Als der stark beschäftigte, aber jederzeit umsichtige Schiedsrichter Daniel Grube das Nachbarschaftsderby in der 95. Minute abpfiff, jubelten Spieler und Fans des Fußball-Bremen-Ligisten Blumenthaler SV. Nicht, weil die Burgwallelf beim Lokalrivalen SG Aumund-Vegesack als Sieger den Rasenplatz verließ, sondern weil sie ihm mit einer aufopferungsvollen Abwehrschlacht in der Schlussphase ein 2:2-Unentschieden und damit einen Punkt abgerungen hatte.
Die Rollen waren vor dem Anpfiff klar verteilt: Die Gastgeber gingen vor heimischer Kulisse als Favoriten ins Spiel, hatten sie doch sechs der sieben jüngsten Kräftemessen für sich entschieden. Zudem wollten sie die Schmach der 2:5-Hinspielniederlage tilgen. Doch die personell limitierte Burgwallelf zeigte von Beginn an, dass sie unter ihrem Trainer Denis Spitzer taktische Fortschritte gemacht hat. Schon in der dritten Minute hätte es im Tor der Vegesacker klingeln können, wenn die Flanke von Zinar Tunc auf seinen Kapitän Kilian Lammers nicht zu kurz geraten wäre. Und nur wenig später konnte SAV-Keeper Jan Niklas Dähne den Schuss von Blumenthals Mittelfeld-Dauerläufer Nuno Porquet gerade noch zur Ecke abwehren.
Zwei Szenen, die allerdings die Gastgeber wachrüttelten. Sie verstärkten ihre Offensivbemühungen, wobei vor allem der schnelle und technisch versierte Williams Lewisgton Noukpetor der Blumenthaler Abwehr immer wieder Rätsel aufgab und oft nur regelwidrig gestoppt werden konnte. Davon profitierte in der zwölften Minute Sebastian Kurkiewicz, der nach einem Freistoß zentimetergenau für Mücahit Özkul auflegte: Mit einem Schrägschuss ins lange linke Torwarteck brachte der 1,89 Meter große Mittelstürmer, der 2022 vom Bremer SV zur SAV gewechselt war, seine Mannschaft in Führung.
Die Gäste zeigten sich zwar wenig beeindruckt und versuchten, den Vegesackern durch frühes Stören die Spielkontrolle abzuringen, doch insbesondere die SAV-Angreifer Noukpetor, Özkul und Kurkiewicz bekamen sie nie richtig in den Griff. Die Folge: Nachdem Avni-Serdar Güngör an BSV-Keeper Pepe Haedke gescheitert war, erhöhte Williams Lewisgton Noukpetor nach Doppelpassspiel mit Özkul auf 2:0 (36.).
Die Burgwallelf wackelte und versuchte, sich mit schnellen Kontern dem Dauerdruck der SAV zu entziehen – zunächst ohne Erfolg. Kurz vor dem Halbzeitpfiff aber gelang den Blumenthalern mit Glück, Geschick und einem Doppelschlag der zu diesem Zeitpunkt überraschende Ausgleich. Zunächst verwertete Zinar Tunc einen von Florian Brahtz in den SAV-Strafraum gehobenen Eckball aus Nahdistanz zum Anschlusstreffer (43.). Dann überraschte Brahtz die verwirrte SAV-Abwehr mit einem eröffnenden Pass auf Adrian Chwiendacz, der keine Mühe hatte, Jan Niklas Dähne erneut zu überwinden (45.+2). An dem Halbzeit-Spielstand von 2:2 sollte sich in den zweiten 45 Minuten nichts ändern. Zwar standen die Blumenthaler über weite Strecken mit dem Rücken zur Wand, präsentierten sich aber vor allem in der Abwehr kampfstark und flexibel. Zudem stand ihnen das Glück des Tüchtigen zur Seite, während die SAV-Angreifer immer wieder mit Fortuna haderten, wenn gut gemeinte Torschüsse von Beinen oder Körper der Blumenthaler abprallten. Was kurz vor Spielende BSV-Kapitän Kilian Lammers schmerzlich zu spüren bekam, als er am Unterleib getroffenen wurde.
BSV-Coach Denis Spitzer lobte seine Mannschaft für ihre nie erlahmende kampfstarke Vorstellung: „Wir wollten aus der Verteidigung heraus das Spiel machen und haben uns das Unentschieden verdient.“ SAV-Trainer Issam El-Madhoun haderte dagegen mit der Tatsache, dass seine Mannschaft „unfassbar viele Torchancen“ ausgelassen und nach der 2:0-Führung den Sack nicht zugemacht habe.
