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Auszeichnung auf der Bundesgartenschau Gold für ein Bauerngrab mit Milchkanne

Zwei Floristinnen der Gärtnerei Henry Claussen in Vegesack haben bei der Bundesgartenschau in Heilbronn in diesem Jahr für die Gestaltung eines Mustergrabs drei Goldmedaillen bekommen.
03.11.2019, 17:11 Uhr
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Von Alexander Bösch

Vegesack. Wer einem verstorbenen Angehörigen ein würdevolles Andenken bewahren möchte, bemüht sich um ein liebevoll geschmücktes Grab. Für die kreative Gestaltung von Grabmalen werden auf der Bundesgartenschau (Buga) alljährlich Medaillen und Urkunden vergeben. Auf dem vielbeachteten Ausstellungsteil „Grabgestaltung und Denkmal“ der diesjährigen Buga in Heilbronn haben zwei Floristinnen der Gärtnerei Henry Claussen in Vegesack ihr Können unter Beweis gestellt. Mit Erfolg: Christa Arfmann und Hanna Claussen wurden mit drei Goldmedaillen und einem Ehrenpreis ausgezeichnet.

Die Gartenschau lockte zwischen Mitte April und Anfang Oktober rund 2,3 Millionen Besucher in die Stadt im Norden Baden-Württembergs. „Wir haben so etwas zum ersten Mal gemacht. Insgesamt sind wir sechsmal nach Heilbronn gefahren“, erzählt Christa Arfmann. Henry Claussen, Chef der Gärtnerei an der Lindenstraße, hatte die Hinnebeckerin und seine ebenfalls im Betrieb beschäftigte Tochter Hanna Claussen auf der ersten Fahrt Anfang April noch begleitet. Claussen hatte bereits bei mehreren Gartenschauen, unter anderem 2005 in München, in einer Arbeitsgemeinschaft mit mehreren Floristen an den Wettbewerben mitgewirkt. „Das muss man selbst erlebt haben, welche Idealisten da am Werk sind“, findet Henry Claussen. Die Gärtnerei arrangiert auf zahlreichen Friedhöfen in Bremen und im Umland die Pflege von Gräbern, um die sich Angehörige nicht kümmern können.

Auf ihre Bewerbung hin wurde Christa Arfmann und Hanna Claussen in der Kategorie „Einzelgrab“ das Grab einer fiktiven Bäuerin namens „von Heimen“ zugelost. Die Aufgabe war, das Grabmal für die Bäuerin und einen Sitzplatz für die Jahreszeiten Frühjahr, Sommer und Herbst zu gestalten. Ein Steinmetz erschuf die aus Stein und Holz bestehende Grabverzierungen. Dazu gehörten drei bewegliche Quader, die mit einem Ziegen- , einem Kuhfell und einem Blätterrelief bezogen wurden. Außerdem kam ein kleiner Schemel dazu. Die Vorgabe lautete, die Pflanzenauswahl in insgesamt drei Saisonbeeten auf frühere Situationen im Garten der Bäuerin hin abzustimmen.

Für das Frühjahrsmotiv hatten die Floristinnen sich das Motiv einer umgefallenen Milchkanne samt verschütteter Milch ausgedacht. „Die Milchkanne war echt, die Milch wurde durch weiße Blumen wie Hornveilchen und Vergissmeinnicht dargestellt“, erläutert Christa Arfmann. Bevor sich die beiden Floristinnen mit einem Transporter erstmals nach Heilbronn aufmachten, hatten sie in der Vegesacker Gärtnerei bereits im Herbst 2018 ausprobiert, wie das Motiv am effektivsten umgesetzt werden könnte. „Wir haben an einem Modell gearbeitet und uns ausgesucht, welche Pflanzen wir verwenden. Vor Ort sah das Ganze dann allerdings etwas anders aus“, erzählt Christa Arfmann.

Und noch weitere Probleme galt es in Heilbronn zu lösen. „Einmal hatten wir zu wenig Bodendecker dabei, da hat uns aber jemand ausgeholfen“, erzählt Hanna Claussen. Als Rahmengehölze entschieden sich die Nordbremerinnen für Heidelbeeren und einen Apfelbaum der Sorte „Else Rathke“: „Der hat herabhängende Zweige wie eine Trauerweide, das passte.“

Ilex, Azaleen und die Rhododendronsorte Yakushimanum gehören zu den besonders oft in der Grabpflege eingesetzten Blumen. „Um eine optimale Note von der Jury zu bekommen, müssen die Blumen gleichmäßig verteilt und dicht gepflanzt sein. Die Bodendecker dürfen die Steine nicht verdecken “, erläutert Christa Arfmann. Vor Ort arbeiteten die Teilnehmer an insgesamt 63 Gräbern im Abstand von jeweils etwa einem Meter. „Einige Besucher haben uns beim Arbeiten gefragt, ob dort tatsächlich jemand begraben liegt“, erzählt Hanna Claussen schmunzelnd.

In ihrem dicht am Gartenschaugelände gelegenen Hotel tauschten sich die gärtnernden Teilnehmer sowohl beim Frühstück als auch beim Abendessen miteinander aus. Der überwiegende Teil der Gärtnerinnen und Gärtner sei aus Mittel- und Süddeutschland gekommen, berichten die Nordbremerinnen. Angesichts einer Aufwandsentschädigung von nur 850 Euro für sämtliche Fahrten nach Heilbronn – Hotel, Anfahrt und Material mussten die Teilnehmer selbst finanzieren – habe man von einem großen Idealismus der Gärtner und Floristen sprechen können: „Da muss man schon etwas durchgeknallt sein. Man opfert ja viel Freizeit und der heimische Betrieb muss auch aufrechterhalten bleiben“, resümiert Christa Arfmann. Neid habe es unter den Teilnehmern keinen gegeben. Vielmehr habe jeder dem anderen bei Bedarf geholfen oder beratend zur Seite gestanden. „Bei Sonnenuntergang musste man mit der Arbeit aufhören, Beleuchtung gab es nicht“, sagt Christa Arfmann.

Der große Einsatz lohnte sich: Schon wenige Tage nach ihrer Abreise kam die Benachrichtigung, dass die Vertreterinnen der Gärtnerei Henry Claussen eine Goldmedaille und einen Ehrenpreis erhalten. Zwei weitere Goldauszeichnungen folgten. Für die Gestaltung des Sommergrabs reisten die beiden Frauen Ende Mai erneut nach Heilbronn. Eine gekippte kleine Schubkarre mit herauspurzelnden Sommerblumen wie Dahlien, Nelken, Schleierkraut, Elatiorbegonien, Verbenen und Lavendel war das Sommermotiv für das Grab der Bäuerin.

Für das Herbstmotiv, das dann von den beiden Floristinnen Ende August angelegt wurde, stand das Thema Ernte im Mittelpunkt. Aus einem Korb rollten Äpfel und Kürbisse in ein Beet mit Zierkohl, Torfmyrthe, Zierpaprika, Sedum und Heide. Ein Apfelpflücker, ein Spaten und ein rostiges Gartenwerkzeug dienten der weiteren atmosphärischen Verdichtung durch passende Accessoires. „Einmal bekamen wir allerdings einen Punktabzug, weil unser Spaten den Schriftzug 'Ruhe' auf einem Quader verdeckte “, erinnert sich Christa Arfmann. Die beiden Frauen würden trotz der zeitraubenden Planung und Organisation wieder bei einem Wettbewerb der Bundesgartenschau mitmachen. „Warum nicht, wenn sich die Chance noch einmal bietet? Spaß hat es ja gemacht“, versichert Hanna Claussen.

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