestohlenen Computer und Festplatten sind, auf denen alles gespeichert ist – die Kundennummern, die Aufträge, die Eingangsbestätigungen, die Zahlungen, die Bankverbindungen. Das ist der Grund, warum er seine fünf Mitarbeiter am Morgen nach Hause geschickt hat: Er kann ihnen momentan nicht sagen, welcher Zaun, welches Gartenhaus, welche Palisaden wohin geliefert werden müssen. Und wohin die nächsten Touren seiner Lastwagenfahrer führen. Taube hat auch ein Transportunternehmen.
Der Holzhändler hat sich am Freitag auf die Schnelle einen Leihrechner besorgt, um zumindest online zu sein. Seine Frau ist inzwischen die Aufträge durchgegangen, die bereits ausgedruckt waren, bevor die Einbrecher kamen. Beide sagen, dass sie über das Wochenende im Geschäft sein werden, um irgendwie Ordnung ins Chaos zu bringen. Oder es zumindest zu versuchen. Johann Taube hofft, dass er seine Mitarbeiter am Montag nicht noch einmal wegschicken muss. Und wenn doch, dann vielleicht nicht mehr am Dienstag oder Mittwoch. Nach seinen Worten geht es um ihre Existenz. Und um seine. Die Aumunder Holzhandlung gibt es mittlerweile seit 20 Jahren.
Weitere Informationen
Die Polizei setzt jetzt auf Zeugen: Passanten und Anwohner, die in der Nacht vom 5. auf den 6. Dezember im Bereich der Meinert-Löffler-Straße verdächtige Personen oder Fahrzeuge gesehen haben, sollen sich beim Kriminaldauerdienst unter 04 21 / 362 38 88 melden.