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Kinder müssen weiter warten Zwei Jahre für ein Spielschiff

Unter anderem ein aufwendiges Beteiligungsverfahren verzögert den Neubau des Spielschiffs am Vegesacker Hafen. Das alte Schiff war im Dezember 2018 gesperrt worden. Das neue wird nicht vor Dezember stehen.
12.06.2020, 18:23 Uhr
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Zwei Jahre für ein Spielschiff
Von Julia Ladebeck

Vegesack. Die Kinder aus Vegesack und Umgebung werden sich noch bis Ende des Jahres gedulden müssen, bis sie wieder auf einem Spielschiff am Vegesacker Hafen klettern, rutschen und toben können. Der „konkrete Entwurf“ für das neue Spielgerät wird voraussichtlich erst im Oktober ausgeschrieben. Das teilte Bernd Schneider, Sprecher der Sozialbehörde, jetzt auf Nachfrage unserer Redaktion mit. Mit der Fertigstellung, das hat der Beirat Vegesack inzwischen erfahren, wird nicht vor Dezember gerechnet. Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt ist darüber ziemlich sauer. „Das ist viel zu spät. Damit bin ich sehr unzufrieden“, sagte er.

Auch aus der CDU kommt Kritik. Für die Nordbremer Bürgerschaftsabgeordnete und stellvertretende Fraktionsvorsitzende Silvia Neumeyer ist es ein Unding, dass insgesamt zwei Jahre vergehen sollen, bis das neue Spielgerät steht: „Ich bin entsetzt. Das Sozialressort hat kläglich versagt, wenn es zwei Jahre braucht, um ein Spielgerät zu ersetzen, obwohl die Gelder ja angeblich längst bereitstehen. Es ist unverständlich, dass man das nicht schneller hinbekommt.“ Neumeyer betont, dass insbesondere im kinderreichen Stadtteil Vegesack und vor allem in der Corona-Zeit Spielmöglichkeiten benötigt werden. „Momentan gibt es in Vegesack nicht einmal ein Freibad.“

Das Spielschiff am Hafen war einer der beliebtesten Spielorte und Anlaufpunkt für Familien aus Vegesack, aber auch aus der Umgebung. Im Dezember 2018 war das alte hölzerne Schiff aus Sicherheitsgründen gesperrt worden, weil es an tragenden Stellen morsch war. Zunächst war unklar, ob es repariert oder ersetzt werden würde. Schon bis geklärt war, wer eigentlich zuständig ist, vergingen Monate. Ortspolitiker hatten bereits im Frühjahr 2019 gefordert, das Spielgerät schnellstmöglich zu ersetzen. Im September kündigte Bernd Schneider die Fertigstellung schließlich für Ostern 2020 an.

Wenig später teilte Bürgermeister Andreas Bovenschulte bei seinem Antrittsbesuch in Bremen-Nord mit, die Städtebauförderungsmittel für den Bau des neuen Spielschiffs seien bewilligt worden. Insgesamt 320 000 Euro stünden zur Verfügung. Das Geld werde für die besondere Entsorgung des behandelten Holzes, für Tiefbauarbeiten, für die Flächenanpassung im Zusammenhang mit dem Hochwasserschutz, die Planungen und den Neubau benötigt, begründete Olaf Stölting, ein Mitarbeiter aus dem Sozialressort, damals die Höhe der Summe, die ebenfalls für viel Kritik sorgte.

Im Januar dann – das alte Schiff war gerade abgerissen worden – nannte die Sozialbehörde einen neuen Termin. Bis zum Sommer dieses Jahres sollte am Vegesacker Hafen ein neues Spielschiff stehen, hieß es. Daraus wird jedoch nichts. „Große Bauvorhaben gehen manchmal mit gewissen Unwägbarkeiten einher. Das ist bei dem Spielschiff nicht anders“, erläutert Bernd Schneider nun. Es stünden noch einige Schritte bevor, bis das Schiff aufgestellt werden kann. Dazu gehörten Arbeiten zur Untersuchung des Untergrundes auf Tragfähigkeit sowie auf mögliche Schadstoffe und – wegen der besonderen Lage des Spielschiffs so nah am Hafen – auch die Einbindung des Deichverbandes.

