Reiner Kröhnert: Mein Parodistenherz hängt insbesondere an der Bundeskanzlerin Angela Merkel. Man gewöhnt sich ja bekanntlich an alles. Ein Leben ohne Angela Merkel, das ist jetzt schon schwer vorstellbar. Glücklicherweise dauert das ja noch ein wenig. Gegebenenfalls halte ich es dann wie mit Gerhard Schröder. Der ist ja nun auch schon lange nicht mehr auf der aktuellen heimischen Politikbühne, kann aber immer noch die Problematik der SPD beleuchten.
Unter den von ihnen Parodierten befinden sich Schauspieler, beispielsweise Klaus Kinski, Sportler wie Boris Becker und Mario Basler, sonstige Prominente wie Daniela Katzenberger und insbesondere Politiker wie beispielsweise Winfried Kretschmann, Edmund Stoiber, Angela Merkel oder Friedrich Merz. Passen Sie die Namen beziehungsweise Prominenten dem Programm an oder das Programm den Prominenten?Bei mir werden die Promis gnadenlos dem Programm angepasst. Sie werden radikal instrumentalisiert. Da kenne ich kein Pardon.
Was muss ein Prominenter mitbringen, um von Ihnen parodiert zu werden?Der Prominente hat da eine gewisse Bringschuld. Wenn die erfüllt ist, ist er satisfaktionsfähig.
Seit wann steht Adolf Hitler auf dieser Liste und was könnte dieser Mensch uns heute sagen wollen?Man muss ja bedenken, dass Adolf Hitler am Ersten Weltkrieg teilgenommen und den Zweiten Weltkrieg ausgelöst hat. Ganz aktuell deutet sich durch die Situation im Mittleren Osten schon der Dritte Weltkrieg an. Da ist es nicht ganz unwichtig, einen Fachmann zu Wort kommen zu lassen. Auch wenn der aus der Gruft spricht – hoffentlich ist das kein schlechtes Omen.
Warum hat es Annegret Kramp-Karrenbauer noch nicht auf diese Liste geschafft?Weil AKK eigentlich schon vor ihrer Wahl ein Auslaufmodell war. Ich muss rationell arbeiten, mit meinen Kräften haushalten. Wenn ich also von vornherein weiß, dass das ein Schuss in den Ofen wird, halte ich mich zurück. Dann nutze ich meine Energiereserven für wichtige, nachhaltige Dinge.
Apropos Adolf Hitler – wie weit darf beziehungsweise muss Satire gehen?Satire darf alles, aber alles hat auch eine Grenze. Aktuelles Beispiel ist das Oma-Lied des WDR. Wenn man etwas Schlechtes produziert, darf man sich nicht hinter dem Deckmantel der Satire verstecken.
Haben es Politsatiriker in Zeiten von Erdogan, Kim Jong-un, Donald Trump und weiteren schwerer oder leichter?Die Frage stellt sich nicht. Worum es geht, ist, unser heimisches Politpersonal und deren Umgang mit den Diktatoren der Welt auf den Prüfstand zu stellen. Zu diesen Diktatoren gehört leider auch Donald Trump. Mittlerweile erleben wir ein Duckmäusertum, und beobachten dabei, wie unsere heimischen Politiker immer kleinlauter werden. Das war zu Anfang noch anders. Der entscheidende Knackpunkt war allerdings Trumps Kündigung des Atomdeals mit dem Iran im Mai 2018. Obwohl anfangs noch andere Töne kamen, hat sich da auch unsere Bundesregierung immer mehr davon verabschiedet, keine – vorab noch versprochene – Hilfe geleistet. Als Politsatiriker muss man da den Finger in die Wunde legen. Als Politsatiriker muss man aufdecken, wo die Regierung nicht im Sinn eines Souveräns funktioniert.
Um Menschen parodieren zu können, muss man sie gut beobachten und studieren. Bekommen Sie da – gerade mit Blick auf die heimische und Weltpolitik – manchmal Angst vor der Zukunft?Manchmal kommt mir die Weltlage vor wie der Albtraum eines Psychiaters, der erkennen muss, dass alle seine Patienten inzwischen an der Macht sind.
