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Kolumne Weihnachtsmann gesucht

Was tun, wenn der Weihnachtsmann - ohne es zu merken - ein Geschenk wieder mitnimmt? Lesen Sie es hier...
24.12.2021, 06:00 Uhr
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Weihnachtsmann gesucht
Von Patricia Brandt

Der Weihnachtsmann war nur ein einziges Mal in unserem Haus. Danach ist er nicht mehr wiedergekommen.

Vielleicht fand er es gewöhnungsbedürftig, dass wir acht Erwachsenen ihn schon an unserer Einfahrt abfingen und – 1a von meinem Schwiegervater gedeckt – in die Garage bugsierten. Die Kinder sollten doch nichts mitbekommen. In der Garage selbst wurde es etwas unübersichtlich, weil jeder von uns ein bis drei Geschenke in seinen Sack stopfen wollte. Ich vermute, dem Weihnachtsmann wurde es da schon zu viel. Er ging jedenfalls erst mal draußen eine rauchen. Vielleicht hat er auch nur telefoniert. Ich weiß es nicht, weil ich den Sack des Weihnachtsmanns befüllte. „Hier passen höchstens die Geschenke für die Kinder rein“, stellte ich fest und erntete böse Blicke von den Verwandten. Der Weihnachtsmann wusste schon, warum er sich hinter die Hecke zurückgezogen hatte.

Ich watete durch ein Meer aus bunten Geschenkkartons, Omas Tüten mit Engelsaufdruck, Farbeimern, den unförmigen, weichen Pullover-Paketen und Gartengeräten. Irgendwo hinter dem Kajak fand ich einen zweiten Sack, den wir ebenfalls bis an den Rand befüllten. Der Weihnachtsmann schulterte beide Säcke. Ich band ihm ein Seil um den Bauch, damit er die restlichen Pakete auf dem Schlitten der Kinder ins Wohnzimmer ziehen konnte.

Dort wurde es richtig schön: Wir traten vor den Weihnachtsmann hin, nahmen ihm die Geschenke ab – wobei es an dieser Stelle wieder etwas unübersichtlich wurde – bedankten uns artig und spielten ihm „Oh, Du Fröhliche“ auf Blockflöten vor. Die Kinder beobachteten uns aus sicherer Entfernung. 

Der eine Ring

Der Weihnachtsmann wirkte sehr glücklich, als er sich verabschiedete. Wir waren enttäuscht, dass der gute Mann weg war – und nicht nur er. „Hast du zufällig so ein kleines Paket gesehen?“, fragte mich meine Mutter, sehr blass. „Da war ein Ring drin…aus Gold...für Deine Schwester. Die Schachtel war auch in dem Sack.“

Spontan bildeten wir Suchtrupps. Wir suchten im Sack für die Erwachsenen-Geschenke, in der Garage, zwischen Haufen von Schleifenband im Wohnzimmer, vorsichtshalber auch in den Lego-Paketen der Kinder und dem Thermo-Büdel mit Omas vorbereiteten Klößen. In einer Küchen-Schublade fand ich einen nicht eingelösten Gutschein für „Einmal Spülmaschine ausräumen“ von Muttertag. Die Kinder beobachteten uns aus noch größerer Entfernung.

„Weihnachten ist wie Ostern“, hörte ich eines von ihnen auf der Treppe sagen. „Nur wilder. Mama hat schon einen ganz roten Kopf“, antwortete das andere.

Erste Suchtrupps sind unterwegs

Wie gut, dass wir anschließend auch bei den Nachbarn suchten. Nur ein paar Straßen weiter entdeckten wir den Ring. Die winzige Schachtel steckte noch immer unten in der letzten Ecke des Sacks des Weihnachtsmannes. Der gute Mann, der gerade Geschenke an die Nachbarskinder verteilt hatte, war zu überrascht, um sich nach der Wiederentdeckung des Rings gegen unsere Küsse zu wehren. Aber er strampelte sehr, als wir ihn ins Auto verfrachten wollten, um ihn Omas Klöße angedeihen zu lassen.

Seit dem Abend warten wir jeden 24. Dezember vergeblich auf den Weihnachtsmann. Warum er nicht wiederkommt? Wir wissen es nicht, vermuten aber, dass er sich in England aufhält, wo es nicht nur an Kellnern und Lastwagen-Fahrern mangelt. Freiwillige Rauschebärte werden dort königlich entlohnt. Die Briten werfen ihren Weihnachtsmännern Säcke voller Geschmeide hinterher, ohne sie ihnen wieder zu entreißen, und füttern sie mit Truthähnen und Christmas-Puddings, was vollkommen angemessen ist. Wenn man bedenkt, wie nervenaufreibend dieser Job ist. Aber Omas Klöße sind wirklich nicht schlecht!

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