Thorben Kruse tauchte erst einmal ab. Der Handballtrainer der HSG Schwanewede/Neuenkirchen war weder nach der 21:29-Niederlage in der Handball-Oberliga bei der HSG Grüppenbühren/Bookholzberg noch am Tag darauf für diese Zeitung zu sprechen. Ihm war schon während des Matches, insbesondere aber nach dem Abpfiff im Oldenburger Landkreis anzusehen, dass ihn die Rückkehr nach nur einem Oberligajahr in die Verbandsliga schwer getroffen hat. Diesen harten Schlag in seiner jungen Laufbahn als allein verantwortlicher Trainer einer Männermannschaft musste der B-Lizenzinhaber erst einmal verdauen.
Seine Spieler müssen sich derweil für ihre Abschlusstour über Pfingsten nach Mallorca wohl oder übel eine neue Idee für ihr Motto-Shirt ausdenken. Denn der Spruch des vergangenen Jahres, „Hinrunde ist etwas für Anfänger“, in Anlehnung an die fulminante Rückrunde mit 22:4 Punkten, dank derer sie sich den Oberliga-Aufstieg erkämpft hatten, passt dieses Mal nicht wirklich. Eine Etage höher folgten zwar nach vier mageren Zählern in der Hin- stattliche 13 Pluspunkte in der Rückrunde, die reichten aber eben nicht zum Klassenerhalt. Dennoch spendete der langzeitverletzte Kapitän Niklas Mechau seinen Mitspielern unmittelbar nach dem K.o. in Bookholzberg Trost: „Ich bin auf jeden einzelnen von uns unfassbar stolz, was für eine starke Rückrunde wir gespielt haben.“
Unter dem Strich fehlte aber eben ein einziger Zähler zum Klassenerhalt. Auch, weil andere Teams eine noch fulminantere zweite Saisonhälfte hingelegt hatten. Die HSG Delmenhorst zum Beispiel, die sich mit dem ehemaligen Grambker Niklas Kowalzik als vorderster Abfangjäger einer sehr offensiven Abwehr und dem Ex-Schwaneweder Jugendspieler Etienne Steffens in zentraler Deckungsposition dank des Endspurts von 13:3 Punkten aus der gefährdeten Zone auf den achten Platz katapultierte. „Die hätten wir schlagen müssen, aber zu Hause waren wir denen beim 29:30 emotional nicht gewachsen gewesen. Das war auch beim 28:30 im Rückspiel der Knackpunkt gewesen“, betrachtet der „Schwäne“-Teammanager Henning Schomann rückblickend.
Und dann war da noch die Drittligareserve des OHV Aurich, die sich in der Rückrunde komplett neu formierte und sich – fast abgeschlagen im Tabellenkeller – mit 19:7 Zählern in Folge auf den zehnten Rang ballerte. „Der radikale Auricher Kaderumbau ist für uns zwar unglücklich, aber die Regeln lassen das zu. Wenn wir es könnten, hätten wir das nicht anders gemacht,“, nimmt der HSG-Kreisläufer Lars Winkel die bittere Auswirkung auf sein Team sportlich. Es könnte für die „Schwäne“ noch bitterer kommen, da in der Handballszene seit längerem gemunkelt wird, dass die Ostfriesen für die kommende Saison keine Mannschaft zusammenbekommen und sie diese zurückziehen werden. Sollte das tatsächlich zum Start der kommenden Spielzeit geschehen, wäre der OHV der erste Oberliga-Absteiger 2025/26.
Henning Schomann hält auch nach dem Abstieg an seinem Trainer fest. „Ich plane mit ihm für die nächste Saison.“ Das Problem sei ja gewesen, dass die Mannschaft in den vergangenen Jahren einen stetigen Aderlass von wichtigen Routiniers kompensieren musste. „Da muss ich mich vielmehr selbst in meiner Funktion infrage stellen, weil ich die Abgänge nicht adäquat ersetzen konnte“, betont er. „Und wenn wir es ehrlich betrachten, haben wir in den vergangenen zwei Jahren vier, fünf Monate guten Handball gespielt, während der Motor in der restlichen Zeit gestottert hat“, so der Teammanager weiter. Er hätte mit seinem Team vor der Oberligasaison den viertletzten Platz angepeilt, alles andere wäre Wahnsinn gewesen. „Wir mussten ja erst unseren Rhythmus finden und haben dabei auch noch von Beginn an unter Druck gestanden. Und es fehlte uns ein Führungsspieler, der acht, neun Tore wirft“, argumentiert Schomann.
Wie sich der Abstieg personell auf die „Schwäne“ auswirken wird, dürfte sich wohl erst in den nächsten Tagen zeigen. „Als ich ab Februar die Kadergespräche geführt habe, ging es angesichts unseres ungesicherten Ligaverbleibs nicht um die Spielklasse, sondern um einen generellen Verbleib in der HSG. Daher erwarte ich von den Spielern, dass sie ihre Zusagen einhalten“, spricht Schomann Klartext.
Trotzdem dürfte er nicht darum herumkommen, die Bereitschaft seiner Akteure, für den Verein auch in der Verbandsliga an den Start gehen zu wollen, erneut abfragen zu müssen. Denn dass der ein oder andere Akteur spätestens jetzt die Begehrlichkeit von Oberligaklubs wecken wird, wäre keine Überraschung. Andererseits gebe es zurzeit auch noch zwei junge externe Talente, mit denen Henning Schomann bezüglich eines Wechsels in den Landkreis Osterholz in Kontakt stehe.
Den Start in der Verbandsliga hält der Teammanager für seinen Kader für gesünder: „Status quo sind wir dort besser aufgehoben.“ Denn mit vermutlich mehr Siegen im Rücken könne sich das immer noch junge Team nach den neuerlichen Spielerabgängen wohl besser festigen und weiterentwickeln. „Uns dort neu zu sortieren, kann unserer Psyche nur guttun. Wir bleiben ja auch in der Verbandsliga das Aushängeschild unseres Vereins“, findet Lars Winkel. „Der Aufstieg sollte meiner Meinung nach nicht als direktes Ziel ausgerufen werden. Durch unsere Abgänge muss sich die Mannschaft wieder ein wenig neu erfinden. Wenn es sich während der Saison doch so entwickeln sollte, dass wir ganz oben mitspielen, bin ich der letzte, der etwas dagegen hat“, gibt Niklas Mechau zu verstehen. Thorben Kruse, der mittlerweile die erste Enttäuschung hinter sich gelassen hat, sieht es ähnlich: „Unsere Qualität ist schwer einzuschätzen, für die Top drei werden wir uns wahrscheinlich strecken müssen. Das hängt aber davon ab, was noch im Kader passiert.“