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Bürgerhaus Vegesack Florian Schröder: Kontroverser Kabarettist mit klaren Worten

Im Bürgerhaus Vegesack zeigt Florian Schröder, dass Kabarett mehr als nur Unterhaltung ist. Mit scharfer Zunge und klaren Worten nimmt er aktuelle politische Themen ins Visier.
12.01.2024, 14:32 Uhr
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Von Christian Pfeiff

Es gibt Kabarettisten, die ihrem Publikum die Übel und Grauen der Welt humorvoll aufbereiten und dieses anschließend mit einem guten Gefühl von ihren Auftritten entlassen – und es gibt Florian Schröder. Wer sich nur ein wenig mit dem Werdegang des Wahlberliner Kabarettprofis befasst, der bereits im Alter von 14 Jahren seine ersten Schritte im Showbusiness unternahm, weiß darum, dass der Haltungskabarettist im Zweifel nicht vor Kontroversen und bisweilen auch Provokationen zurück schreckt – eher im Gegenteil.

So nutzte er beispielsweise zu Beginn der Pandemie ein Engagement auf einer Querdenker-Veranstaltung, um auf dieser die Präventionsmaßnahmen der Bundesregierung zu verteidigen. Später lieferte er sich im Rahmen des Podcasts „Schröder & Somuncu“ häufig kontroverse Dialoggefechte mit seinem ebenfalls keinesfalls zimperlichen Kollegen Serdar Somuncu.

Klare Kante gegen Rechts

Aktuell ist Florian Schröder mit seinem Jahresrückblick „Schluss jetzt!“ auf Tournee und gastierte mit diesem am Donnerstag im nahezu ausverkauften Bürgerhaus – und eröffnete diesen nach der einleitenden Frage, welcher Trainer derzeit in der Lage sein könnte, die strauchelnde Regierungsmannschaft wieder in Form zu bringen, zunächst mit einer rund viertelstündigen Tirade gege die AfD.

„Faschisten fordern manchmal richtige Dinge, um vermeintlich harmloser zu wirken. Auch richtige Dinge macht man aber nicht zusammen mit den falschen Leuten“, befand Schröder im Hinblick auf aktuelle Land- und Bundestagsdebatten – und steigerte sich zur Feststellung: „Wer diese Partei wählt, ist eindeutig ein Nazi – selbst, wenn sie ansonsten nicht die entsprechenden Überzeugungn teilen. Die Ängste dieser Menschen müssen ernst genommen werden; diese Ängste sind aber keine Entschuldigung für eine solche Wahlentscheidung“.
Erntete Schröder für diesen Befund noch eindeutige Zustimmung aus den Publikumsreihen, fiel diese auf seine anschließende Feststellung „Wir sitzen hier heute Abend zum Glück alle im selben Boot: Wir sind hier alle links-grün“ hingegen deutlich verhaltener aus.

Wagenknecht auf dem Kieker

Hierdurch lässt sich ein Florian Schröder indes nicht beirren, geht es ihm doch offensichtlich keinesfalls um Wohlfühlkabarett: Natürlich möchte auch er unterhalten und tut dies unter anderem mit gekonnten Politikerparodien. Ebenso gerne eckt er jedoch an, provoziert, stößt vor den Kopf – manchmal in überraschende Richtungen.

Dass Schröder als erklärter „Links-Grüner“ recht wohlwollend mit jenen beiden Parteien ins Gericht geht, ist somit zwar nicht allzu überraschend; die verbale Härte, die er im späteren Programmverlauf Sahra Wagenknecht, deren neuer Partei und ihrem gemeinsamen Friedensmanifest mit Alice Schwarzer zuteil werden lässt, hingegen schon eher: „Wagenknecht überzeugt ausschließlich in Situationen, in denen sie keine Verantwortung übernehmen muss“, urteilt Schröder über „Putins nützliche Idiotin“. „Schillernd, aber nichts dahinter“.

Noch überraschender Schröders Einlassungen zum vorjährigen Skandal um die Schockrocker „Rammstein“: „Ich kann das Geheule nicht mehr hören. Mit 18 sollte man in der Lage sein, eigenständige Entscheidungen zu treffen – und wer ernsthaft überrascht ist, dass es bei privaten Backstageparties dieses in die Jahre gekommenen Horrorclowns aus der DDR um Sex gehen könnte, hätte vorher vielleicht mal seinen Texten zuhören sollen.“

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Im Eilzugtempo lässt Schröder seine Analysen, Tiraden und auch mal selbstironischen Einschübe auf seine Zuhörer niedersausen, changiert hierbei permanent zwischen sympathischen Entertainer und polarisierendem Kritiker: „Kritik ist immer gratis, oft aber auch umsonst: Dürfte ich nur Dinge kritisieren, die ich selbst ändern könnte, wäre ich arbeitslos“, relativiert Schröder den Vorjahresskandal über Fernflugreisen von Mitgliedern der „Letzten Generation“, zu der er als einziges eine ambivalente Haltung signalisiert: „Deren Ziele finde ich großartig; aber die Protestmethoden kotzen mich an“.

Dass es ihm keineswegs um die ungeteilte Zuneigung seines Publikums geht, demonstrierte er zudem durch eine fortwährende Überbetonung der letzten Silbe des Ortsnamens und auch scherzhaften Wortscharmützeln mit einzelnen Zuschauern, infolge derer Schröder auch mal ironisch konstatierte: „Ich wusste, es war ein Fehler, nach Vegesack zu kommen“.
Nach rund drei Stunden Programm erntete der Kontroverskabarettist somit zwar deutlichen Zuspruch, hingegen keine einhellige frenetische Begeisterung – und dürfte mit diesem Resultat hochzufrieden sein.

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