Bunte Wimpel, ein Kunstwalk aus Beiträgen eines Fotowettbewerbs, Pop-up-Stores - das sind die jüngsten Ideen, um die Vegesacker Shopping-Meile attraktiver zu machen. Das ist alles nicht schlecht. Der große Wurf ist es jedoch nicht. Denn solche Aktionen übertünchen allenfalls den offensichtlichen Leerstand. Sie packen diesem Übel aber nicht an die Wurzel.
Es ist kein Geheimnis, dass der Online-Handel und die Pandemie dem Einzelhandel zugesetzt haben und noch immer zusetzen. Es dürfte klar sein, dass sich die Fußgängerzonen wandeln werden. Der Online-Handel wird nicht wieder verschwinden. Die Herausforderung für die lokalen Einzelhändler wird es sein, sich einen Teil dieses Kuchens zu sichern. Beispielsweise über lokale Gutscheinsysteme, die die Kaufkraft der Kunden im Stadtteil halten. Auch ein Zusammenschluss örtlicher Onlineshops wäre denkbar - so es diese denn gibt. Dabei muss Vegesack übrigens nicht das Rad neu erfinden. Denn solche Angebote haben sich andernorts bereits bewährt. Ideen dafür gibt es auch in Vegesack. Nur haben sie bisher nicht das Licht der Welt erblickt.
Die Großen der Zunft setzen zudem auf das Erlebnis beim Shoppen. Das Ladenlokal als Third Place gewissermaßen. Also als ein Ort, an dem sich Menschen nach Arbeit oder Schule und vor dem heimischen Sofa gerne aufhalten. Das gelingt in einem Einkaufszentrum freilich leichter als in einer Fußgängerzone. Doch auch hier lohnt ein Blick über den Tellerrand. In einer fortschreitend digitalisierten Welt kann das Smartphone den stationären Einzelhandel womöglich auch gute Dienste leisten. Es gibt bereits ausgefeilte Apps, die deren Nutzer durch Innenstädte navigieren. Händler können ihre Angebote dort ebenso einspeisen wie historische oder ansonsten interessante Orte angepriesen werden können - natürlich multimedial aufgearbeitet. Als Sahnehäubchen sind digitale Schnitzeljagden entlang der neuralgischen Orte mit kleinen Spielen oder Quizstationen eingebunden.
Solche Bemühungen können nur gemeinsam erfolgreich sein. So ähnlich ist es den Akteuren der Maritimen Meile unlängst ebenfalls attestiert worden. Es wäre sicher lohnenswert, diese Meile und die Shoppingmeile gemeinsam zu bewerten und zu entwickeln. Dass dafür alle an einem Strang ziehen müssen, versteht sich von selbst. Es sollte aber auch geklärt werden, wohin die Reise eigentlich gehen soll. Das ganz große Tourismus-Rad wird Vegesack nicht drehen können und muss es auch gar nicht. Sich jedoch klein, aber fein herauszuputzen, sollte allemal drinsitzen.