Die Vegesacker Markthalle ist bisher kein Erfolgsprojekt. Zum dritten Mal in sechs Jahren bereitet die Albrecht Vermögensverwaltung (AVW) gerade einen Neustart vor – mit ungewissem Ausgang.
Das langsame Sterben der Ficus-Benjamini-Pflanzen ist durch die großen Glasscheiben gut zu verfolgen. Die Markthalle in Vegesack steht seit Monaten leer. Was aus dem vier Millionen Euro teuren Glasgebilde wird, weiß in Bremen-Nord niemand. Im vergangenen Monat deutete Ortsamtschef Heiko Dornstedt im Beirat an, es tue sich etwas in der Markthalle. Er hatte vom AVW-Chef Willy Koch gehört, dass in wenigen Tagen ein Mietvertrag unterzeichnet werden sollte. „Jetzt haben wir Mitte September, und ich weiß nichts“, bedauert der Ortsamtsleiter.
Wenn er Zeit hätte, sagt er, würde er hinter der AVW her telefonieren.
Der Ortsamtsleiter weiß, dass seinem Beirat die Frage nach der Zukunft des einstigen Prestigeobjekts auf dem Sedanplatz auf den Nägeln brennt. In der März-Sitzung verabschiedeten die Stadtteilpolitiker einen Antrag, in dem Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) aufgefordert wurde, alles in seiner Macht Stehende zu tun, die AVW dazu zu bewegen, die Markthalle mit Leben zu füllen. Notfalls auch durch einen Eigentümerwechsel.
Es ist kein Wunder, dass die Beiratsmitglieder langsam verzweifeln. Zu lange und zu oft schon stand die Markthalle in der Vergangenheit leer. Als die Markthalle Ende 2007 eröffnet wurde, da hegten die Vegesacker die Hoffnung, dass der Mix aus Gastronomie und frischem Lebensmittelsortiment auf einer Fläche von rund 1800 Quadratmetern einen neuen, attraktiven Eckpfeiler der Innenstadt bilden würde. Doch daraus wurde bisher nichts.
Schon bei der Eröffnung im Dezember klagten die ersten Standbetreiber, dass es eine gewisse Akzentverschiebung im Markthallen-Sortiment gegeben habe – weg von Frischwarenangeboten hin zu Döner-Buden und Asia-Snacks. Fünf Wochen nach der Eröffnung verlor die Markthalle ihren ersten Mieter: Der Fischhandel „Austernperle“ zog die Konsequenz aus den dürftigen Umsätzen.
Die Talfahrt fing zu diesem Zeitpunkt erst an. Zehn Monate nach der Eröffnung, im Oktober 2008, lag bereits die Hälfte der Verkaufsfläche in der Markthalle brach. Die AVW zog die Notbremse und verkündete einen Neustart: Fischhändler Hans-Josef Büter sollte einen Großteil der Stände übernehmen. Doch das Konstrukt funktionierte nicht. Büter und die AVW trennten sich 2010 im Streit.
Als Interimslösung belegte der Lebensmittel-Discounter Netto für ein paar Monate zwei Drittel der Markthalle mit einer provisorischen Filiale. Im Januar 2011 räumte Wirtschaftsförderer Heiko Fischer im Gespräch mit dieser Zeitung ein, dass „die Markthalle im ersten Anlauf nicht funktioniert“ hat. Die Stadt wollte der Betreiberin dennoch Gelegenheit geben, ein neues Konzept vorzustellen. Im Mai 2011 sprang ein potenzieller Mieter ab: Die Markthalle genügte nicht den Ansprüchen der Drogerie-Kette Müller.
Der Leitgedanke bleibt
Ein Jahr später kam es einmal mehr zu einer Art Neubeginn. Ein Neustart mit Hackbällchen: Die Bürgerhaus-Küche kam wegen des Umbaus des Bürgerhauses gemeinsam mit dem Kinder- und Jugendzirkus Tohuwabohu zu Sonderkonditionen in der Markthalle unter. Für drei Monate wurde die Markthalle ab November noch eine Art Resterampe des Textil-Discounters NKD. Zurück blieben auf dem nackten Beton die Überreste mannshoher Zimmerpflanzen und ein paar leere Einkaufswagen.
Seit Beginn des Jahres 2013 droht die Markthalle doch noch zur Investitionsruine zu verkommen. Spätestens seitdem eine Brauerei als potenzieller Investor abgesprungen ist, schlagen die SPD Hammersbeck und die FDP öffentlich vor, den Glaskasten abzureißen. Die AVW äußert sich dennoch nicht zur derzeitigen Situation.
1,9 Millionen Euro hat die Stadt in die Baukosten des Gebäudes investiert. Weiteres Geld floss in den Ausgleich von Defiziten. Die Stadt hatte dem Investor schon vor Baubeginn die Garantie gegeben, Defizite in einer Gesamthöhe von 129000 Euro auszu übernehmen. Mit ihrer stillen Beteiligung von 50 Prozent kann die Stadt nicht viel anfangen. Nach Auskunft der Behörde ist die Beteiligung mit keinerlei Rechten verbunden. Deshalb hat sich das Wirtschaftsressort in der Vergangenheit auf ständiges Nachfragen bei der AVW beschränkt. „Es gibt Gespräche mit einem Unternehmen für eine denkbare Nachfolgelösung. Der Leitgedanke der Markthalle soll nicht aufgegeben werden“, sagt Holger Bruns, Sprecher des Wirtschaftsressorts. Die AVW sei „verhalten optimistisch, dass sich eine Lösung abzeichnet“.
Dass sie einen Abbau der Markthalle in Vegesack und einen Aufbau an anderer Stelle erwäge, wie spekuliert wird, sei Quatsch: „Die Markthalle ist doch kein Zelt.“