Fachkräftemangel – einst war das ein reichlich abstrakter Begriff. Ein Umstand, der sich allenfalls in Fabrikhallen oder hinter Lkw-Steuerrädern bemerkbar gemacht hatte. Dann rückte die Pflegebranche in den Fokus und nach Corona der Gastrobereich. Die angestammten Mitarbeiter hatten sich anderweitig orientiert und waren nicht mehr verfügbar. Mittlerweile macht sich fehlendes Personal überall bemerkbar: beim Metzger, im Fischladen, aber auch im Handwerk oder an den Schulen.
Corona hat diese Entwicklung zweifelsohne beschleunigt. Allerdings wäre es zu leicht, die Misere allein der Pandemie anzukreiden. Die Ursachen sind vielfältig. Wenn Arbeitnehmer sich ihren Jobgeber praktisch aussuchen können, steigen die Ansprüche an den Arbeitsplatz. Unternehmer müssen sich einiges ausdenken, um für potenzielle Mitarbeiter attraktiv zu sein. Allerdings sind die Möglichkeiten begrenzt. Denn das Geld, das für guten Lohn und ein attraktives Arbeitsumfeld benötigt wird, muss zuvor erwirtschaftet werden. Das geht nur, wenn Kunden bereit und in der Lage sind, angemessene Preise zu zahlen.
Eine verzwickte Lage. Zumal in Zeiten, wo viele Bürger einen ganz genauen Blick auf ihre Ausgaben haben müssen. Schließlich spielt auch noch ein struktureller Aspekt eine maßgebliche Rolle. An vielen Schulen wird noch immer in Richtung Abitur und akademischer Bildungskarriere beraten und unterrichtet. Dabei gibt es zahlreiche spannende und ausfüllende Werdegänge im Erwerbsleben abseits eines akademischen Grades.
Es braucht ein grundsätzliches Umdenken. Denn auch Arbeitsmigration wird den Fachkräftemangel nicht nachhaltig lösen. Früher hieß es: Handwerk hat goldenen Boden. Dieser Gedanke sollte wieder mehr in den Blick rücken.