Eine junge, zitternde Designerin, die vollkommen von ihren Gefühlen überwältigt ist, Freudentränen vergießt und unter Jubeln auf den Schultern einer gröhlenden Menge getragen wird. Umringt von einem Meer aus bunten Campus-Shirts, Bannern und Schildern – die Halle bebt und die Freude ist groß: Die Gewinner der Modenschau stehen fest. Und obwohl es bei der Fashion-Show nur einen ersten Platz geben kann, feiert doch die gesamte Halle den Sieg des konkurrierenden Colleges. Wer in Sachen Zusammenhalt und Sportsgeist noch etwas lernen möchte, kann sich von den Studierenden der Constructor University in Grohn eine Lektion erteilen lassen. Sie wissen, wie man gegeneinander antritt und doch die individuellen Talente jeder einzelnen Person kollektiv feiert.
Die Modenschau ist nur eine von sieben Disziplinen, in denen sich die vier Häuser – im Englischen ‚Colleges‘ – der Universität in künstlerisch-kreativen Disziplinen am Freitag und Sonnabend gegeneinander gemessen haben. Im Rahmen des diesjährigen „ArtOn“-Festivals wurde dabei die Kreativität der Studierenden gefeiert. Und genau das können sie aus voller Seele und mit Herzblut. Am Freitag wurde der Auftakt mit einem ‚Battle of the Bands‘ – einem Musikwettbewerb – gefeiert. Hat die Veranstaltung am Sonnabend zunächst ruhig mit einem Schreib- und Malwettbewerb gestartet, sodass auch die introvertierten Kreativen mit ihren Stärken glänzen konnten. Wurde mit den voranschreitenden Disziplinen der Wettkampf immer lauter und hitziger.

In ihrer Heimat Indien ist Zaara Valladares als Model tätig – beim „ArtOn“-Festival der Constructor University läuft sie für ihr College über den Laufsteg.
Eine Stimmung von der sich nicht nur die externen Jurymitglieder, die extra für die Wettkämpfe eingeladen wurden, sondern auch die Gäste mitreißen ließen. „Da herrscht so viel Begeisterung für den Prozess aus Nichts etwas zu machen“, sagt Jurymitglied Cynthia Bolen-Nieland im Anschluss an die Fashion Show. „Kopflich einfach loslassen zu können und der Kreativität freien Lauf zu lassen, ist sehr wertvoll“, ergänzt sie schwärmend. Beim Bewerten wurde sie von einem ehemaligen Studenten, Carlos Sinclair, und der Modeschöpferin Martina Glomb unterstützt. Glomb ist gebürtige Vegesackerin und hat im Laufe ihrer Karriere mit Größen wie Vivienne Westwood zusammengearbeitet.
Mit acht selbst geschneiderten und -designten Outfits pro Haus sind die Studierenden in vier Kategorien an den Start gegangen. „Es fing langsam an und dann sind alle ausgeflippt. Es waren alle begeistert“, stellte Daniela Wieditz fest, die als Außenstehende bei dem Event zu Gast war und zuvor gar nicht wusste, was sie dort erwarten würde. Auch sie packte das mitreißende Gefühl und die aufgeladene Stimmung der Studierenden füreinander schnell.
Unterm Strich konnte das „ArtOn“-Festival in den verschiedenen Wettbewerben nicht nur einen Gewinner finden, es zeigte durch das Gemeinschaftsgefühl der Studierenden untereinander auch eines: Die individuellen Talente der einzelnen Teilnehmenden und die künstlerischen Einflüsse aus ihren jeweiligen Kulturen, die sie aus ihren Heimatorten mit in den Bremer Norden gebracht haben, schaffen einen einzigartigen Raum für eine mitreißenden künstlerischen Austausch. Unterschiede werden gefeiert und gefördert – sie trennen nicht, sondern verbinden durch gemeinsame Interessen und Leidenschaften. „Hier trifft man eine Menge Menschen aus Orten, von denen man vorher nie etwas gehört hat“, erzählt Janat Derawi vom Organisationsteam.

Cynthia Bolen-Nieland, Carlos Sinclair und Martina Glomb saßen in der Jury der Modenschau.
Richtig kochte die Stimmung beim anschließenden Dance Battle über. Nicht mal die Gäste hielt es weiter stumm auf ihren Plätzen. Es wurde mitgesungen, gegröhlt und am Rand getanzt. Die Studierenden waren Feuer und Flamme für ihre Tänzer, Häuser sangen ihre Gesänge gegeneinander und es wurde zu Musikrichtungen aus aller Welt getanzt: Von westlichem Pop über K-Pop zu HipHop, von indischen Klängen zu Afrobeats und lateinischer Musik. „Es ist das größte Event des Tages. Jeder will dabei sein“, weiß Hannah Schmitt, Mitorganisatorin.
Im Anschluss folgte noch ein Filmwettbewerb und ein LipSync-Battle, bei dem zu Musik performt wurde. Unter den vier Häusern C3, Nord, Krupp und Mercator konnte sich in diesem Jahr übrigens letzteres den Pokal sichern. Während der Wettbewerbe haben sie die meisten Punkte bekommen.