Bremen-Nord. Queere Frauen, Mädchen, Lesben, Trans und eine Form von A-Sexualität, sie alle sollen sich hier wiederfinden, in der neu gegründeten "Flinta*"-Gruppe. Das Sternchen hinter dem Gruppen-Namen hat deshalb seinen Sinn: "Es gilt für genau diese Personengruppe, die sich dadurch angesprochen fühlen soll", sagt Christiane Gruber vom Awo-Mädchentreff "Lilas Pause". Damit es keine Missverständnisse gibt, macht Christiane Gruber auch gleich deutlich, dass die "Flinta*"-Gruppe ein zusätzliches, ein Extra-Angebot ist. Der Mädchentreff in der Alten Hafenstraße in Vegesack ist nämlich ein geschützter Raum, ein vertrauensvoller Treffpunkt für junge Mädchen. Das soll er auch zukünftig bleiben.
Vertrauensvolle Treffen sollen aber auch für die "Flinta*"-Gruppe gelten. Dafür wurde eigens eine Übungsleiterin eingestellt, nach einer offiziellen Ausschreibung der Stelle unter anderem über die Vereine "Rat & Tat-Zentrum für queeres Lebens" sowie "Transrecht Bremen". Dafne Jaramillo, die bildende Kunst studierte, sich mit Jugendlichen und Kindern im Sport- und Kunstbereich beschäftigt und selbst in einer Gruppe aktiv ist, die sich neben dem Aspekt queer auch um indigene Gruppen und People of Color kümmert, weiß: "Es ist wichtig, Verständnis zu schaffen." Je öfter man darüber rede, "je mehr auch die Sprache entsprechend sichtbar wird", umso mehr Verständnis gebe es in der Gesellschaft. Insofern benennt Dafne Jarmillo auch die Personen, die in dieser "Flinta*"-Gruppe willkommen seien: "Frauen-, und Mädchen*". Denn "Lilas Pause" soll auch weiterhin in sogenannter weiblicher Hand bleiben, "also ist die Flinta*-Gruppe kein Treffpunkt für Cis-Männer", sagt Dafne Jaramillo.
Ihren Platz sollen in dieser Gruppe auch queere Jugendliche finden, die sich selbst nicht klassisch als Mädchen oder junge Frau fühlen, und deshalb auch keine Selbsthilfegruppe oder sonst einen Ansprechpartner gefunden haben. "Die Hemmschwellen sind oft groß", weiß Christiane Gruber und berichtet, dass laut Statistik rund zehn Prozent der Jugendlichen queer seien. "Das ist in unserer Gesellschaft aber so gut wie gar nicht sichtbar. Darüber hinaus gibt es kaum Online-Hilfsangebote." Mit der neuen Gruppe im Mädchentreff Lilas Pause gebe es nun auch endlich einen Anlaufpunkt in Bremen-Nord. "Den gab es vorher nur in der Stadt, da treffen sich auch Nordbremer", weiß Dafne Jaramillo.
Die neue "Flinta*"-Gruppe will den Jugendlichen helfen, herauszufinden, wer sie sind und wie sie sich persönlich und gegebenenfalls auch beruflich entwickeln können. "Ein Beratungsangebot ist es allerdings nicht", macht Christiane Gruber deutlich und Dafne Jaramillo ergänzt: "Ich bin keine Sozialpädagogin." Wer allerdings eine entsprechende Beratung wünsche, bekomme von Dafne Jaramillo entsprechende Beratungsstellen empfohlen. Im "Flinta*"-Treff soll es eher um die Gemeinschaft gehen, sollen Spaß, Projekte, Kreativität, Workshops im Fokus stehen. Es soll aber auch darum gehen, "nicht in Frage gestellt zu werden, so sein zu können, wie man möchte oder ist, verstanden zu werden, sich frei bewegen zu können", macht Jaramillo deutlich. Sie gibt viele Gründe an, warum solch ein Treff so notwendig ist: "Angriffe, Unsicherheit, Ablehnung, Diskriminierung", alles Themen, mit denen queere Menschen immer noch zu tun hätten.
Doch Dafne Jaramillo weiß ebenfalls, damit solch eine Gruppe funktioniert, braucht es Vertrauen. "Und das entwickelt sich am besten durch persönlichen Kontakt." Was sich derzeit schwierig gestaltet. "Wir sind zwar gut vernetzt, haben gute Kontakte auch in den Schulen", so Christiane Gruber. Aber die Pandemie mache es für Dafne Jaramillo unmöglich, derzeit persönlich in Einrichtungen Kontakte aufzubauen. So müsse vieles über Mund-zu-Mund-Propaganda laufen, "da hoffen wir auf Unterstützung, beispielsweise durch Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern in den Schulen", so Gruber.
An dem Konzept hat im Übrigen das Team des Mädchentreffs "Lilas Pause" in der Alten Hafenstraße gearbeitet. "Wir haben die Corona-Zeit genutzt, um gemeinsam ein entsprechendes Konzept auf die Beine zu stellen", hatte Christiane Gruber schon im Februar diesen Jahres mitgeteilt. Bis zur Umsetzung ging dann noch einige Zeit ins Land. Erst kurz vor den Sommerferien ist die Gruppe an den Start gegangen. "Wir würden gern zumindest eine kleine Gruppe mit vier bis fünf Jugendlichen ins Leben rufen", lautete im Februar Christiane Grubers Wunsch. Doch neue Angebote, insbesondere zu Corona-Zeiten seien nicht so leicht zu integrieren. Dabei sei der Bedarf für solch eine Gruppe durchaus immer wieder gemeldet worden. "Von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern aus den Schulen, von Pro Familia, wo eine Beratung für queere Jugendliche angeboten wird, aus diversen Treffen in Arbeitskreisen", so Christiane Gruber.
Eine erste Annäherung, ein erstes Kennenlernen könnte durch einen Workshop passieren. Im Rahmen des "Queer Power Month Bremen" wird am 18. und 19. September ein Workshop mit Dafne Jaramillo angeboten: "Experimentelles Drucken in kleinem Format mit recyceltem Material", lautet dann das Motto in der Alten Hafenstraße 6. Anmeldungen dafür sind möglich per E-Mail: lilaspause@awo-bremen.de, über Instagram: flinta_lilaspause_bremen und per Telefon unter 04 21 / 65 11 44.