Sie teilen nicht nur ihre Leidenschaft für die Modelleisenbahn, sondern auch die gut 50 Meter lange Anlage, die sich in einem Keller der Jacobs University befindet. Jeder einzelne Zug, jede Figur und jedes Auto ist Eigentum aller Mitglieder der Modelleisenbahnfreunde Bremen. Zweimal in der Woche treffen sich die Männer in Kellerstadt, wie sie die Anlage selbst nennen, um ihrem Hobby nachzugehen.
Dazu gehört vor allem das Weiterentwickeln der Dioramen. "Unser Torsten hat gerade ein Begleitfahrzeug für einen Schwertransport gebastelt", erzählt Helmut Wilhelms, Vorsitzender des Vereins. "Und dann ist es mein Job, das Fahrzeug mit gelben Blinkleuchten zu versehen." Viele Details auf der Anlage entstehen in Handarbeit, gekauft sind nur wenige Bestandteile. "Manche Dinge sind einfach zu filigran, als das wir sie selbst bauen können. Dann müssen wir sie kaufen", sagt Wilhelms. "Aber was geht, basteln wir selbst."
Wer sich um was kümmert, richtet sich nach den jeweiligen Vorlieben der einzelnen Mitglieder. "Bei der Landschaftsgestaltung gibt es die unterschiedlichsten Ideen, die jeder so umsetzen kann, wie er es mag", schildert er. "Allerdings muss die jeweilige Idee zu unserem Konzept passen. Deshalb schauen wir im Vorfeld, an welcher Stelle sich das Vorhaben am besten umsetzen lässt."
Normalerweise teilen die Modelleisenbahnfreunde ihre Leidenschaft auch mit den Nordbremern und laden regelmäßig zu verschiedenen Aktivitäten ein. Doch pandemiebedingt mussten die Mitglieder in den vergangenen zwei Jahren unter sich bleiben. "Eigentlich veranstalten wir dreimal im Jahr einen Fahrtag. Den letzten hatten wir im Dezember 2019", berichtet der Vorsitzende. Gleiches gilt für die Workshops, die die Mitglieder vor der Pandemie angeboten haben. "Die Kurse haben sich mit den verschiedensten Themen befasst, zum Beispiel mit dem Landschaftsbau oder der Beleuchtungselektronik von Zügen und Waggons", sagt Wilhelms.
Dass derzeit keine Veranstaltungen stattfinden können, macht sich auch in der Vereinskasse bemerkbar. "Zwar können wir durch die Mitgliedsbeiträge unsere Kosten decken, aber große Sprünge können wir im Moment nicht machen", sagt Wilhelms. Doch von den Erlösen aus diesen Veranstaltungen profitieren nicht nur die Modelleisenbahnfreunde selbst, sondern auch andere Vereine. "Wir teilen unsere Einnahmen regelmäßig mit gemeinnützigen Organisationen", sagt der stellvertretende Vorsitzende Torsten Frenzel. Immerhin der Verkauf von Büchern, die den Modelleisenbahnfreunden gespendet wurden, konnte trotz der Pandemie weitergehen. "So haben wir über das Jahr 500 Euro eingenommen, die wir Mitte Dezember wieder an den Kinderhospizdienst Jona überreicht haben", so Frenzel.
Neben Büchern verkauft der Verein auch Modellbauteile, die ebenfalls in Kellerstadt ausgestellt sind. Doch deutlich interessanter als die Börse ist die Anlage selbst. "Da hinten haben wir zum Beispiel eine Bratwurstbude aufgebaut", sagt Mitglied Rainer Krenzin. "Man muss ins Detail gehen. Wer nur über die Anlage schaut, hat nichts gesehen." Helmut Wilhelms verweist auf eine weitere Besonderheit. "Wer hier auf den Knopf drückt, hört das Glockenläuten des Bremer Doms", erzählt er. "Und jetzt kommt der Pastor heraus", ergänzt Krenzin.
Ein anderer Hingucker, wie Rainer Krenzin es nennt, ist ein Hubwagen, der auf Knopfdruck aus einem Gebäude herausgefahren wird. Für diesen Effekt greifen die Modelleisenbahnfreunde auf Magneten zurück. "Wir haben hier einen Motor verbaut, der über einen Arm verfügt. Durch Magnete, die sowohl an dem Arm als auch am Hubwagen angebracht sind, bewegt der sich", erläutert Wilhelms.
Auch wenn die Anlage größtenteils fiktiv gestaltet ist, finden Besucherinnen und Besucher hin und wieder auch Bremensien. Neben dem Lesumer Blindengarten wird künftig auch das Nordlicht, Bremens neue Straßenbahn, in Kellerstadt zu sehen sein. "Wir haben die Wagennummer 3201 mit dem Aufdruck 'Moin, ich bin neu hier' bereits vorbestellt und warten nun auf die Auslieferung", erzählt er.
Derzeit zählt der Verein 15 Mitglieder. Doch in Zukunft würden die Modelleisenbahnfreunde ihre Leidenschaft gerne mit noch mehr Begeisterten teilen. "Wichtig ist, dass die Leute modellbahninteressiert sind", sagt Torsten Frenzel. "Wenn noch weitere Fähigkeiten, zum Beispiel im Bereich Elektrik, vorhanden sind, wäre das auch nicht verkehrt." Darüber hinaus würden sich die Mitglieder auch über einen Uhrenmacher in ihren Reihen freuen. "Eine Lokomotive ist von innen nicht viel anders als eine Uhr und auch nicht viel größer", erklärt Helmut Wilhelms.