Dorte Landschulz: Berühmt? Ich weiß nicht. Aber, ja, mit meiner Facebookseite „EinTagEinTier“ bin ich 2011 angefangen und habe mir einen gewissen Bekanntheitsgrad erworben. Dadurch ist auch der Rowohlt Verlag auf mich aufmerksam geworden und hat mich gefragt, ob wir ein Buch machen wollen. So entstand 2013 mein erstes Buch „Lachmöwen kennen keine Witze“.
Wie kommt man auf so etwas?
Heute mache ich eher klassische Cartoons mit Sprechblasen. Damals habe ich hauptsächlich Tierwortspiele gezeichnet und dazu kleine Texte geschrieben, so wie beim Dopinguin, der beweist, dass Pinguine doch fliegen können.
Erzählen Sie doch mal, wie die Idee zu den Tierwortspielen entstanden ist.
Ich wollte einfach wieder zeichnen. Nach dem Diplom als Illustratorin hatte ich eine Pause eingelegt und Kinder bekommen. Ich hatte immer schon gerne Tiere gezeichnet. Als ich nach der Pause wieder anfing, habe ich mir gedacht, jeden Tag ein Tier zeichnen, das kann ich schaffen. Am Anfang habe ich nicht den Anspruch gehabt, dass das witzig sein soll. Aber es wurde dann recht schnell witzig, weil das wohl meinem Naturell entspricht. Heute mache ich auch noch Cartoons, aber nicht mehr nur mit Tieren. Aus der Spielerei ist mein Hauptberuf geworden.
Woher nehmen Sie die Ideen für diese anderen Cartoons?
Bei vorgegebenen Themen denke ich so lange darüber nach, bis mir was einfällt. Oft fällt mir auch spontan was ein. Das Gehirn ändert sich halt, wenn man das so lange macht. Der Arzt wird immer besser in seinen Diagnosen. Mein Gehirn ist halt gut darin, sich Witze auszudenken.
Viele Ihrer Cartoons zeigen Alltagssituationen, manche sind aber auch politisch. So wie der Cartoon mit der Frau im Bikini voller Vorfreude, bald übers Wasser gehen zu können, weil auf dem Meer so unendlich viele Plastikflaschen schwimmen. Hätten Sie nicht auch mal Lust, Politiker zu karikieren?
Eher nicht. Das wäre eher die alte Schule. Ich finde den modernen Cartoon interessanter, der die Politik runterbricht auf den Alltag der normalen Leute. Nur Politikern eine dicke Nase zu zeichnen, finde ich nicht lustig.
Am 28. Juni waren Sie zur Eröffnung der Ausstellung Tiere, Thesen, Temperamente, in der 50 Cartoons von Ihnen gezeigt werden, in der Havengalerie zu Gast. Reisen Sie jedes Mal persönlich an, wenn Ihre Cartoons in einer Ausstellung gezeigt werden? Immerhin leben Sie in der Bretagne, dem westlichsten Zipfel Frankreichs.
Einmal im Jahr gibt es die Cartoonair am Meer in Prerow an der Ostsee und Ausstellungen in der Galerie Caricatura in Kassel und im Museum Caricatura in Frankfurt. Ich bin mit meinen Bildern in vielen dieser Ausstellungen vertreten. Aber ich kann nicht zu jeder Eröffnung anreisen, da die Reise ja sehr weit ist. Jetzt zu meiner persönlichen Ausstellung in Vegesack komme ich natürlich zur Eröffnung. Ich hatte auch schon mal eine Ausstellung bei der Deutschen Bahn. Die Bilder auf großen Stelltafeln wurden von Bahnhof zu Bahnhof gekarrt, waren unter anderem in Berlin, Mannheim, Mainz, Köln und Frankfurt zu sehen. Da bin ich dann jedes Mal zur Eröffnung hingekommen.