Es sei außerdem nicht gelungen, das Verfahren zu verschlanken und damit die Zahl der Beteiligten zu vermindern. Schneider zählt auf, welche sogenannten Träger öffentlicher Belange einbezogen werden müssen: neben dem Beirat auch der Senator für Inneres und die Senatorin für Wirtschaft, das Landesamt für Denkmalpflege, der Landesarchäologe sowie der Landesbehindertenbeauftragte.

Laut Schneider geht die Sozialbehörde im Moment davon aus, dass die Ausschreibung des „konkreten Entwurfs“ erst im Oktober erfolgen wird. Zunächst müssten alle Beteiligten zugestimmt haben und die Planungen angepasst werden. Die Planung und Bauleitung hat der Umweltbetrieb Bremen im Dezember übernommen. Zunächst wurden Kinder und Eltern beteiligt. Nach einer sogenannten Planungsparty, an der unter anderem Vertreter von Spiellandschaft-Stadt, Grundschulen, Horthaus und Kita teilgenommen haben, lag die Auswertung Mitte März vor. „Erst danach konnten wir mit einer auf die Wünsche der Kinder ausgerichtete Planung beginnen“, sagt Kerstin Doty, Sprecherin des Umweltbetriebs. Die Zeitschiene sei nach diesem Beteiligungsverfahren klar kommuniziert worden. „Bei einem Präsentationstermin im Ortsamt wurde mitgeteilt, dass die ersten baulichen Arbeiten für die Errichtung des Schiffes im August starten werden.“

Allerdings geht es bei diesen Arbeiten laut Schneider nicht um das Spielschiff selbst, sondern um Arbeiten „an der Fläche“. Seinen Worten nach wird im August „oder Anfang September“ zunächst an der Einfriedung des Areals und an der Zuwegung zum geplanten Spielschiff gearbeitet.

Kirsten Doty betont wie auch Bernd Schneider, dass es bei Bauvorhaben, „auch oder gerade, wenn es sich ,nur' um ein Spielschiff handelt“, viele rechtliche Belange und Abstimmungen gibt, die im Rahmen eines Verfahrens, an dem die sogenannten Träger Öffentlicher Belange beteiligt sind, berücksichtigt werden müssen. „Darüber hinaus handelt es sich auch noch um ein Planungsprojekt in einem historischen Hafengebiet.“ Der Prozess hinter so einem Planungsvorhaben sei sehr viel umfangreicher, als Außenstehenden bewusst sei. So müsse beispielsweise der Untergrund auf Tragfähigkeit geprüft werden, weil die Angabe der entsprechenden Werte Grundlage für den statischen Nachweis des Spielschiffherstellers sei. Der wiederum sei Voraussetzung für die Genehmigung.

Für Heiko Dornstedt sind die Begründungen für die Verzögerungen nicht nachvollziehbar. „Da soll doch kein Hochhaus gebaut werden, sondern ein Spielschiff. An einer Stelle, wo vorher schon eines gestanden hat“, sagt der Ortsamtsleiter. Besonders in der Corona-Zeit bräuchten die Kinder wohnortnahe Spielmöglichkeiten. Silvia Neumeyer lässt die Erklärungen ebenfalls nicht gelten. „Das sind für mich alles Ausreden“, sagt sie. „Offenbar hat man sich einfach nicht drum gekümmert.“

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Zur Sache

Verzögerungen schon beim Vorgänger-Schiff

Auch der Bau des Vorgänger-Schiffs, das 2006 fertiggestellt worden war, hatte sich um zwei Jahre verzögert. Ursprünglich sollte das erste Vegesacker Spielschiff schon 2004 stehen. Zunächst war die Finanzierung des damals mit 75 000 Euro veranschlagten Projektes ins Stocken geraten, weil dem Bauressort zugesagte 30 000 Euro fehlten. Und dann musste die Bremer Bootsbau Vegesack (BBV) Insolvenz anmelden. Das Schiff mit den Spielgeräten, das die Beschäftigungsträger BBV und das Arbeits- und Lernzentrum (ALZ) gemeinsam konzipiert hatten, kostete 57 000 Euro. Dazu kamen die Kosten für die Außenanlage mit Sandgrube und Randmauer. Bei der Anlage der Fundamente vor 14 Jahren – insgesamt 18 Schalkästen plus drei weitere für die Masten hatten die Mitarbeiter des ALZ eingelassen – stießen die Arbeiter damals 80 Zentimeter unter Sandniveau auf altes Kopfsteinpflaster. Es musste der tiefen Gründung weichen, berichtete DIE NORDDEUTSCHE am 21. April 2006.

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