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Geschäftsbericht Vegesack: Generationenwechsel am Fährkiosk

Gabriel "Gabo" Nergiz ist das Gesicht des Fährkiosks am Vegesacker Fähranleger – gewesen. Wie es mit dem kleinen Verkaufshäuschen weitergeht.
16.12.2024, 17:55 Uhr
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Von Christian Pfeiff

Gabriel Nergiz, den viele einfach Gabo nennen, war eine Institution am Fähranleger. Der Kioskbetreiber schaute aus einer seiner beiden Verkaufsluken steht etwas zu den Kunden hinauf und verschwand dann aus dem Blickfeld, um die Bestellung zu holen. Der kleine Kiosk an der Vegesacker Fährstelle ist nicht nur aufgrund seiner besonderen Lage kein Kiosk wie jeder andere auch: Neben zahlreicher Weser-Passanten als Laufkundschaft hat sich über die Jahrzehnte seines Bestehens auch eine große Stammkundschaft heraus gebildet, welche den Kiosk mit Weserblick als regelmäßigen Treffpunkt und bisweilen auch als preiswerteren Kneipenersatz zu schätzen weiß – laute Musik zuweilen inklusive.

Die Stammkunden müssen sich nun an ein neues Gesicht gewöhnen. Aus Betreibersicht erfolgte jüngst der erste Generationenwechsel in diesem Jahrtausend: Kürzlich gab Gabriel Nergiz, der den Kiosk 26 Jahre lang gemeinsam mit seiner Familie und wechselnden Mitarbeitern führte, das Geschäft an Sebastian Piko Clören ab. „Ich bin jetzt 65 Jahre alt und muss leider mittlerweile auf meine Gesundheit achten“, begründet Nergiz.

Grafikdesigner übernimmt Kiosk


Leicht fiel ihm der Abschied nach eigenen Aussagen nicht: Nachdem die Familie, die zu diesem Zeitpunkt parallel auch den „Imbiss-Treff“ auf dem Vegesacker Bahnhofsplatz führte, auf Anraten von Lieferanten im Jahr 1999 zusätzlich auch den Fährkiosk übernahm, fokussierte sich der Familienbetrieb nach kurzer Zeit ausschließlich auf den Kioskbetrieb an der Weser.

Eine Entscheidung, die Nergiz nie bereute „Beides parallel laufen zu lassen, wurde uns irgendwann einfach zu viel. Hier war es immer schön: Neben dem Weserblick hatten wir all die Jahre sehr nette und gute Kunden, mit denen wir auch viele gute Gespräche geführt haben. Das werde ich schon vermissen. Aber wir sind sehr glücklich, gute Nachfolger gefunden zu haben.“

Wie so oft spielte auch in diesem Fall der Zufall eine gewisse Rolle, wie Piko Clören berichtet. „Als ich einem Kollegen geholfen habe, in der Immobilie des vorherigen 'Imbiss-Treff' seinen 'Hafen-Kebab' einzurichten, habe ich die Familie eigentlich eher aus Spaß gefragt, ob sie den Kiosk nicht abgeben wollen würde. Als dann eine Woche später der Anruf kam, ob ich wirklich ernsthaftes Interesse hätte, war ich selbst etwas überrascht“, gesteht Clören, der in seinem Hauptberuf als Grafikdesigner und Betreiber dreier Firmen eigentlich nicht über mangelnde Beschäftigung klagen kann.

Neues Logo soll Anfang des Jahres kommen

Dennoch lässt sich seine Motivation als frischgebackener Kioskbetreiber bereits jetzt an kleinen Erneuerungen ablesen: „Ich musste den Stammkunden natürlich versprechen, dass fast alles so bleibt wie es vorher war – vor allem natürlich die Preise“ gesteht Clören lachend. Einige moderate Veränderungen sind dennoch bereits jetzt schon sichtbar: So wurde das Sortiment ein wenig erweitert, beispielsweise um Vape-Artikel – aber auch um Snacks und kleine warme Mahlzeiten.

Jene Erneuerung ist gleichzeitig ein Schritt zurück, zählten Bratwurst, Pommes und Co. doch bereits vor Jahrzehnten zum Standardsortiment vor Ort. „Nachdem irgendwann der Platz knapp wurde, haben wir unsere Fritteuse abgeschafft“, erklärt Nergiz. Clören funktionierte hingegen einen vorherigen Lagerraum zu einer kleinen Küche, in welcher auf Wunsch warme Snacks zubereitet werden können – sofern die Wartezeit der Kunden ausreicht: „Zu Hauptverkehrszeiten sind Pommes in den paar Minuten zwischen zwei Fährzeiten leider noch nicht verzehrbereit“, erklärt Clören lachend. Zu Beginn des kommenden Jahres soll sich zudem das Erscheinungsbild moderat verändern: Die Gestaltung eines neuen, eigenen Logos ist für den Grafikdesigner selbstredend Ehrensache.

Vom Betreiber zum Kunden

Nicht nur Stammkunden haben zudem bereits Bekanntschaft mit neuen Gesichtern hinter dem Verkaufstresen des Fährkiosks machen können, gelang es Clören doch innerhalb kurzer Zeit, ein Team von sieben Mitarbeitern zu akquirieren – auf relativ unkonventionelle Weise: „Ich habe vor allen in sozialen Medien annonciert – bei Instagram, Whatsapp und Kleinanzeigen“, verrät Clören.

Die erhöhte Mitarbeiterzahl hat unter anderem den Grund verlängerter Öffnungszeiten: „Wir fangen jetzt etwas früher an und öffnen in der Woche bereits um 7 Uhr; am Wochenende um 9 Uhr“, erklärt Clören.

Entsprechend gelang den alten und neuen Betreibern trotz einiger kleinerer Veränderungen ein nahtloser Übergang des Betriebs – und wer sich gegebenenfalls noch einmal von dem langjährigen Betreiber verabschieden möchte, muss hierfür einfach nur den richtigen Zeitpunkt erwischen: Fast täglich ist Nergiz für ein paar Minuten besuchsweise auf ein Getränk und ein kleines Schwätzchen an seiner langjährigen Wirkstätte anzutreffen: „Das vermisst man nach so vielen Jahren natürlich schon.“

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