Dass das Beste zum Schluss kommt, weiß man spätestens, seitdem die gleichnamige Tragikomödie mit den überragenden Schauspielern Jack Nicholson und Morgan Freeman 2007 das Kinopublikum begeisterte. Das Beste kam auch im Nachholspiel der HSG Schwanewede/Neuenkirchen gegen den TSV Bremervörde zum Schluss und machte aus einem sehr mauen Handball-Oberligaspiel beste Popcorn-Unterhaltung mit Kopfschüttelpotenzial. Die uneingeschränkt positive Nachricht des späten Abends war, dass die „Schwäne“ gegen den Siebtplatzierten mit 29:24 (14:11) triumphierten und dadurch in der Tabelle gleich zwei Plätze gutmachten. Über die schwache Angriffsleistung gegen den mit sieben unterklassigen Regionsoberliga-Spielern angetretenen TSV dürfte es bei den Hausherren jedoch im Nachgang einigen Redebedarf geben. Das gilt erst recht für den alles überstrahlenden Schlussakt: der Blauen Karte für HSG-Rückraumspielers Jonas Keller.
59 Sekunden waren noch auf der Uhr und die beiden Punkte für die „Schwäne“ beim 27:24-Vorsprung bereits im Sack, als bei Jonas Keller die Sicherungen durchbrannten. Der Auslöser war ein Foul von Marlon Martens, durch das der Bremervörder Rückraumspieler Marvin Mühlmann in den Schwaneweder Abwehrspieler Kevin Ritter lief. Die Unparteiischen entschieden fälschlicherweise auf ein Stürmerfoul, und das gefiel dem Bremervörder Zwei-Meter-Mann überhaupt nicht. Er gab den Ball protestierend nicht sofort wieder frei, was wiederum den einige Meter entfernt stehenden Jonas Keller auf den Plan rief. Der kam an und mischte die Situation kurzerhand auf, woraufhin er mit dem Protestierenden zu Boden ging. Im Nu stürmten die Gäste-Spieler von der Ersatzbank aufs Feld und es bildete sich vor den 115 vermeldeten Zuschauern eine diskutierende Spielertraube, bei der eine weitere Eskalation zum Glück ausblieb. Die Unparteiischen berieten sich und zeigten Keller die Blaue Karte. „Die Entscheidung ist okay“, sagte HSG-Trainer Thorben Kruse nach Spielschluss. Sein Heißsporn dürfte mindestens für ein Spiel, möglicherweise sogar für mehrere Partien gesperrt werden, wie es im Nachgang hieß.
Das Match selbst wurde mit drei Feldspielern auf Bremervörder und vier aufseiten der Gastgeber fortgesetzt. Marlon Martens nutzte den personellen Vorteil, um die siebeneinhalbminütige Trefferflaute seines Teams mit zwei Toren binnen 17 Sekunden zu beenden. Apropos Martens: der rechte Rückraumspieler stand eineinhalb Minuten vor Ultimo im Rampenlicht, weil er nach einem Foul des TSV-Spielertrainers Adnan Salkic zu Boden ging, sich auf dem Boden kugelte und anschließend kurz das Auge und die Stirn kühlen ließ. Salkic bekam dafür zu Recht nur eine Zeitstrafe, denn er hatte – wie auch ein nachträgliches Videostudium der Situation in Zeitlupe zeigte – Martens lediglich am Hals, bestenfalls am Kinn erwischt.
Doch nun zum eigentlichen sportlichen Kern des Spiels, in dem sich die Hausherren mit Bremervörde sehr schwertaten. Die „Schwäne“ gingen zwar mit einem Drei-Tore-Pausenvorsprung in die Halbzeitbesprechung, ihre Angriffseffizienz von 56 Prozent war dabei aber beileibe nicht das Gelbe vom Ei. „Unsere Chancenverwertung war eine Katastrophe“, tadelte Thorben Kruse. Dafür hielt die HSG-Abwehr den langen, zermürbenden Angriffen der Gäste stand.
Nachdem die Schiedsrichter zum zweiten Durchgang baten, bauten die „Schwäne“ ihren Vorsprung bis auf 21:16 aus (42.). Wer allerdings gedacht hatte, dass die HSG den Sieg nach dem Führungstreffer von Tim Paltinat zum 27:22 (52.) locker nach Hause schaukeln würde, der war schief gewickelt. Denn nun ließen die Gastgeber gute Torchancen aus oder kamen auf haarsträubende Anspielideen, die prompt schief gingen. „Wenn man Teams schlagen möchte, die nicht so ersatzgeschwächt sind, müssen wir eine Schippe drauflegen“, betonte Kevin Ritter, seit zwei Spielen der zurückgekehrte Leitwolf der HSG.