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Vegsacker Einkaufszentrum wird Stadtquartier Der große Abriss-Plan

Im nächsten Jahr soll mit dem Bau des neuen Stadtquartiers am Hafen begonnen werden. Doch davor kommt noch ein anderes Großprojekt: der Abriss des Haven Höövt.
27.03.2020, 05:22 Uhr
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Der große Abriss-Plan
Von Christian Weth

Vegesack. Auf dem Papier ist der Name „Haven Höövt“ bereits getilgt. Aus dem leer geräumten Einkaufszentrum soll nun ein „Stadtquartier am Hafen“ werden. So sieht es der Entwurf der Architekten vor. Doch es gibt noch einen anderen Plan, der ebenso detailreich ist wie der erste. Er beschreibt, was kommen muss, ehe das neue Viertel für Vegesack überhaupt gebaut werden kann: der Abriss von 28 000 Quadratmetern Geschossfläche, was in etwa vier Fußballfeldern entspricht.

Max Zeitz hat oft beschrieben, welche Dimensionen das Bauvorhaben haben wird. Jetzt beschreibt der Mannheimer Projektentwickler, wie groß der Plan ausfällt, um aus der 1,5-Hektar-Fläche erst einmal eine freie Fläche zu machen. Zeitz spricht von Monaten, die es dauern wird, bis das Haven Höövt abgerissen ist. Er kommt auf fünf – und damit auf fast ein halbes Jahr. Für den Bau des neuen Stadtquartiers veranschlagt er eine sechsmal so lange Zeitspanne: drei Jahre.

Wie der Abriss des Einkaufszentrums ablaufen soll, diskutieren Zeitz' Architekten fast genauso lange wie den Bau des Viertels. Seit vergangenen Sommer liegt ein Ablaufplan vor, der immer umfassender wird. Der Projektentwickler weiß inzwischen nicht bloß, wann die Arbeiten in der Regel morgens beginnen und abends enden sollen – um 7 beziehungsweise 17 Uhr, sondern auch, wie viele Lastwagenladungen an Schutt abtransportiert werden – mindestens 1000.

Zeitz sagt, dass das viele sind. So viele, dass der Baustellenverkehr eine eigene Route bekommt. Um die Straße Zum Alten Speicher für Kunden des Einkaufscenters Kontor und Mitarbeiter der Lürssen-Werft frei zu halten, sollen die Lastwagen die Zufahrt der Feuerwehr nehmen. Nach Ansicht des Projektentwicklers ist das die beste Lösung für alle. Genauso wie die, gleich auf dem Gelände die Baustoffe zu recyceln, um die Zahl der Lastwagen so gering wie möglich zu halten.

Festgelegt ist mittlerweile noch mehr. Zum Beispiel, dass sich die Abrissarbeiter auf dem Gelände von hinten nach vorne durcharbeiten sollen – und in den Gebäuden von oben nach unten. Alles muss raus: Treppen, Fahrstühle, Heizungen, die Technik, die Elektrik. Zeitz spricht vom inneren Abriss. Und davon, dass er länger dauert als der Äußere. Nach seinem Zeitplan wird es drei Monate brauchen, um die Gebäude zu entkernen und zwei, um ihre Mauern einzureißen.

Stück für Stück soll das gemacht werden – und deshalb nicht mit einer Abrissbirne, sondern mit Baggern, die statt einer Schaufel eine überdimensionale Kneifzange am Ende des Hydraulikarms haben. Ihre Fahrer sollen dabei vorsichtig vorgehen. Weg soll nämlich nur, was über dem Boden ist, und nicht, was darunter liegt. Zeitz sagt, dass die Keller erhalten bleiben und umfunktioniert werden: mal zu einer Tiefgarage, mal zu einem Lager.

Wie viele Maschinen und Menschen auf der Baustelle sein werden, kann Zeitz noch nicht genau abschätzen. Er geht davon aus, dass zunächst mehr Arbeiter als Geräte zum Einsatz kommen. Und dass die Anwohner in den ersten Monaten weniger vom Abriss mitbekommen werden als später, wenn sich die Aktivitäten von drinnen nach draußen verlagern. Anders als beim Bau des Quartiers, an dem viele Unternehmen beteiligt sind, wird der Abriss von einer einzigen Firma übernommen.

Eigentlich sollte das Entkernen der Gebäude im vergangenen Monat begonnen haben. Doch aus dem Februar-Termin wird jetzt voraussichtlich ein April- oder Mai-Termin. So genau kann Zeitz das noch nicht sagen, weil niemand weiß, ob es wegen der Corona-Krise auch zu Einschränkungen in der Baubranche kommt. Momentan, sagt der Projektentwickler, gibt es keine. Oder zumindest nicht solche, die einen Abriss beziehungsweise einen Neubau unmöglich machen.

Dass sich der Beginn der Arbeiten verzögert hat, ist keine Folge des Virus, sondern hat mit Änderungen der Quartierspläne zu tun. Und denen, sagt Zeitz, konnte die Baudeputation erst im Januar zustimmen. Der Projektentwickler hat ein neungeschossiges Büro- und Wohngebäude, das viele Vegesacker für zu hoch und zu wuchtig halten, quasi gedreht: Jetzt steht das sogenannte Packhaus nicht mehr mit der Vorderseite, sondern der Schmalseite zum Alten Speicher, der unter Denkmalschutz steht.

Es ist nicht die einzige Planänderung. Auch die Höhe der Gebäude, die an der Friedrich-Klippert-Straße liegen, sind von sechs auf fünf Geschosse reduziert worden. Zeitz sagt, dass es beim Mieter, der Polizei, aber bleibt – wie auch bei allen anderen. Der Projektentwickler spricht von der Hilton-Gruppe, die das geplante Hotel betreiben wird. Vom Deutschen Roten Kreuz, das die Kita übernimmt. Und von der Stiftung Friedehorst, die das Konzept des Betreuten Wohnens umsetzt.

Ungefähr 600 Menschen werden nach Rechnung von Zeitz später im neuen Viertel am Hafen wohnen und arbeiten. Er rechnet damit, dass der Abriss – auch wenn er sich ein weiteres Mal verzögern sollte – im Spätherbst abgeschlossen ist. Und dass der Bau des neuen Quartiers nicht unmittelbar im Anschluss, sondern voraussichtlich im ersten Quartal des nächsten Jahres beginnen wird. Der 300 Meter lange Bauzaun wird allerdings schon vorher aufgestellt: für den Abriss des geräumten Einkaufscenters.

Wie viel der am Ende kosten wird, sagt der Projektentwickler nur so ungefähr. Ihm zufolge geht es um einen Millionenbetrag, der in einem anderen und größeren Millionenbetrag enthalten ist: in dem für das gesamte Bauvorhaben am Vegesacker Hafen. Anfangs hatte Zeitz von einem Investitionsvolumen von 70 Millionen Euro gesprochen, inzwischen spricht er von einem Betrag, der im Lauf der Jahre um knapp 60 Prozent größer geworden ist – von 110 Millionen Euro.

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