Mit der bundesweiten Aktion „Heimat shoppen“ Anfang September sollte auf die Vorzüge des Einkaufens vor Ort aufmerksam gemacht werden. Auch Vegesack beteiligte sich mit 15 Händlern. Wie aber sehen potenzielle Kunden das Thema? DIE NORDDEUTSCHE hat sich bei den Besuchern der Fußgängerzone umgehört und nachgefragt. Was zieht sie nach Vegesack und was wünschen sie sich? Wie empfinden sie die Aufenthaltsqualität zwischen Reeder-Bischoff-Straße und Gerhard-Rohlfs-Straße? Was stört sie, und was bewerten sie positiv?
Sylvia Weisheit aus Schönebeck ist regelmäßig in Vegesack zu Besuch, meistens am Sonnabend, um auf den Markt zu gehen. Der Grünmarkt ist ihr zentraler Anlaufpunkt, denn in der Fußgängerzone selbst hält sie sich selten auf. Regional einkaufen sei ihr wichtig, sagt sie, aber auf der Vegesacker Shoppingmeile gibt es für ihren Geschmack zu viele Ketten und Discounter.
Der gebürtigen Kölnerin fehlt ein guter Haushaltswarenladen. Außerdem vermisst sie Geschäfte wie das ehemalige Einrichtungsgeschäft Koerber. „Leffers ist allerdings ein Glücksfall und dass es hier in der Nähe die Backstube gibt, ist auch toll.“
Im Gros zufrieden ist Inge Arnault. Sie nutzt zumeist die Markttage für ihre Einkäufe und macht dann gleich weitere Erledigungen. „Vegesack ist für mich am günstigsten zu erreichen und man hat hier alles nah beieinander“, erzählt die Blumenthalerin. Sie lobt die Vielfalt, findet aber, dass gewisse Bereiche überrepräsentiert sind. So gebe es zu viele Schuhgeschäfte, und auch das Angebot an Textilien sei groß genug. Ein Einrichtungsfachgeschäft findet sie nicht notwendig, einen Haushaltswarenladen dagegen schon. Es sei zwar toll, dass es Woolworth gibt, doch fehle etwas Höherwertiges. „Ein Geschäft, das Kleinkram für den Haushalt in vernünftiger Qualität anbietet.“ Ihr Mann dagegen wünscht sich ein Elektrofachgeschäft, in dem man sich auch mal Rat holen kann.
Roselius Schmidtke findet ebenfalls, dass ein Elektrofachgeschäft fehlt. „Man muss immer ganz in die City fahren, wenn man eine breitere Auswahl möchte.“ Als idealen Standort für so einen Markt bezeichnet er die Markthalle. Davon abgesehen seien die Auswahl und Aufenthaltsqualität in der Fußgängerzone jedoch gut. Er und seine Frau kommen vor allem an den Markttagen, schauen dann auch bei Six, im Reformhaus, beim Uhrmacher, bei Leffers und anderswo vorbei. „Hier herrscht einfach eine nette Atmosphäre“, findet Susanne Schmidtke. Die Blumenthalerin würde sich jedoch über mehr kleine inhabergeführte Geschäfte mit besonderen Angeboten freuen. „Oldenburg ist da ein gutes Vorbild.“ Um dies möglich zu machen, regt sie an, die Mieten für die Ladenlokale zu senken, damit auch kleine Läden eine Chance haben. „Die Mieten schrecken ab“, ist Schmidtke überzeugt. Kleine Geschäfte müssten sich erst etablieren, bevor sie genug Einnahmen haben, um hohe Mieten zu zahlen.
Zweifel an Haven-Höövt-Aufwertung
Viele wünschen sich ein Elektrofachgeschäft für Vegesack. Auch Jürgen Abraham und Günther Bundrock äußern diesen Wunsch. Dass dieses Thema schon mehrere Male in Angriff genommen, aber nie umgesetzt wurde, ärgert sie. Sie befürchten, dass auch die Bemühungen, das Haven Höövt aufzuwerten, erfolglos bleiben. „Wenn man dort umbaut, müssen auch wie geplant große und etablierte Geschäfte in den verbleibenden Teil einziehen, damit sich das Ganze lohnt“, so Günther Bundrock. Großes Lob hat der Nordbremer für das Programm des Bürgerhauses. „Es ist super, dass es dort Musik sowie Angebote für Kinder und Senioren gibt. Ich bin öfter mit meinen Enkelkindern da und finde, das ist etwas, was auf jeden Fall erhalten werden muss.“
Jürgen Abraham lebt seit 50 Jahren in Vegesack und ist fast jeden Tag im Ortskern unterwegs: „Zum Einkaufen, Füßevertreten und Leutetreffen.“ Gerne hätte er wieder größere Märkte und Spezialisten wie Hertie, Kramer oder Aumund & Sohn vor Ort. Ihm fehlen auch die Besucher, die von auswärts kamen, als das Haven Höövt noch florierte. „Wie oft haben wir von Leuten aus der Innenstadt und dem Umland gehört, wie schön Vegesack ist.“ Inzwischen habe sich das Außenbild seinem Empfinden nach jedoch verändert und es werde nur noch von einem zerfallenen Stadtteil gesprochen. Insgesamt habe er das Gefühl, dass der nördlichste Stadtteil nicht ernst genommen wird.
