„Du hast eine unangenehme Situation erlebt, weil Dir jemand zu nah gekommen ist?“ Diese Frage steht auf den Plakaten, die Jonas Romstadt, Rosalia Spieß und Sarah Domdey in diesen Tagen in den katholischen Kirchen in Blumenthal und Grohn verteilen. Die drei Gemeindeglieder haben ein Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt in der Heiligen Familie Grohn und dem St. Marienzentrum entwickelt und eine Hotline für Anrufer freigeschaltet.
„Sexueller Missbrauch passiert häufig dort, wo Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse existieren – leider auch immer wieder in Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen. Das ist besonders traumatisch für solche, die sich nicht oder nur in begrenztem Maße selbst schützen können“, schreibt Jonas Romstadt in der aktuellen Kirchenzeitschrift. Gemeinsam mit Rosalia Spieß und Sarah Domdey will der Pädagoge aus dem Landkreis Osterholz-Scharmbeck auf das neue Schutzkonzept der beiden katholischen Gemeinden in Bremen-Nord aufmerksam machen. „Kirche soll ein Schutzraum sein“, sagt der 25-Jährige.
Bereits seit vergangenem Frühjahr treffe sich die Arbeitsgruppe, berichtet die 23-jährige Sarah Domdey. Hintergrund des Projekts sei das vom Bistum in Hildesheim von allen Gemeinden geforderte Schutzkonzept gewesen. Alle Drei haben dafür an einer Fortbildung teilgenommen. Es sei zum Beispiel darum gegangen, typische Täter-Strategien frühzeitig zu erkennen und kritische Situationen so weit wie möglich zu vermeiden. Auch bauliche Strukturen, die sexualisierte Gewalt und Missbrauch begünstigten, sollen erkannt und beseitigt werden, so Jonas Romstadt. Dass sich die Gruppe um ein solches Konzept bemüht hat, begründet Jonas Romstadt mit dem beruflichen Hintergrund: „Uns liegt dieses Thema schon von Berufswegen am Herzen.“ Domdey ist Sozialarbeiterin, Spieß und Romstadt sind Pädagogen.
Rund 50 Kinder werden aktuell in den beiden Kirchengemeinden in Grohn und Blumenthal betreut. Zu ihren selbst gesteckten Aufgaben werde es in Zukunft auch gehören, auch Schulungen für die jeweiligen Gruppenleiter in den Gemeinden zu organisieren, so Rosalia Spieß. „Wir sind die Leute vor Ort, die zwischen der Präventionsbeauftragten in Hildesheim und der Gemeinde stehen“, erläutert die 24-Jährige aus Bremen-Nord.
Aktuell sei alles noch reine Theorie. Einen Hilferuf habe es bisher nicht gegeben, berichten die Ehrenamtlichen. Das Team will nun dazu beitragen, weiterhin einen Umgang zu etablieren, in dem Vertrauen und Zugewandtheit vorherrschen. Die Gemeindeglieder hoffen, dass ihnen dabei hilft, dass sie sich auch sonst aktiv zum Beispiel in der Arbeit mit Ministranten oder beim außerschulischen Religionsunterricht einbringen. Die Gruppe kann sich auch vorstellen, in Zukunft Präventionstage zu organisieren. Gern wollen sie sich nach Corona auch mit anderen Gemeinden, auch den evangelischen Kirchen, austauschen. „Wenn wir etwas zu Kinderrechten machen“, sagt Jonas Romstadt, „dann fragen wir uns natürlich, ob wir es nicht in Kooperation mit anderen machen können.“
Telefon für Hilfesuchende
Wer selbst unangenehme Erfahrungen gemacht oder eine Situation beobachtet hat, in der andere Personen von Gewalt betroffen waren, kann sich telefonisch bei dem Schutz-Team unter 0421/6260429 oder per E-Mail (schutzkonzept@heiligefamiliegrohn.de und schutzkonzept@sanktmarienzentrum.de) melden.