Die Schulter von Cedric Scharnke hielt, und das war wichtig. Seit rund einem Jahr hatte den Rückraumspieler der HSG Schwanewede/Neuenkirchen eine gereizte und entzündete Bizepssehne im Wurfarm schwer zu schaffen gemacht. „Deshalb musste ich mich in den bisherigen Spielen durchwühlen, um entweder einen Siebenmeter herauszuholen oder den Ball irgendwie reinzukugeln“, verriet der Verbandsliga-Handballer seine bisherige Vorgehensweise. Beim 30:25 (12:10)-Heimsieg gegen den Wilhelmshavener HV II war alles anders: „Ceddy“ Scharnke verspürte kaum noch einen Schmerz, er traf schon nach 45 Sekunden zum 1:0 ins gegnerische Tor und war letztlich mit zehn „Buden“ Schwanewedes mit Abstand erfolgreichster Werfer.
„Es hat unheimlich Spaß gemacht, ihm zuzusehen“, freute sich sein Trainer Thorben Kruse über die Leistungsexplosion des früheren Jugendbundesligaspielers, der über Schlag- und Sprungwürfe ein reichhaltiges Repertoire abrief. Scharnke war zugutegekommen, dass bei seinem dualen Studium seit einiger Zeit das Arbeiten im Vordergrund steht. So konnte er den Freiraum nutzen, um sich im Kraftraum intensiv mit Gewichten und dem Theraband um den Aufbau von entlastender Muskulatur zu kümmern. Die aktuelle Euphoriewelle im HSG-Team durch die mittlerweile 15:1 eingefahrenen Punkte in Folge trug ein Übriges zur Tor-Gala des 22-Jährigen bei. „Während du bei der Negativserie in der Hinrunde lieber einen Alibi-Pass spielst, wirfst du jetzt voller Selbstvertrauen drauf. Weil du davon ausgehst, dass der Ball notfalls in der Deckung wieder zurückerobert wird“, klärte er auf.
Das HSG-Team war ins Spiel gegen den bis dato Drittplatzierten aus der Jadestadt mit einer anderen Aufstellung als gewohnt gestartet. Da Marco Wilhelms krankheitsbedingt geschwächt war, durfte Malte Luhrmann von Beginn an auf halbrechts ran. „Das war die Belohnung für seinen ständigen Trainingsfleiß“, sagte Thorben Kruse. Am Kreis und im Deckungszentrum spielte John Westermeier anstelle des Platzhirschen Lars Winkel, um die gefährlichen Würfe des Gegners zu blocken. Das Vorhaben, die Drittliga-Reserve ins Zeitspiel zu bringen und daraus den Ball zu erobern, ging voll auf. „Wir hatten Wilhelmshaven zehn Mal im Zeitspiel und haben uns daraus den Ball acht, neun Mal durch Blocken oder die Zusammenarbeit mit dem Torwart geholt“, sagte der HSG-Trainer. Die Gäste waren zwar wie erwartet mit nur zehn Spielern angereist, „das war aber immer noch eine wirklich, wirklich starke Truppe“, betonte Thorben Kruse gleich doppelt. Er sah seine Mannschaft nahezu auf sämtlichen Positionen top aufgelegt, dennoch musste sie sich die Treffer gerade im ersten Durchgang hart erarbeiten. Nach dem 10:10 setzten sich die Hausherren auf 13:10 ab und gaben die Führung trotz starker Gegenwehr nicht mehr aus der Hand. Auf mehr als zwei Treffer schmolz der Vorsprung nicht zusammen (19:17/45.).
„Wir haben gegen Wilhelmshaven zwei „Big Points“ eingefahren“, sagte Kruse. Seine Mannschaft festigte mit 20:18 Punkten den fünften Platz, bis Rang sieben werden die Direkttickets für die künftige Oberliga Nordsee vergeben. Die Zukunft von Cedric Scharnke wird beim HSG-Teammanager Henning Schomann bislang noch als offen gelistet. Wie es mit ihm weitergeht, wollte der Rückraumschütze kurz nach dem Spiel nicht verraten: „Da bin ich noch im Austausch mit Henning.“