Vegesack. „Wilde Gedichte ohne Reim und Rhythmus zu machen, interessiert mich eigentlich nicht“, sagt Jochen Windheuser. Er bevorzuge die strenge Form: Im Limerick ist die Zahl der Zeilen vorgeschrieben, ebenso wie das Reimschema und sogar die Hebungen und Senkungen innerhalb einer Zeile. Und auch das Sonett, bekannt geworden vor allem durch William Shakespeare, bietet ein Formschema, in dem poetische Laxheit tabu ist. Die Vierzeiler müssen sich in der ersten und letzten sowie in der zweiten und dritten Strophe reimen, und ein jambischer Rhythmus, mit Betonung auf der zweiten Silbe eines Verses, ist Vorschrift. So wird im Limerick wie im Sonett eine Art Korsett vorgegeben, in das sich die möglichst wohlklingenden Laute fügen müssen.
Jochen Windheuser hat sich in zwei neuen Büchern diesen Herausforderungen gestellt: in einer Sammlung von Limericks, die in Bremen-Nord angesiedelt sind, sowie in Sonetten, die Heldinnen und Helden aus mehreren Jahrhunderten porträtieren.
Leidenschaft des Schreibens
Geboren 1946 im Ruhrgebiet, lebt Jochen Windheuser heute in Vegesack. Er studierte Psychologie und war im Bereich Erziehungsberatung und Psychiatrie tätig. Bis zu seiner Emeritierung im Jahre 2011 lehrte er an der Universität Osnabrück. Im Ruhestand kann er sich der Leidenschaft des Schreibens widmen, und wie gut er das beherrscht, hat er bereits in seinem Islandroman „Ingólfur“ unter Beweis gestellt. Nun zeigt er, dass er auch in der Lyrik durchaus ein Könner ist.
Seine nur scheinbar simplen Limericks behandeln ausschließlich den Bremer Norden, wobei jeweils ein Ortsteil der drei Stadtteile Blumenthal, Vegesack und Burglesum mit einem eigenen Limerick gewürdigt wird. Allerdings bekennt Jochen Windheuser, dass er bei Namen wie Rönnebeck, Marßel oder Grambke Schwierigkeiten hatte, passende Reimwörter zu finden.
Der Formstrenge zum Trotz wird der Leser bestens unterhalten. Die gereimten Scherze leben oft von Situationskomik, wenn zum Beispiel einem Hobbykoch aus Rekum ein Blitz in seinen Grill fährt. Zwar lässt der plötzliche Hitze-Einschlag das Fleisch sofort gar werden, doch den Koch verstummen.
„Ich habe schon immer mit Limericks herumexperimentiert und einige in der Blumenthaler Schreibwerkstatt Literaturpforte vorgelesen“, sagt Jochen Windheuser. „Das hat mich ermutigt, sie nun in einem Bändchen zusammenzufassen.“ Die passenden Zeichnungen von Charline Alcantara illustrieren gut gelaunt die Limericks zu Bremen-Nord.
Bei Sonette an Heldinnen und Helden, seinem zweiten Buch aus diesem Jahr, habe ihm Martin Hausmann, der Sohn des Bremer Dichters Manfred Hausmann (1898 bis 1986) geraten, sie zu veröffentlichen. „Die Sonette haben teilweise einen persönlichen Bezug“, sagt Jochen Windheuser, „weil mir einige der porträtierten Männer und Frauen viel bedeutet haben“. Es sind Helden ohne Schwert in der Hand, die Windheuser vorstellt. Sie kämpfen für Frieden, Freiheit oder Toleranz, setzten sich gegen Unterdrückung oder gegen die Hexenprozesse ein oder haben ihr Leben für den Dienst an anderen Menschen geopfert.
Die meisten ereilt ein schlimmes Schicksal: In zurückliegenden Zeiten landeten sie auf dem Scheiterhaufen oder auf dem Schafott, in jüngeren Zeiten im Konzentrationslager oder vor dem Erschießungskommando. Darunter sind Unbekannte wie eine isländische Häuptlingstochter aus dem zehnten Jahrhundert, Weltberühmte wie Mahatma Gandhi und Nelson Mandela, aber auch der „Antiheld“ Franz Schubert, der einem verkorksten Leben, das nur 31 Jahre währte, eine ungeheure Zahl an Kompositionen abrang. Und auch ein Nordbremer ist dabei: der Blumenthaler Leo Drabent, 1899 in Blumenthal geboren, der Widerstand gegen die Nazis leistete und 1944 hingerichtet wurde. Auch die Heldinnen- und Helden-Sonette sind illustriert: Der Nordbremer Autor Dietmar R. Hornbach hat alle Porträtierten mit feinen Bleistiftzeichnungen wiedergegeben.
In Zukunft ist von Jochen Windheuser noch mehr zu erwarten, kündigt der Autor an, zum Beispiel eine Sammlung von Kurzgeschichten. „Ich halte manchmal Augenblicke fest, in denen sich Zeit verdichtet und werde sie irgendwann publizieren“, sagt er. Seit Längerem arbeite er außerdem an einem großen Romanprojekt, das auch schon weit gediehen sei. Der Vorspann zu seinem Limerick-Buch ist selbst ein Limerick: „Einem Schreiber in Bremen-Nord, dem Laufen die Leser fort! Da zieht er vom Leder mit kratziger Feder, schreibt Limericks im Akkord.“ Jochen Windheuser hält akkurat die Form ein und weiß sie souverän mit Inhalten zu füllen. Dass ihm die Leser davonlaufen, ist deshalb wohl kaum zu befürchten.
Hier gibt es die Bücher
Print und online: „Limericks aus dem Bremer Norden“ ist 2020 bei Books on Demand erschienen, hat 34 Seiten und kostet 6,80 Euro. „Sonette an Heldinnen und Helden der Geschichte“ ist gleichfalls 2020 bei Books on Demand erschienen, hat 116 Seiten und kostet in der Printversion 9,80 Euro, als E-Book 6,99 Euro. Beide Bücher von Jochen Windheuser sind in den Buchhandlungen Otto & Sohn, Breite Straße 21, sowie der Lesumer Lesezeit, Hindenburgstraße 57, erhältlich.