„Oh, mein Gorilla ist da“, sagte ein Kind, als die Keramikfiguren auf dem Kita-Gelände herangefahren und aufgebaut wurden. In Zusammenarbeit mit dem Atelier „Mauern öffnen“ haben rund 80 Kinder im Kinder- und Familienzentrum Alt-Aumund Tiere des Dschungels geformt und bemalt – als kleine Modelle, die anschließend von Insassen der Justizvollzugsanstalt (JVA) Oslebshausen als große Keramikskulpturen nachgebildet wurden. Anleitung und Unterstützung erhielten sie dabei von den Bildhauerwerkstätten des Ateliers „Mauern öffnen“, zu dem eine Jugend-, Erwachsenen- und Außenwerkstatt gehören. Gefangene Männer, Jugendliche, Freigänger und Langzeitarbeitslose können dabei einer regelmäßigen künstlerischen Arbeit nachgehen und werden von zwölf Künstlern angeleitet. In vielen Fällen finden die Werke den Weg in eine breite Öffentlichkeit. Die Arbeit von „Mauern öffnen“ wird von den senatorischen Behörden für Kultur sowie Justiz in Bremen und der Karin und Uwe Hollweg Stiftung finanziell unterstützt und ist in ihrer Art einzigartig in Deutschland. Da es „Mauern öffnen“ gelingt, die kulturelle Arbeit mit Strafgefangenen in der Gesellschaft zu verankern, hat sich der Verein weithin einen Namen gemacht.
„Unser Dschungeltier-Projekt hat rund ein dreiviertel Jahr gedauert und wurde aus mehreren Quellen finanziert, zum Beispiel der Bremer Kinder – und Jugendstiftung oder Globalmitteln des Beirats Vegesack“, sagt Nicole Selking, Leiterin des Kinder- und Familienzentrums Alt-Aumund. Dabei war das Vorhaben insgesamt ein partizipatorischer Prozess, bei dem die Kleinen von Anfang an mit einbezogen wurden. Denn an der Kita des Kinder- und Familienzentrums Alt-Aumund ermöglicht ein Kinderparlament, dass alle Kinder selbständig aktiv werden. In sozialer Gemeinschaft können sie mit und von anderen Kindern lernen und Selbstwirksamkeit erleben. Mit dem Kinderparlament hat das Kinder- und Familienzentrum Alt-Aumund einen wichtigen Schritt in Richtung Umsetzung von Kinderrechten getan.

„Wir haben die Kinder gefragt, welche Art von Skulpturen sie sich wünschen – und da standen Tiere aus dem Urwald an erster Stelle. Aber auf den Figuren sollte man auch sitzen können, und es musste unbedingt auch ein Jeep dabei sein, um den Dschungel zu erforschen“, sagt Nicole Selking.
„Wir haben uns zunächst angeschaut, welche Tierarten überhaupt in einem tropischen Regenwald leben – und dabei haben die Kinder natürlich auch viel über diesen Lebensraum und seine Bewohner gelernt“, sagt sie. Im Kleinformat haben dann alle 80 Kita-Kinder die Vorlagen für die JVA-Insassen geschaffen: aus selbst härtendem Ton die Figuren geformt und anschließend bemalt – so entstanden Dschungeltiere, die mal naturgetreu aussehen, mal eher Fantasiegebilde sind, wenn zum Beispiel eine Schlange Flügel am schlanken Leib hat. Als die Mitglieder des Ateliers schließlich Gorilla, Schimpanse oder Papagei zur Kita brachten, war die Freude der Kinder überwältigend, so Nicole Selking. „Die Tiere sind inzwischen nicht nur fester Bestandteil der Kita, mit denen viel gespielt wird, sie werden von den Kindern auch gestreichelt, und einigen wird sogar regelmäßig Futter gebracht“, sagt sie.

„Und für die Insassen der JVA, die bildhauerisch tätig wurden, blieb genügend Spielraum, ihre Individualität zum Ausdruck zu bringen“, sagt Nicole Selking. Das Projekt ist ein wichtiger Bestandteil ihrer Resozialisierung, bei der Kreativität, aber auch Arbeitsdisziplin und Planung trainiert werden. Ob ruhender Tiger oder aufgerichteter Gorilla, der seine Fäuste ballt – man sieht den Figuren an, dass ihre Schöpfer mit viel Herz und Geschick dabei waren.