Mal zu etwas Privatem, Ihre Frau ist gleichzeitig Ihre Managerin. Sind da die Tischgespräche zu Hause überwiegend politisch?1981 haben meine Frau und ich uns kennengelernt, am Anfang unserer Beziehung sagte sie immer zu mir: „Mach mir den Kohl.“ Ein paar Jahre später: „Mach mir den Schröder.“ Danach: „Mach mir die Merkel.“ Neuerdings sagt sie zu mir: „Mach mir den Merz.“
Das klingt nach einer abwechslungsreichen Ehe.Ja – und nach einer prophetischen.
Was darf denn das Bremer Publikum von Ihnen erwarten?Ich komme aus der Westpfalz, aus der Nähe von Ramstein, das bedeutet bestes Frontkabarett. Ganz in der Tradition der Münchner Lach- und Schießgesellschaft darf das Publikum folgendes erwarten: es wird scharf geschossen, aber immer auch mit Geist.
Stellen Sie bei Ihren Auftritten regionale Humor-Unterschiede fest?Nur in kleineren Nuancen. Ich parodiere beispielsweise auch Erich Honecker, der das Publikum im Osten immer noch ein Stückchen mehr bewegt als im Rest der Republik. Aber die Themen, die ich aufgreife, bewegen grundsätzlich eher weniger regional. Darüber hinaus bin ich auch nicht Dialekt-behaftet, es sei denn, die parodierte Figur verlangt dies. Die meisten Prominenten sprechen allerdings mittlerweile hochdeutsch.
Ihr aktuelles Programm heißt ja „Getwittercloud“.Ja, Donald Trump spielt da schon die Hauptrolle. Schließlich ist er der Einzige, der twittert. In diesen Meldungen setzt er sich auch mit seinem Verhältnis zum Iran auseinander. Er schreibt liebevolle Botschaften. Doch das Problematische ist ja Trumps Unberechenbarkeit. Ähnlich wie mit Kim Jong-un geht Trump mit Ayatollah Khamenei um. Erst gibt es Liebesbriefe, dann kippt es.
Das ist – mit Blick auf die aktuelle Situation – ja schon wieder fast prophetisch. Wann ist denn das Programm entstanden?Mit dem aktuellen Programm habe ich im August in Münster begonnen. Und ja, ich war damit wohl schon der Zeit voraus. Ich möchte nicht zu viel verraten, aber da korrigiert beispielsweise ein Martin Schulz die SPD-Zahlen immer weiter nach unten, und neben Donald Trump spielt auch ein Friedrich Merz eine nicht unwesentliche Rolle ...
Das Interview führte Iris Messerschmidt.Reiner Kröhnert (61 Jahre)
ist ein deutscher Kabarettist und Parodist. Mit 19 Jahren besuchte er die Staatliche Schauspielschule Stuttgart, verließ diese vorzeitig, war Assistenz-Fernsehredakteur bei der Kindernachrichtensendung Durchblick, wirkte 1979 beim Mannheimer Kabarett Die Dusche und ein Jahr später an Dieter Hallervordens Berliner Kabarettbühne Die Wühlmäuse mit. Mit seiner späteren Ehefrau und Managerin Christine baute er 1981 die Kabarettgruppe Stacheldraht auf. 1987 trat er mit „Wer ist eigentlich der Beste?“ erstmals solo auf, danach folgten zahlreiche Soloprogramme und ebenso viele Auszeichnungen. Seit 1999 lebt der Vater dreier Kinder in Rheinland-Pfalz.
Weitere Informationen
Der Polit-Parodist Reiner Kröhnert gastiert mit „Getwittercloud“ am Freitag, 24. Januar, um 20 Uhr im Kito. Zu Wort kommen die üblichen Verdächtigen aus dem Panoptikum der kleineren und größeren Übel. Tickets kosten im Vorverkauf 22 und 17 Euro, an der Abendkasse 24 oder 19 Euro.
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