Mit einem frischen Blick auf ihre Umgebung schaut Catrin Brandt. Seit knapp einem Jahr wohnt die aus dem Teufelsmoor stammende Neu-Vegesackerin nah am Ortskern und lobt die Vielfalt entlang der Shoppingmeile. „Ich bin aber durch meinen vorherigen Wohnort auch nicht besonders verwöhnt und keine große Shoppingqueen.“ Catrin Brandt bezeichnet sich selbst als Dino, denn sie kauft nie im Internet ein. „Ich empfinde das Fachgeschäft vor Ort und die Beratung, die man dort erhält, als sehr wertvoll.“ Einen guten Bioladen wünscht sie sich noch für Vegesack.
Karl-Heinz und Helga Bruns schlendern mit ihrer Freundin Helga Jerko über den Wochenmarkt. „Es wird immer schöner, denn man merkt, dass mehr Leute unterwegs sind“, sagt Karl-Heinz Bruns. Regelmäßig ist das Paar aus Farge-Rekum in Vegesack, um zum Sport oder zum Friseur zu gehen. Auch Leffers loben sie, bedauern allerdings das Fehlen eines Herrenausstatters.
Gemischte Gefühle bei Discountern
Die momentane Nutzung der Markthalle durch einen Discounter sehen sie, wie viele Besucher, mit gemischten Gefühlen. „Es ist schade, dass die Markthalle nicht in ihrer eigentlichen Funktion genutzt wird. Es gibt so tolle Beispiele aus anderen Städten“, bedauert Helga Bruns. „Frischen Fisch und Gemüse einkaufen, ein Mittagsangebot wahrnehmen und vor der Halle einen Kaffee trinken wie in Frankreich. Das wäre schön auch für die Leute, die hier arbeiten.“ Ein Brunnen als Anziehungspunkt in der Mitte des Platzes, fügt sie scherzhaft hinzu, würde das Ganze perfekt machen.
Als gute Entwicklung sieht dagegen Mirjam Anklam die Ansiedlung des Tedi-Marktes in der Markthalle. „Die Halle stand lange leer, das war schade. So wird sie wenigstens wieder genutzt“, so die Aumunderin. Sie und ihre Familie bummeln regelmäßig durch die Fußgängerzone, kaufen ein und schauen, ob und welche neuen Geschäfte es gibt. „Es wäre schön, wenn es die Läden, die es im Haven Höövt gab, auch hier oben gäbe.“
Eine gute Aufenthaltsqualität bescheinigen Bärbel und Lutz Eckelt dem Vegesacker Zentrum. Sie wohnen ganz in der Nähe und sind deshalb häufig in der Reeder-Bischoff-Straße und Gerhard-Rohlfs-Straße unterwegs. „Oft bei Brigitte Moden und Tim Christine“, zählt Bärbel Eckelt auf. Das Geschäft in der Nähe des kleinen Marktes sei das Einzige, das Mode für Kinder führe. Gerne würde Eckelt ihren Enkeln häufiger Kleidung kaufen. Schlafanzüge und Unterwäsche nennt sie als Beispiel, aber auch Spielwaren fehlen ihr. Für sich selbst wünscht sie sich ein Fachgeschäft, in dem es hochwertige Frottierwaren und Handtücher gibt. Ihr Mann würde gerne weniger Handy- und Telefonläden in der Fußgängerzone sehen.
Einen Spielwarenladen hätte auch Elisabeth Rohde, die mit ihren Kindern Richtung Marktplatz schlendert, gerne in der Vegesacker Fußgängerzone. Sie hat keine bestimmte Frequenz, in der sie Vegesack besucht, kommt jedoch immer, wenn sie etwas braucht. „Gerade waren wir bei Thalia. Ich schaue aber auch öfter bei Rossmann oder Leffers vorbei.“ Auch sie hätte gerne einen Elektromarkt in direkter Nähe und schließt sich damit der Meinung vieler Vegesack-Besucher an.