Das Meer wird von Künstlern keineswegs immer in Blau gemalt. Man denke an die farbenprächtigen Aquarelle von Emil Nolde, in denen die Nordsee in glühendem Rot, Gelb oder Grün leuchtet. Doch für Künstlerin Bärbel Kock ist die Farbe Blau nun mal ihre Lieblingsfarbe, wie sie sagt, und so beherrscht denn auch Blau die Bilder ihrer Ausstellung „Mee(h)r Elexier“ in der Galerie des Vegesacker Geschichtenhauses.
Wasser und Wellen, Häfen, Strände und Kutter sind die häufigsten Motive ihrer Ausstellung. „Da ich ja zahlreiche Kunstprojekte mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mache, habe ich mir viele Techniken angeeignet“, sagt Bärbel Kock – was in der Ausstellung zum Ausdruck kommt: Bilder mit Acryl- oder Aquarellfarben oder in Mischtechnik gemalt, bis hin zur Enkaustik, bei der in Wachs gebundene Farbpigmente heiß auf den Malgrund aufgetragen werden.
„Wasser ist mein wichtigstes Element“, sagt die auf Rügen geborene Künstlerin, die an der Ostseeküste in Flensburg aufgewachsen ist. Die Vielfalt ihrer Techniken zeigt, wie unterschiedlich man Wasser darstellen kann: als Spritzer und schäumende Wellen mit wild bewegtem Blau – oder auch als sanft strömendes Element, auf dem Fischerboote am Ufer eines Flusses ruhen.
Eine Vielzahl an Fundstücken
Zur Ausstellung gehört auch eine Vielzahl an Fundstücken, die Bärbel Kock gesammelt und gestaltet hat: zum Beispiel vom Wasser abgeschliffene Backsteine, die mit schlierig ineinander verlaufenden Farben beklebt sind. Bärbel Kock ist in ihren Darstellungsformen weder auf Abstraktion noch auf die Abbildung von Objekten festgelegt, sondern setzt beides gleichermaßen ein.
„Das Thema Umwelt spielt beim Meer für mich eine große Rolle“, sagt Bärbel Kock, deshalb hat sie auch aus vielen Bildern kleine Installationen gemacht, indem sie zum Beispiel die Verschlüsse von Einwegdosen oder die Fetzen von Netzen aufgeklebt hat – Störelemente, die auf die Vermüllung von Ozean und Stränden hinweisen.
Doch das Thema Meer hat sie nicht nur vor Ort, zum Beispiel am Strand sitzend, ins Bild gebracht, sondern auch in ihrem Garten: „In der schlimmsten Corona-Zeit, in der alles dicht war, habe ich mich hingesetzt und wollte die Stille des Meeres malerisch festhalten“, sagt sie. So entstand ein ruhiges Bild von sanft bewegtem Wasser, wiederum ganz in Blautönen mit faszinierenden Abstufungen und Übergängen.
Einige Bilder der Ausstellung sind während ihrer zahlreichen Projekte entstanden, mit denen sie Menschen an Kunst heranführt. „Ich wollte den Teilnehmern bei einer Aktion zeigen, wie man das Meer darstellt“, sagt sie und weist auf drei hochformatige Bilder, in denen das Blau spritzt und der Pinsel mit zügigen Bewegungen die Dynamik der Wellen wiedergegeben hat.
Blau: Die Farbe der Ferne
Bei der Eröffnung der Ausstellung „Mee(h)r Elexier“ fasst Michael Schädlich vom Vegesacker Geschichtenhaus die freischaffende Künstlerin Bärbel Kock als Person mit den Attributen „Vielseitigkeit, Entschlossenheit und Begeisterung“ zusammen. Und er weist darauf hin, dass der Begriff „Erde“ für unseren Planeten eigentlich falsch gewählt ist. Schließlich sind zwei Drittel der Erdoberfläche mit Wasser bedeckt.
Bärbel Kocks Lieblingsfarbe Blau sei auch die Farbe der Ferne, ihre Veränderungen kündigen den Seeleuten Wetterwechsel oder die Nähe der Küste an“, sagt Michael Schädlich. Und schließlich wirkt das Blau, das einen tage- oder wochenlang auf dem Ozean treibend, umgibt, auch auf unsere Psyche: „Sind wir längere Zeit auf dem Meer, so erleben wir den Entzug von Sinnesreizen, und das Gehirn macht aus Wenigem viel“, sagt Michael Schädlich.
Auch die beiden Vegesacker Jungs, Symbolfiguren für den Stadtteil, sind zur Ausstellungseröffnung gekommen. Sie ziehen an einem blauen Seil ein Steuerrad zu sich heran, wobei das Publikum in ihr „Hau ruck“ mit einstimmt. Für Bärbel Kock, die auch einige ihrer Gedichte vorträgt, ist dieses Steuerrad ein Symbol für die Freiheit, die wir uns erhalten sollten, wie sie sagt.
Im Rahmen der Ausstellung sind in einem Koffer auch zahlreiche Kunstpostkarten zu erwerben. Diese sind bei der Aktion „Vegesack ist toll“ aus Bildern von Kindern entstanden, die vor Ort gemalt hatten. Der Erlös geht, wie bei allen Aktionen der Künstlerin, an Unicef für Kinder in Not.