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Fehlende Kita-Plätze in Bremen Wer kann 143 Kinder betreuen?

Als Reaktion auf den enormen Betreuungsbedarf in Vegesack will Bremen Kindergarten-Start-ups einrichten. Wie das funktioniert...
11.11.2021, 14:38 Uhr
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Wer kann 143 Kinder betreuen?
Von Patricia Brandt

Rund 1000 Krippen- und Kindergartenkinder in Bremen sind nach Verwaltungsangaben aktuell ohne Betreuungsplatz. Davon allein 143  Jungen und Mädchen aus Vegesack. Als Reaktion auf den akuten Bedarf vor allem für Drei- bis Sechsjährige in Vegesack wollen das SOS Kinderdorf Worpswede und das Grohner Quartiersmanagement kurzfristig neue Spielkreise einrichten. Allerdings funktioniert das nur mit Hilfe von Ehrenamtlichen. Bremen wolle keine "Billig-Lösung auf  Dauer" schaffen, versichert der Senatsbeauftragte Martin Prange. Mehr als drei Millionen Euro stünden für die "neuen Start-ups" voraussichtlich ab Januar zur Verfügung.

Wie dringend neue Angebote für Kinder allein in Bremen-Nord benötigt werden, belegen Zahlen der Bildungsbehörde. Demnach sind in Vegesack derzeit 114 Kinder im Alter von drei bis sechs Jahren ohne Betreuungsplatz. Bei den Kinder unter drei Jahren fehlen 29 Plätze. Auch in Burglesum und Blumenthal gibt es noch Bedarf an Kinderbetreuung: In Blumenthal sind insgesamt 63 Kinder zurzeit unversorgt, in Burglesum 57.

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Damit die Situation im besonders betroffenen Mittelzentrum entschärft werden kann, sollen noch in diesem Jahr neue Spielkreise unter anderem in der Grohner Düne eröffnet werden, hoffen Mitarbeiter des SOS-Kinderdorfs Worpswede. Dies sucht auf Bitten der Bremer Verwaltung in Zusammenarbeit mit dem Grohner Quartiersmanager Christian Ganske dringend freiwillige Helferinnen und Helfer, die sich vorstellen können, sich idealerweise ab November regelmäßig, stundenweise in der Betreuung von Kindern zu engagieren.

„Wir würden uns besonders über Unterstützung von Personen freuen, die bereits einen pädagogischen Hintergrund  mitbringen. Zum Beispiel pensionierte Grundschullehrerinnen und -lehrer wären eine große Bereicherung. Aber auch wer erste Vorerfahrungen in der Kinderbetreuung mitbringt und Interesse daran hat, Kinder spielerisch auf den Schulstart vorzubereiten, ist herzlich eingeladen, uns zu kontaktieren“, betont Joachim Schuch, Gesamtleiter beim SOS-Kinderdorf Worpswede. Geplant sei der Aufbau mehrerer Spielkreise – in der Grohner Düne und an weiteren Standorten.

Niedrigschwellige Angebote

Die niedrigschwelligen Spielkreis-Angebote sollen insbesondere für die Kinder Plätze vorhalten, die im September kommenden Jahres eingeschult werden. „Der Ausbau an Betreuungsmöglichkeiten für die Drei- bis Sechsjährigen in Vegesack wird zwar bereits mit Hochdruck umgesetzt, derzeit kann aber noch zu vielen Kindern kein Kita-Platz geboten werden“, erklärt Martin Prange den Hintergrund des Projekts.

Der Senatsbeauftragte für den Bremer Norden spricht von etwa 1000 Kindern ohne Betreuungsplatz im Stadtgebiet. "Dazu kommt immer noch eine kleine Dunkelziffer, das macht den Druck klar, schnell etwas in Vegesack und auch in Blumenthal an den Start zu bringen." Hier sind bei der Bedarfsplanung Wohnungsleerstände offenbar nicht berücksichtigt worden. "In der Lüssumer Heide haben wir vor sechs Jahren noch diskutiert, ob man einen Abriss der Wohnblöcke hinbekommt. Heute sind die Häuser voll", so Prange. Diese "stürmische Entwicklung" sei nicht absehbar gewesen. 

Mindeststandards müssen erfüllt sein

Die geplanten Kinderbetreuungsangebote mit Ehrenamtlichen seien nicht der Versuch, Standards zu unterlaufen, versichert Martin Prange. Der Senatsbeauftragte betont: "Es ist der Versuch, schnell etwas hinzubekommen." Die Spielkreise oder Start-ups, wie Prange sie nennt, entsprächen zwar nicht herkömmlichen Kita-Standards. Doch: "Es muss natürlich immer eine Fachkraft dabei sein, Brandschutz muss gegeben sein und die Sicherheit der Kinder gewährleistet sein." Auf Dauer soll immer eine bestmögliche Lösung gesucht werden.

Der Auf- und Ausbau der neuen Spielkreise wird seitens der zuständigen Bildungssenatorin Sascha Aulepp ausdrücklich begrüßt. Auch finanzielle Mittel wurden bereits in Aussicht gestellt. Der Senatsbeauftragte rechnet mit mehr als drei Millionen Euro, die kurzfristig ab Januar 2022 zur Verfügung stehen sollen.

Ein offizieller Betriebsbeginn für die "Brücken-Angebote" steht nach den Worten der Bildungsressort-Sprecherin Maike Wiedwald nicht fest. Dennoch zeigt sich die Behörde zuversichtlich, weitere Plätze schaffen zu können: "Zudem kommt in Vegesack in diesem Kindergartenjahr die neue AWO-Kita Alte Hafenstraße an den Start, die mit acht Gruppen für etwas Entspannung sorgen wird."

Zur Person

Das SOS-Kinderdorf Worpswede

Das SOS-Kinderdorf Worpswede bietet seit 1965 Kindern, die nicht bei ihren Eltern aufwachsen können, ein familiäres Umfeld. Das Herzstück stellt das Kinderdorf in Worpswede dar, in dem zurzeit 98 Kinder und Jugendliche in Kinderdorffamilien, sozialpädagogischen Hausgemeinschaften und Wohngruppen leben. Aus dem Bedarf heraus wurde das Angebot in den vergangenen Jahrzehnten unter anderem durch Kindertagesstätten, Jugendwohngemeinschaften, Tagesgruppen, dem SOS-Beratungszentrum, den Ambulanten Flexiblen Hilfen und weiteren Gruppenangeboten ergänzt. Angebote des SOS-Kinderdorfes finden sich mittlerweile auch an unterschiedlichen Standorten in Bremen-Nord und in den Landkreisen Osterholz und Rotenburg.

Info

Wer sich ehrenamtlich im Rahmen des Spielkreis-Projekts engagieren möchte, wendet sich an Maren Lilje, Leiterin des SOS-Kinder und Familienzentrums GROWN. Sie ist telefonisch unter 047 92/ 93 32-690 oder per E-Mail an maren.lilje@sos-kinderdorf.de zu erreichen.

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