Grohn. Eine Schulklasse, ein Dutzend abgesägter Besenstiele, zwei Musiker in Piratenkostümen und jede Menge Rhythmus: Alles zusammen ergibt das Schulprojekt „Captain Stomps Seemanns-Schule“ der Bremer Philharmoniker. Ende Mai feierte die Workshop-Reihe an der Schule am Wasser in Grohn Premiere. Eingebettet in die Geschichte von Captain Stomp und Matrose Olaf schnuppern die Grundschüler in das Piratenleben hinein, lernen die wichtigsten Begriffe der Seemannssprache sowie Wetterkunde und Knoten binden. Dabei erhalten sie das Rüstzeug, um später mit auf große musikalische Fahrt in die Südsee gehen zu können, denn bei der Seemannsschule handelt es sich um ein speziell für die Corona-Zeit entwickeltes Format.
Mit Trillerpfeife und wildem Tanz begrüßt Captain Stomp die Leichtmatrosen der Klasse 1 c in der Turnhalle. Matrose Olaf kann ihn nur schwer stoppen. „Ich könnte das den ganzen Tag machen!“, entschuldigt sich der Piratenkapitän, der nach dieser Einlage in strahlende Gesichter blickt. Es folgt das Einüben der typischen Begrüßung samt Bestätigungsformel „Aye, Aye Käpten“, bevor es ans gemeinsame Musizieren geht. Dafür erhält jedes Kind einen Satz „polynesischer Rythmusstöcke“, bestehend aus präparierten Besenstielen. Mit diesen wird die nächsten 30 Minuten im Takt geklopft und auf den Boden geschlagen. Ob das Miterleben eines typischen Wetterumschwungs auf See, das Trommeln von Knotenbegriffen oder das Begleiten eines kurzen Liedes: Zu jedem Thema gibt es den passenden Rhythmus. Den Abschluss bildet das Seemannsdiplom in Form eines Klebetattoos. „Damit wir später auch wissen, wer die Prüfung bestanden hat und mitsegeln darf“, erklärt Captain Stomp alias Rhythmuspädagoge Matthias Entrup.
Die Kinder sind mit Eifer dabei und sichtlich begeistert. Darunter auch der siebenjährige Elias Can und die gleichaltrige Sarah Schisana, die wie alle ihre Klassenkameraden passend gekleidet zur Stunde erschienen sind. Elias würde gerne noch mehr Piratendinge lernen, während sich Sarah sehr interessiert am Kennenlernen weiterer Instrumente zeigt. Besonders die Snare Drums, auf denen die beiden Musiker die Kinder begleiten, haben es ihr angetan.
Die Seemanns-Schule ist ein Projekt, mit dem den Grundschülern auch in Corona-Zeiten die Begeisterung fürs Musizieren näher gebracht werden soll. „Wir wollen den Kindern damit einen Schlüssel in die Hand geben“, erklärt Marko Gartelmann, der den Matrosen Olaf spielt. Seit rund vier Jahren erklärt der Orchester-Schlagzeuger und Leiter der Musikwerkstatt Kindern die musikalische Piratenwelt. Die rhythmische Reise, die er und Captain Stomp unternehmen, fächert sich normalerweise über mehrere Wochen auf und mündet schließlich in einer großen Aufführung, in der alle Klassen gemeinsam musizieren. Dies ist in dieser Form jedoch aktuell nicht möglich. Also machten die Musiker aus der Not eine Tugend und entwickelten ein Schnupperformat, auf dem später aufgebaut werden kann. Nun können sich die Kinder in Kleingruppen unter Einhaltung der Hygienebestimmungen musikalisch ausprobieren und dabei Grundlagen für weitere Projekte erwerben.
Die Stunde ist auch eine willkommene Gelegenheit, um aus dem gewohnten Alltag herauszukommen. „Während der Seemanns-Schule sind die Kinder in einer ganz eigenen Welt abseits von Corona. Auch haben sie die Möglichkeit, sich mal wieder als ganze Klasse zu erleben“, erklärt Marko Gartelmann. „Wir haben von vielen Klassenlehrern das Feedback bekommen, dass die Kinder sehr glücklich und gelassen aus der Stunde kommen“, so Gartelmann weiter. Trotzdem merke man, dass die Schüler zurückhaltender seien als gewohnt. „Sie haben sich so lange an Regeln gehalten und zurücknehmen müssen, dadurch braucht es etwas mehr Zeit damit sie aus sich heraus kommen“, beschreibt Matthias Entrup seinen Eindruck.
Dazu, dass die insgesamt zwölf Workshops, also eine Stunde für jede Klasse, stattfinden konnten, trug auch die Unterstützung der Gewoba bei, die das Projekt mitfinanzierte, erklärt Marko Gartelmann. Dadurch seien keine gesonderten Kosten für die Schule entstanden und die zur Verfügung stehenden Mittel können in weitere Projekte investiert werden. Dazu gehört zum Beispiel das Pausenhofkonzert, das im Juni an der Schule am Wasser stattfinden wird. Dabei können sich die Grundschüler auf Percussion-Sessions zum Mitmachen unter freiem Himmel freuen. Auch diese Veranstaltung wird von der Musikwerkstatt der Bremer Symphoniker organisiert und durchgeführt.