Die Lesum-Mündung kommt zurzeit verwaist daher. Die gelbmarkierten Dalben zeugen noch davon, dass dort bis vor kurzem die "Schulschiff Deutschland" das eine Ende der Maritimen Meile markiert hat. Dauerhaft soll dieser Liegeplatz allerdings nicht ungenutzt bleiben. Unter dem Motto "Ein Schiff für Bremen-Nord" arbeiten nun verschiedene Akteure daran, ein Ausflugs- und Gastroschiff für die Maritime Meile zu beschaffen. Ins Auge gefasst worden ist dabei der Schaufelraddampfer "Weserstolz" oder ein vergleichbares Objekt. Die "Weserstolz" (Baujahr 1949) ist 54 Meter lang und für 200 Passagiere zugelassen. Sie lag zwischen 2015 und 2020 an der Schlachte. Zurzeit befindet sich die "Weserstolz" in Minden.
Ausgangspunkt der Überlegungen ist, dass der bisher favorisierte Seenotrettungskreuzer "Bremen" nicht zeitnah verfügbar sein wird. Zudem sei ein solches Schiff nur eingeschränkt nutzbar. "Das Schiff kann daher nur ein Zusatz sein", sagt Wilhelm Karg. Der SPD-Mann hatte die Grundzüge der Pläne kürzlich auf dem Unterbezirksparteitag seinen Genossen vorgestellt und sich dort die Unterstützung der Partei eingeholt. Allerdings seien weitere Befürworter und Unterstützer willkommen. "Ich bin in der AG Maritime Meile aktiv, die sich gewissermaßen als Hüterin eben dieser versteht. Daher ist das Projekt auch breit aufgestellt", erläutert Karg sein Engagement. Nun arbeite er gemeinsam mit Jörn Gieschen, dem Geschäftsführer des Vegesack Marketings, an einem Konzept. Ein Konzept, das weit mehr beinhalten soll, als es auf einem Seenotrettungskreuzer mit seinen naturgemäß beengten Verhältnissen möglich wäre.
Kernelement wäre ein gastronomisches Angebot in den Abendstunden. Aber auch Veranstaltungen, wie Auftritte beispielsweise des "Schulschiff Deutschland"-Chores, und sogar Ausfahrten seien wünschenswert. "Mit den Ausflügen könnten wir Menschen in ganz Bremen-Nord ansprechen", erläutert Karg. Bezüglich der Gastronomie könnten zudem Synergien mit dem Schulschiffhaus entstehen. Beispielsweise wenn die Gastronomen kooperierten oder es einen Betreiber für beide Objekte gebe.
Noch stecken die Überlegungen in den Kinderschuhen. Zudem gibt es noch auch einige Unwägbarkeiten, die es zu überwinden gilt. Beispielsweise die grob mit einer Million Euro überschlagenen Kosten für das Schiff, den notwendigen Umbau und Nebenkosten. Geklärt werden muss auch die Situation am Liegeplatz in der Lesum-Mündung (siehe Infokasten). Nicht zuletzt gibt es für die "Weserstolz" laut Karg bereits einen aussichtsreichen Kaufinteressenten. Das allerdings ist nichts, was den selbstständigen Unternehmer und seine Mitstreiter sonderlich schrecken würde.
Vielmehr soll es schnell konkreter werden. Neben Sponsoren und Bürgern soll auch die Stadt mit ins sprichwörtliche Boot geholt werden. "Es wäre gut, wenn wir noch im Februar einen Letter of Intent mit der Wirtschaftsbehörde hinbekämen. Gelingt das innerhalb von drei Monaten, wäre das auch noch gut", sagt Karg. Eine solche Absichtserklärung erlaube es, schneller zu reagieren, wenn ein geeignetes Objekt verfügbar würde. Denn sollte es mit der "Weserstolz" nichts werden, seien die Ideen auch mit anderen Ausflugsdampfern umsetzbar. Doch bei aller Eile muss es auch passen. "Wichtig ist, dass wir ein Objekt mit maritimer Ausstrahlung und Bezug zu Vegesack finden", sagt Thomas Rutka, Vorsitzender des MTV Nautilus, der ebenfalls Mitglied der AG Maritime Meile ist. Daneben sei vieles ergänzend denkbar.
Wohlwollende Signale
Von der umworbenen Wirtschaftsbehörde kommen zwar wohlwollende, aber wenig konkrete Signale. "Grundsätzlich sehen wir jede neue und tragfähige Attraktion an der Maritimen Meile in Vegesack sehr positiv", sagt Christoph Sonnenberg, stellvertretender Pressesprecher der Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa. "Allerdings sollte gerade ein Gastroschiff ein in sich schlüssiges Konzept vorweisen, damit das Vorhaben eigenständig langfristig tragfähig ist." Grundsätzlich unterstütze die Behörde freizeitbezogene und touristische Einrichtungen aber über die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB). Eine unmittelbare finanzielle Unterstützung von Gastronomieschiffen sei in ganz Bremen nicht vorgesehen. Das gelte auch für die Schiffe, die an der Schlachte liegen. Die nachgeordnete WFB sieht ihre Möglichkeiten in diversen Marketinginstrumenten.
Die WFB könnte jedoch an anderer Stelle als Akteur auf das Spielfeld treten. Denn zum 30. April hat der Schulschiffverein laut WFB-Angaben den Nutzungsvertrag für das Schulschiffhaus fristgerecht gekündigt. "Auf diesen Termin arbeiten wir jetzt mit den Grundlagenermittlungen zu, um dann mit konkreten Ideen und Vorschlägen das weitere Vorgehen mit den beteiligten Stellen beraten zu können", erläutert Maike Bialek, bei der WFB Leiterin Kommunikation, Marketing und Tourismus, das weitere Vorgehen. Für eine Nachnutzung der Immobilie würde dann ein Vergabeverfahren ausgeschrieben werden.
Karg selbst putzt derweil weiter Klinken: "Ich habe das Vorhaben auch beim Wirtschafts- und Strukturrat vorgestellt und setze darauf, dass das Thema auf dem SPD-Landesparteitag weiter diskutiert wird." Bis dahin sollen die Ideen in ein kleines Konzept eingeflossen sein.