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Nordbremer Fähren Neue Probleme, neue Tarife

Erst im Vorjahr hat die Fährgesellschaft Bremen-Stedingen die Tarife erhöht, jetzt kommt die nächste Preissteigerung – wegen Corona und des Ukraine-Kriegs.
24.04.2022, 13:00 Uhr
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Neue Probleme, neue Tarife
Von Christian Weth

Alle zwei Jahre eine Preissteigerung, das war einmal: Die Fährgesellschaft Bremen-Stedingen hat jetzt den Takt erhöht. Nachdem die Tarife 2021 angezogen haben, werden sie auch 2022 anziehen. Und das früher als üblich. Statt ab Juli gelten die neuen Beträge für Pendler bereits ab Mai. Fährchef Andreas Bettray sagt, jeden Monat nutzen zu müssen, um die Einnahmeseite zu verbessern. Weil ihm zufolge wegen Corona das zweite Jahr in Folge weniger Geld in die Kasse kam – und sich durch den Ukraine-Krieg die Ausgabenseite drastisch verändert hat.

Ursprünglich hatte Bettray geglaubt, in diesem Jahr die Preise so lassen zu können, wie sie sind. In seinem Wirtschaftsplan, den er im Dezember den Mitgliedern des Aufsichtsrates vorlegte, stand keine Zeile von einer erneuten Tariferhöhung. Stattdessen ging der Geschäftsführer der Fährgesellschaft davon aus, dass nun alles besser werden würde. Die Pendlerzahlen aus dem letzten Quartal des Vorjahres hatten ihn optimistisch gestimmt. Zwar waren sie immer noch schlechter als in den Jahren vor Corona, aber deutlich besser als in allen Pandemie-Monaten zuvor.

Dann kam der 24. Februar – und nichts, meint Bettray, blieb von seinem Wirtschaftsplan übrig. Der Fährchef sagt, schon mehrere Preissteigerungen für Kraftstoffe erlebt zu haben, aber noch keine wie die nach der Invasion Russlands in die Ukraine. Das hat er auch den Anteilseignern mitgeteilt, als sie das nächste Mal zusammenkamen. Im März war das. Bettray legte diesmal andere Kennziffern vor, vor allem höhere. Allein für Diesel veranschlagt er jetzt nicht mehr Kosten von 450.000 Euro pro Jahr, sondern eine Summe, die fast doppelt so hoch ist. Ohne sagen zu können, ob er mit ihr hinkommt.

Eine Million Liter Diesel

Nach seinen Worten sind die Preise nur schwer kalkulierbar. Zwischenzeitlich waren sie fast dreimal so hoch wie sonst, jetzt liegen sie knapp unter dem Zweifachen. Ursprünglich kostete der Liter Schiffsdiesel im Schnitt rund 50 Cent. Die Fähren der Gesellschaft – mit einem Reserveschiff kommt sie auf sechs – verbrauchen rund eine Million Liter Diesel pro Jahr. Um Kosten zu senken und um auf den Rückgang der Pendlerzahlen zu reagieren, sind sie sowohl 2020 als auch 2021 weniger gefahren. Vorübergehend war der Betrieb an zwei Fährstellen gedrosselt und an einer Fährstelle eingestellt worden.

Einschränkungen gibt es auch jetzt. Zum Beispiel auf der Strecke zwischen Farge und Berne, wo ausschließlich zu den Stoßzeiten noch zwei Schiffe eingesetzt werden – und wo demnächst in den Nachmittagsstunden ein Crewmitglied weniger Dienst schieben wird als bisher. Bettray sagt, dass es nicht anders geht, um auf den neuen wirtschaftlichen Druck zu reagieren. Der Fährchef hatte damit gerechnet, dass der abnehmen wird, weil auch die Inzidenzwerte abnehmen. Inzwischen geht er jedoch vom Gegenteil aus, weil neuerdings der Ukraine-Krieg die Beförderungszahlen sinken lässt.

Sechsstelliges Defizit erwartet

Bettray hat festgestellt, dass sich wegen der hohen Spritpreise immer mehr Pendler zu Fahrgemeinschaften zusammenschließen und immer weniger Ausflügler unterwegs sind. Und das Minus, glaubt er, wird noch größer, wenn das Neun-Euro-Ticket kommt. Der Geschäftsführer geht davon aus, dass dann mehr Bus und Bahn gefahren wird als Fähre. Nach seiner Statistik wurden im Vorjahr 53.000 Personen und 15.000 Fahrzeuge weniger über die Weser gesetzt als vor der Pandemie. Und wird das Defizit wie im Vorjahr sechsstellig sein. Eine genaue Zahl will er bei der Juli-Sitzung des Aufsichtsrats nennen.

Bettray hofft, dass die Fährgesellschaft zumindest in diesem Jahr finanzielle Unterstützung vom Bund bekommt. Nachdem es für sie keine Corona-Hilfe gab, setzt er jetzt auf den Ukraine-Fonds. Und darauf, dass sich Bremer und niedersächsische Politiker dafür stark machen, dass das Unternehmen bedacht wird. Er sagt, alles zu unternehmen, dass kein Personal entlassen werden muss. Weniger Kräfte wird es trotzdem geben. In diesem Jahr laufen fünf Verträge aus. Sie sollen nicht verlängert werden. Die Fährgesellschaft kommt bisher auf rund 100 Beschäftigte.

Zur Sache

Wie viel Pendler bezahlen müssen

Teurer werden sowohl Zehnerkarten als auch Monatskarten, allerdings nicht alle. Während die Tarife für Fahrzeuge steigen – je nach Wagenlänge geht es bei den Zehnertickets um bis zu zwei Euro, bei den Monatstickets um bis zu fünf Euro rauf –, bleiben die Preise für Fußgänger, Fahrrad-, E-Bike- und E-Scooterfahrer unverändert. Die Fährgesellschaft will den motorisierten Verkehr mehr und den klimaneutralen weniger belasten. Darauf haben sich die Stadt Bremen und der Landkreis Wesermarsch als Anteilseigner der Fährgesellschaft verständigt.

Zudem haben sie versucht, den Schwerpunkt der Preiserhöhung auf die Fährfahrer zu legen, die nicht täglich über die Weser setzen. Sechs Jahre lang sind die Kosten für Einzeltickets weitgehend gleich geblieben, jetzt ziehen sie an. Und zwar für alle Kundengruppen. Kinder zahlen beispielsweise nicht mehr 50, sondern 60 Cent. Und Erwachsene nicht mehr 1,10, sondern 1,30 Euro. Bei Fahrzeugen sind mal 30, mal 80 Cent mehr zu bezahlen. Gleich um 50 Euro erhöhen sich dagegen die Kosten für Autofahrer, die eine Jahreskarte wollen.

Die neuen Tarife – die Liste kommt auf knapp zwei DIN-A4-Steiten – sind ab Montag online unter www.faehren-bremen.de abrufbar.

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