Auch das kommt vor: Die Feuerwehr ist bereit zum Ausrücken, doch zum Einsatz können nicht alle Helfer mit. Jedenfalls nicht im Dienstfahrzeug. Zum Brand, zum voll gelaufenen Keller, zum umgestürzten Baum fahren manche deshalb mit dem eigenen Auto. Torsten Bullmahn hat es im Kopf überschlagen. 18 Monate ging das so. So lange hatten der Chef der Vegesacker Feuerwehr und seine Mannschaft nur ein Löschfahrzeug. Seit Kurzem ist der Fuhrpark wieder so, wie er sein sollte – komplett.
Die Einsatzkräfte haben inzwischen bekommen, was nicht jede freiwillige Wehr bekommt: kein gebrauchtes Modell von ihren hauptamtlichen Kollegen, so wie es meistens der Fall ist, sondern eines, das beinahe geradewegs vom Hersteller kommt. Der Zehn-Tonner, der jetzt in der Garage des Feuerwehrhauses an der Weserstraße steht, ist so neu, dass man es riechen kann. Und sehen: 654 Kilometer hat er auf dem Tacho. Das Löschfahrzeug war bereits im Einsatz, auch wenn es erst in dieser Woche von Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) offiziell übergeben wurde.
Den Neuzugang hat die Vegesacker Wehr als Ersatz für ein Fahrzeug erhalten, das so alt war, dass sich eine Reparatur nicht mehr lohnte: 30 Jahre. Nach Bullmahns Worten wurde es gerade noch rechtzeitig außer Dienst gestellt, bevor es das H-Kennzeichen für Oldtimer hätte bekommen müssen. Der Feuerwehrchef lacht darüber nicht. Dafür ist ihm und seinem Stellvertreter die Sache zu ernst. Jan Eike Hartmann sagt, dass es noch mehrere Fahrzeuge bei den Freiwilligen Feuerwehren gibt, die so alt sind wie ihr mittlerweile ausgemustertes Modell.
Axel Seemann und Karl-Heinz Knorr wissen das. Der Chef der Feuerwehrgewerkschaft und Bremens oberster Feuerwehrmann haben deshalb immer wieder mehr Geld gefordert. Nicht bloß für die hauptamtlichen, sondern auch für die freiwilligen Einsatzkräfte. Für Seemann und Knorr haben die ehrenamtlichen Helfer in Vegesack, Blumenthal und Burglesum eine Sonderstellung. Weil die Strecken, die im Norden zurückgelegt werden müssen, länger sind als im Rest der Stadt, ist die Berufswehr auch mehr als in anderen Bremer Gebieten auf die Freiwillige Wehr angewiesen.
Da die Klagen über alte und ausgefallene Fahrzeuge zunahmen, hat die Feuerwehrgewerkschaft im Vorjahr etwas gemacht, was sie noch nie gemacht hatte. Sie verfasste mit dem Landesfeuerwehrverband eine Erklärung, in der die Behörde, der Senat und die Politik kritisiert wurden. Gemeinsam beklagten sie, dass der Fuhrpark der Wehren fast doppelt so alt ist wie in anderen Bundesländern. Für das Bündnis ging es ums Ganze: „Die Einsatzfähigkeit der Feuerwehr Bremen (...) steht auf dem Spiel.“ Die Behörde hatte zuvor ein Programm zur Soforthilfe angekündigt.
Fünf Fahrzeuge hat der Senator jetzt übergeben: drei gebrauchte, zwei neue. Wie viel allein das Vegesacker Modell gekostet hat, sagt der Feuerwehrchef erst ungefähr – „für das Geld kann man ein Haus bauen“, dann genau – „190 000 Euro“. Einiges ist wie beim Vorgänger, manches aber besser. Bullmahn und Hartmann ziehen ein Aggregat hervor, an das sich vier 1000-Watt-Strahler anschließen lassen statt zwei wie bisher. Sie zeigen auf die Pumpe, die 2000 Liter Wasser pro Minute schafft und damit mehr als die alte. Und sie sprechen vom Lichtmast, der fest installiert ist, sodass kein Stativ mehr aufgebaut werden muss.
Ausstattung ist Standard
Extras hat das Fahrzeug trotzdem nicht. „Alles, was verbaut wurde“, sagt Bullmahn, „entspricht dem Standard.“ Er zählt die Rundum-Beleuchtung auf, die auszieh- und verschiebbaren Trittbretter, den permanenten Allrad-Antrieb, die Ausrüstung an Bord: Funkgeräte, Motorsägen, Sauerstoffgeräte, Absturzsicherungen, Schläuche. Der Feuerwehrchef freut sich, dass jetzt alle drei Fahrzeuge des Vegesacker Fuhrparks der heutigen Norm entsprechen. Und keines älter ist als sieben Jahre. Noch mehr würde er sich aber freuen, wenn der Fuhrpark so modern bliebe.
In drei Jahren wird das zweite Löschfahrzeug zehn. Es erreicht damit eine Altersgrenze, bei der zumindest bei der Berufswehr, die mehr Einsätze hat als die freiwilligen Helfer, allmählich Modelle ausgetauscht werden. Bullmahn und Hartmann können nach eigenem Bekunden nur hoffen, dass die Vegesacker Einsatzkräfte nicht erst in einigen Jahrzehnten mit neuen Fahrzeugen ausgestattet werden. Und dass irgendwann nicht wieder der Fuhrpark wegen eines Ausfalls kleiner wird, als es für den Standort vorgesehen ist – und erneut Kollegen mit dem eigenen Auto zum Einsatz fahren müssen.
Auch Branddirektor Knorr und Gewerkschaftsmann Seemann wollen das nicht. Beide haben im vergangenen Jahr mal überschlagen, wie viel Bremen eigentlich für die Feuerwehr ausgeben müsste, damit die Liste der notwendigen, aber immer wieder zurückgestellten Ausgaben zumindest nicht noch länger wird. Knorr kam auf eine Summe von jährlich 1,5 Millionen Euro, Seemann auf zwei Millionen Euro. Die Stadt stellt bisher jedes Jahr halb so viel Geld bereit.