Wenn Fäden, Schnüre oder auch Taue ineinander verschlungen oder verwickelt werden, entsteht etwas Neues: ein Knoten, der die verschiedensten Formen annehmen kann. Allein eine Krawatte lässt sich auf 85 verschiedene Arten binden. Knotige Vielfalt kann sich aber auch bei Armbändern, Schlüsselanhängern oder Seilen zeigen.
Die Internationale Gilde der Knotenmacher ist mit 32 Mitgliedern aus neun Nationen derzeit im Vegesacker Geschichtenhaus zu Gast. Die Knotenfans zeigen, was man aus Knoten alles machen kann. Kinder wie Erwachsene können an Mitmachstationen Knotentechniken erlernen oder Seile herstellen. Bob Dollar aus den USA zum Beispiel zeigt Kindern, wie sie in wenigen Minuten durch das Knoten farbiger Schnüre Schlüsselanhänger anfertigen können, die sie mit nach Hause nehmen dürfen. „Ich will dazu beitragen, das Interesse am Thema Knoten zu wecken“, sagt Bob Dollar.
Das Binden von Knoten ist eine zum Teil hoch entwickelte Kulturtechnik. Ihrer Erforschung hat sich die Internationale Gilde der Knotenmacher verschrieben, die sich zwei Mal jährlich trifft. Der Verein, der 1982 gegründet wurde, verfügt inzwischen auch in Deutschland über eine eigene Sektion und widmet sich allen Aspekten des vielfältigen Themas Knoten – in der Theorie wie in der Praxis. Die verschlungenen Gebilde sind ein eigenen Bereich einer komplexen Mathematik, doch auch aus dem Alltag sind Knoten nicht wegzudenken. Sogenannte Endlosknoten zum Beispiel können als Zierschmuck dienen und als Anhänger getragen werden.
Knoten lassen sich aus verschiedensten Materialien machen, sei es Hanf, Seide oder Leder, und sie können lebenswichtig sein, bei der Arbeit und in der Freizeit: Segler brauchen sie, um Boote und Schiffe festzumachen, Kletterer, um sich an Felsen zu verankern, Angler, um Haken und Schnur zu verbinden, Chirurgen, wenn sie Wunden vernähen.
Der Netzmacher Heino Köster aus Bremen-Nord hatte dazu angeregt, das internationale Treffen diesmal im Vegesacker Geschichtenhaus stattfinden zu lassen. Mitglieder aus England, Frankreich, Norwegen, den USA und anderen Ländern sind dazu angereist. Matthias Böving aus Mühlheim an der Ruhr, Vorsitzender der Deutschen Fraktion der Internationalen Knotengilde, zeigt auf seinem Tisch Taue, die zu Seejungfrauen verknotet sind. Auf einem Paddel ist die große Vielfalt der Knoten, die in der Seefahrt gebräuchlich sind, zu sehen. Böving hat auch das Werkzeug dabei, das man für das Knoten machen und lösen braucht, zum Beispiel einen Fitt aus hartem Holz, der zum Aufbrechen fester Knoten an Bord eines Schiffes dient. Denn Knoten müssen nicht nur geschlungen, sondern manchmal eben auch gelöst werden, wenn sie fest sitzen. Wenn Knoten buchstäblich unlösbar sind, hilft ein Matrosenmesser, dickes Tauwerk zu durchschneiden.
Die deutsche Fraktion, die nach Vegesack gereist ist, setzt sich unter anderem aus Seeleuten, Hobbyseglern, aber auch Buchhändlern zusammen, die alle ihre speziellen Knotentechniken pflegen. Doch auch neue Knotentechniken sind angesagt: „Moderne, synthetisch hergestellte Stoffe müssen heute anders geknotet werden“, erläutert Matthias Böving. „Und manche Knoten werden heute nicht mehr gebraucht, weil zum Beispiel Schiffe und Boote inzwischen häufig mit Plastikverbindungen festgemacht werden. Doch wir arbeiten daran, die alte Tradition des Knotenmachens am Leben zu erhalten. Unsere Aufgabe ist die Erforschung und Überlieferung historischer Techniken und Traditionen an kommende Generationen.“
Die Stände der Internationalen Knotengilde im Vegesacker Geschichtenhaus, Zum Alten Speicher 5 a, lassen sich noch am Freitag und Sonnabend, 4. und 5. Oktober, jeweils von 10 bis 17 Uhr, sowie am Sonntag, 6. Oktober, 10 bis 16 Uhr, besuchen. Der Eintritt ist frei.