So etwas wird den Jugendlichen, die nach den Ferien in die achte bis zehnte Jahrgangsstufe wechseln, an ihren Schulen nicht geboten. Für den spannenden Einblick ins Gehirn und seine Wirkungsweise haben sie gern einen Ferientag sausen lassen und von 10 bis 17 Uhr an der Jacobs Universität in Grohn eine Menge gelernt. Wie arbeiten Hirn und Körper zusammen? Wie beeinflussen sie sich gegenseitig? Sind sie ein Dreamteam oder gar Gegenspieler? Mit diesen Fragen haben sich die drei Schülerinnen und ein Schüler im Rahmen eines interaktiven Workshops namens "meerMINT" befasst. „Dieser Workshop mit dem Themenschwerpunkt Neurowissenschaften war der Auftakt in Bremen-Nord“, sagt Stützpunktleiterin Juliane Kuhlmann.
Die beiden Doktoranden Hadis Imani und Amir Najafabadi haben die Jugendlichen durch den Tag begleitet und ihnen jede Menge Wissen mit auf den Weg gegeben. Zunächst theoretisch – und auf Englisch. „Everything is controlled by our brain“, hören die Schülerinnen und Schüler und erfahren etwas über Synapsen, Dopamin, Neurotransmitter und Neuronen. „Wie steuert das Gehirn unser Verhalten und unseren Körper? Wie wissen wir, was im Gehirn vor sich geht und wie können wir es beeinflussen?“, sind die Fragen, denen Ben Godde, Professor für Neurowissenschaften an der Jacobs Universität, täglich nachgeht. Die Labore, in denen er und seine Studenten Hirnforschung betreiben, werden die Jugendlichen nach der theoretischen Einführung auch kennenlernen. „Der Zweck dieses Workshop ist es, etwas Praktisches anzubieten“, erzählt Amir Najafabadi. „Es ist schön mit Schülern und Schülerinnen zu arbeiten. Sie sind in einem guten Alter und sehr aufgeschlossen“, fügt der Doktorand hinzu. Außerdem könnten die Jugendlichen von ihrem Tagesausflug in die Neurowissenschaften auch etwas für ihr tägliches Leben mitnehmen. „Sie lernen zum Beispiel viel über Schlaf und Konzentration.“
Lernen sei an der Uni ein wichtiges Forschungsthema, berichtet Professor Godde. Es lasse sich messen, was sich im Gehirn verändert, wenn wir lernen. Einen Blick richten die Wissenschaftler auch auf motorisches Lernen. „Wie halten wir Gleichgewicht? Wie können wir balancieren?“ Gerade ältere Menschen, die in ihrer Motorik verunsichert seien, könnten mit den Erkenntnissen aus der Hirnforschung trainieren, wieder besser laufen zu können. Ein anderes Thema: Kreativität. „Wie macht es das Gehirn, dass wir kreativ sind, dass es etwas Neues entwickeln kann?“ Fest stehe: „Wir müssen unser Gehirn immer wieder fordern. Das gesunde Gehirn baut ab, wenn es nicht gefordert ist.“ Routine mag unsere Schaltzentrale gar nicht. Mit Routine, erklärt der Fachmann, ist unser Gehirn unterfordert. Messen ließen sich die Gehirnströme im Übrigen auch schon außerhalb eines Labors, fügt Professor Godde hinzu und setzt sich ein Stirnband auf, das die Aktivität im Gehirn misst. Die Ergebnisse kann er über sein Smartphone abrufen.
Dann starten auch für die Schülerinnen und Schüler die Experimente. Sie stülpen sich Kappen auf ihre Köpfe und können am Computerbildschirm die elektrische Aktivität des Gehirns betrachten. Dabei beobachten sie, wie sich die Hirnströme ändern, wenn sie die Hand bewegen oder die Augen. Auch spannend: wie man mit der Atmung die körperliche Reaktion beeinflussen, sich also hochpushen oder beruhigen kann. Für die 13-jährige Carlina Heutling war die Übung zur Konzentrationsfähigkeit besonders beeindruckend. „Dabei haben wir mit unseren Gedanken ein Boot gesteuert.“ Ihr haben vor allem die Experimente gefallen, sagt Sophie Meschalkin (14). „Und gleichzeitig konnte ich mein Englisch verbessern.“ Der 15-jährige Richard Stoppok fand die Übungen „auf eine gewisse Weise herausfordernd“. Anfangs sei nicht alles gleich einfach zu verstehen gewesen. „Aber mit den Experimenten wurde es dann klar“, berichtet der Schüler, dessen Gehirn auf jeden Fall jede Menge Futter bekam. „Das muss ich jetzt erstmal alles verarbeiten.“