Bremen Stadtteile Osterholz Verden Diepholz Delmenhorst Wesermarsch Oldenburg Rotenburg Cuxhaven Bremerhaven Niedersachsen

Kinder an Vegesacker Schulen Netzwerk für Hilfe in der Not

Vier Schulsozialarbeiterinnen haben den „Arbeitskreis Kind - Vegesack“ gegründet, um Kompetenzen zu bündeln. Ziel ist, die Lebenssituation von benachteiligten Kinder und Familien im Stadtteil zu verbessern.
23.03.2019, 07:40 Uhr
Jetzt kommentieren!
Zur Merkliste
Von Imke Molkewehrum

Aumund-Hammersbeck. Ein geräumiges Zuhause mit Nestwärme und verlässlichen Strukturen ist nicht jedem Kind vergönnt. Viele Jungen und Mädchen erleben stattdessen tagein tagaus chaotische Lebensverhältnisse auf engem Raum – im schlimmsten Fall mit psychisch labilen, womöglich sogar gewalttätigen Eltern. Auch in Vegesack. Vier Sozialarbeiterinnen von drei hiesigen Grundschulen haben sich deshalb zusammengeschlossen, um die soziale und schulische Situation von Kindern zu optimieren.

„Wir haben in den Schulen viele verhaltensauffällige Kinder. Deshalb möchten wir jetzt an einem Strang ziehen“, sagt Maike Kothe, Sozialarbeiterin an der Grundschule Hammersbeck. Wenn massive Probleme auftreten, seien die Kollegen schon wegen der geringen Stundenzahl überfordert. Und es sei sehr aufwendig, kompetente Hilfen zu finden. „Deshalb brauchen wir ein Netzwerk im Stadtteil“, sagt Krystyna Machnik von der Grundschule Fährer Flur.

Kennengelernt haben sich die vier Frauen im Zentrum für unterstützende Pädagogik in Alt Aumund. Schnell entstand die Idee, in Vegesack ein Netzwerk für Kinder zu gründen: den „Arbeitskreises Kind – Vegesack“. Im Februar luden die Initiatorinnen daher hiesige Kinderärzte, Hebammen, Vertreter von Kirchengemeinden, Moscheen, Kindergärten, Kreissportbund, Sozialamt, Erziehungsberatungsstellen, Pro Familia und anderen Einrichtungen zu einem ersten Treffen ein. Und sie stießen auf offene Ohren. 30 Interessierte versammelten sich im „Treffpunkt im Quartier“ (Tiq) in der Apoldaer Straße. Etwa ebenso viele kündigten ihre Teilnahme für künftige Treffen an.

„Vegesack ist bislang schlecht vernetzt“, konstatiert Nina Petersen-Raeder, Sozialarbeiterin an der Grundschule Alt Aumund, und fügt hinzu: „Wir haben uns deshalb vorher in Blumenthal informiert, weil hier Soziales, Gesundheit, Bildung und Religion seit Jahren im ‚Arbeitskreis Kind‘ zusammenarbeiten.“ In Vegesack sei die Arbeit bei akuten Problemen dagegen noch „eine soziale und kulturelle Herausforderung“. Das hätten auch die Teilnehmer beim ersten Treffen des Arbeitskreises bestätigt, so Nina Petersen-Raeder. „Auch ein Kinderarzt freut sich, wenn er Probleme mithilfe des Arbeitskreises abfedern kann. Deshalb wollen wir die Ressourcen bündeln.“

Die Angebote der einzelnen Einrichtungen sollen möglichst zügig für die Netzwerkpartner online einsehbar sein. „Wir wünschen uns, Hand in Hand zu arbeiten“, sagt Maike Kothe und nennt als fiktives Beispiel den Fall eines Grundschülers, der wegen sprachlicher Barrieren nicht mit den Hausaufgaben zurechtkommt, nach der Schule eine depressive, arbeitslose Mutter antrifft und bewusst in der Schule anecken will.

„Diese Kinder sind bewusst destruktiv. Einzelne Facetten zeigen sich in der Schule, die Ursachen liegen aber oft Zuhause“, so die Sozialarbeiterin. Aber weder Kinder noch Eltern wüssten, wohin sie gehen können. Nicht beschulbare, sozial auffällige Kinder mit ratlosen, alleinerziehenden Müttern seien auch in Vegesack ein Klassiker, betont Maike Kothe. Und das gelte nicht nur für die Grohner Düne. „Wir sind in ganz Vegesack interkulturell unterwegs, es wäre also schön, wenn sich das auch im Arbeitskreis widerspiegelt“, ergänzt Salma Mansouri, Schulsozialarbeiterin an der Grundschule Alt Aumund. Leider sei aber im ersten Anlauf von den Moscheen kein Vertreter gekommen.

Das gemeinsame Ziel sei „eine Netzwerkkarte, aus der ersichtlich ist, wohin man sich bei Problemen wenden kann“, erläutert Maike Kothe. „Und das soll am Ende ein Selbstläufer werden, wir sind nur die Koordinatoren, keine Anlaufstelle. Wir haben ja nur begrenzte Kapazitäten“, betont Nina Petersen-Raeder. Ideal wäre daher ein „stabiles Netzwerk mit verbindlichem Informationsaustausch, zu dem alle kommen, um die Lebenssituation der Familien mit Kindern zu stärken.“

Das gelte auch für Freizeitangebote. Gerade für Grundschüler zwischen sechs und zwölf Jahren seien die Möglichkeiten in Vegesack eher dürftig, finden die Sozialarbeiterinnen. Erforderlich seien hier kostenfreie Projekte. Es sei vielen Familien schlicht unmöglich, Mitgliedbeiträge für den Kinderzirkus oder den Sportverein zu zahlen.

Die Arbeitskreis-Treffen findet künftig viermal pro Jahr statt. Die nächste Versammlung ist für Donnerstag, 9. Mai, um 16 Uhr im Tiq, Apoldaer Straße 27, geplant.

Zur Startseite
Mehr zum Thema

Das könnte Sie auch interessieren

Rätsel

Jetzt kostenlos spielen!
Lesermeinungen (bitte beachten Sie unsere Community-Regeln)