Wenn Sie nicht gerade in einem Bahnhof ausstellen, kann man Ihre Cartoons im Satiremagazin Titanic, in der Taz, im Stern und in der Tierwelt Schweiz sehen. Auf Ihrer Facebookseite „EinTagEinTier“ folgen Ihnen fast 27 000 Abonnenten. Wie kommen Ihre Cartoons in Frankreich an?
Das habe ich noch nicht versucht. Es läuft ja so gut in Deutschland. Vor ein paar Wochen war ich im Journal du Dimanche, einer großen Pariser Sonntagszeitung. Wenn jemand auf mich zu kommt, sage ich nicht nein. Für die Satirezeitschrift Charlie Hebdo habe ich mal gearbeitet, allerdings für die deutsche Ausgabe. Die hat sich aber nicht so gut verkauft und wurde wieder eingestellt. Was mir an meiner jetzigen Arbeit sehr gefällt ist, neben der familiären auch eine berufliche Bindung zu meinem Heimatland zu haben.
Warum sind Sie nach Frankreich gegangen, wenn Sie sich doch mit ihren Cartoons für deutsche Blätter mit Themen beschäftigen, die hier diskutiert werden.
Ich wollte eigentlich nur ein Jahr als Austauschstudentin nach Paris. Dann habe ich mich verliebt – in einen Bretonen. Nach sieben Jahren Paris sind wir in die Bretagne gezogen. Ich hatte jahrelang Heimweh nach Hamburg. Aber jetzt bleibe ich hier bei meinen Kindern.
Bei Ihnen scheint sich alles gut gefügt zu haben.
Im Moment kann ich nicht klagen.
Was können andere tun, um erfolgreiche Cartoonisten zu werden? Ich denke an die jungen Leute, die für sich zeichnen, ohne dass der Stern oder ein anderes Magazin anruft und einen Cartoon bestellt.
Man muss ein Grundtalent für das Komische haben. Das ist das Allerwichtigste und das kann man nicht lernen. Wenn man das hat, kann man es ausbauen. Das Zeichnen muss man auch mögen, und dann muss man machen, machen, machen. Gut ist der Cartoon-Workshop der Caricatura Galerie einmal im Jahr im Sommer in Kassel. Erfahrene Cartoonisten zeigen den Teilnehmern, wo der Hammer hängt. Wer das wirklich machen will, dem kann ich den Workshop empfehlen. Und man sollte in sozialen Medien unterwegs sein, um seine Sichtbarkeit zu erhöhen. Cartoons funktionieren sehr gut in sozialen Medien. Sie werden bei Facebook oft geteilt. Da passiert es auch mal, dass ein Cartoon 100 000-mal gesehen wird. Das hast du sonst nicht.
Das Interview führte Georg Jauken.
Dorthe Landschulz
wurde 1976 in Hamburg geboren. Sie studierte an der Hamburger Fachhochschule für Gestaltung Illustration. In ihrer Wahlheimat, der Bretagne, lebt sie heute als freie Cartoonistin und Illustratorin. Seit 2011 sorgt sie auf ihrer Facebookseite „EinTagEinTier“ für die humorige Unterhaltung ihrer Fans im Internet. Ihr erstes eigenes Buch, „Lachmöwen kennen keine Witze“, ist im Juni 2013 im Rowohlt Verlag erschienen. Ihr aktuelles Buch heißt “Ich lass mir doch von einer Zahl nicht sagen, wie alt ich bin!“.
Ausstellung in der Havengalerie
Dorte Landschulz stellt unter dem Titel „Tiere, Thesen, Temperamente“ knapp 50 Drucke und Originale bis zum 29. September in der Havengalerie, Alte Hafenstraße 27, aus. Von Dienstag bis Sonntag, 9. bis 14. Juli, macht die Galerie Betriebsferien. Ansonsten sind die Öffnungszeiten dienstags bis freitags von 9 bis 12.30 Uhr sowie von 14.30 bis 18 Uhr. Sonntags ist von 14 bis 17 Uhr und nach Absprache geöffnet. Der Eintritt zu der Ausstellung ist frei.