Mehr als die Hälfte der Schmetterlingsarten in Bremen und Niedersachsen steht auf der Roten Liste. Ursachen für den Rückgang der Falter sind nach der Deutschen Wildtierstiftung vor allem der Schwund blütenreicher Lebensräume sowie von Pflanzenarten, die den Raupen als Nahrung dienen. Großflächig trägt die intensive Landwirtschaft maßgeblich zum Verlust zahlreicher Schmetterlingsarten bei, vor allem durch Monokulturen und den Einsatz von Herbiziden und Insektiziden. Auf kleinerer Fläche führen auch stark gepflegte Gärten in Städten und Dörfern mit Kurzrasen und exotischen Pflanzenarten wie Lorbeerkirsche oder Thuja zur Ausdünnung von Falterbeständen.
Naturnahe Gärten mit einer großen Vielfalt aus heimischen Blütenpflanzen können hingegen die Verluste in der Schmetterlingsfauna auf dem Lande wie in Städten teilweise ausgleichen.
Orte wie die Ökologiestation Bremen in Schönebeck mit ihrem großen Gartenbereich sind eigentlich ideal, um Faltern Lebensräume zu bieten. Doch in den letzten Jahren hatte sich der Garten der Ökologiestation mehr und mehr in eine Wildnis verwandelt: Gebüsche, vor allem aus Brombeeren, breiteten sich immer weiter aus und verdrängten nach und nach die Vielfalt an Blüten, die den Faltern Nektarangebote sichern.
Nektarreiche Stauden
Mit Hilfe eines neuen Projekts wurde es in diesem Jahr anders: Durch das Vorhaben „Lebensraum für Schmetterlinge“, gefördert vom Bremer Klimaschutz- und Umweltressort, war es möglich, den Stationsgarten nach und nach in ein Falterparadies umzuwandeln. Mit Hilfe von Ehrenamtlichen waren zwar schon vorher eine Wildblumenwiese und mehrere Kräuter- und Staudenbeete entstanden, doch mit dem Beginn des Vorhabens im Frühjahr konnte es erst richtig losgehen: Einige Bereiche wurden ausgelichtet und mit Sand aufgeschüttet – so entstanden trockene und sonnige Flächen, auf denen sich falterfreundliche Pflanzen ansiedeln ließen. Fetthenne- und Nelkenarten, aber auch Lavendel und Patagonisches Eisenkraut brachten nicht nur neue Farben in den Garten, sondern auch nektarreiche Blüten.
In den bereits vorhandenen Beeten wurden gezielt nektarreiche Stauden gepflanzt, die Tag- wie Nachtfaltern Nahrung bieten, wie zum Beispiel Spornblume, Ochsenzunge oder Echtes Labkraut. „Skabiosen, Oregano, Purpurziest und Sonnenhut haben sich als wahre Schmetterlingsmagneten außerordentlich bewährt“, sagt Projektleiterin Martina Schnaidt. Zu den extrem attraktiven Pflanzen für Falter gehört auch der lange blühende Sommerflieder, der am Rande des Gartens gepflanzt wurde. Diese spät im Jahr blühende Art lockte Arten wie den Kleinen Fuchs, aber auch Tagpfauenauge, C-Falter oder Admiral in den Stationsgarten.
Bereitschaft in der Bevölkerung ist hoch
„Wir merken auch, dass die Bereitschaft, selber im Rahmen der eigenen Möglichkeiten aktiv zu werden, in der Bevölkerung enorm hoch ist“, sagt Projektleiterin Martina Schnaidt. Vielen fehle jedoch das praktische Knowhow. „Deshalb haben wir eine Veranstaltungsreihe ins Leben gerufen, bei denen die Teilnehmer Tipps zur insektenfreundlichen Gestaltung des Gartens erhalten“, sagt sie.
Die schmetterlingsfreundlichen Bereiche im Stationsgarten sollen noch erweitert werden, sowohl mit Wild- als auch mit Gartenpflanzen, so Martina Schnaidt. „In diesem Jahr haben etliche Obstbäume, die erst 2021 gepflanzt wurden, die späten Fröste nicht überlebt“, sagt sie, „deshalb pflanzen wir Gehölze nach, die besonders falterfreundlich sind, wie zum Beispiel Kreuzdorn, Heckenrose, Faulbaum oder Gemeiner Schneeball.“ Im Garten dennoch auch Wildnisbereiche zuzulassen, reichert die Schmetterlingsfauna weiter an: „Unaufgeräumte Ecken, zum Beispiel mit Brennnesseln oder Disteln, bieten vor allem den Raupen vieler Falterarten Nahrung“, sagt Martina Schnaidt. Sie empfiehlt weiterhin, nicht alle abgeblühten Pflanzen abzuschneiden. Denn die Stängel bieten Winterquartiere für zahlreiche Insektenarten.
Bremer Schmetterlingsexperten wie Sebastian Nennecke bestätigen, dass auch frühere Allerweltsarten in den letzten Jahren stark zurückgegangen sind: „Besonders der früher überall häufige Kleine Fuchs, dessen Raupe an Brennnesseln lebt, ist in Bremen inzwischen eine Seltenheit“, sagt er.
„Indem wir die Lebensbedingungen für Falter im Garten der Ökologiestation verbessern, erhöhen wir zugleich die Biodiversität – auch andere Insektengruppen profitieren“, sagt Martina Schnaidt, „und wir legen auch Grundlagen für gute Umweltbildung, indem wir der Bevölkerung zeigen können, wie falterfreundliche Gärten aussehen.“ Doch mit dem Anlegen neuer Strukturen und dem Anpflanzen schmetterlingsfreundlicher Pflanzen allein ist es nicht getan, sie bedürfen auch der kontinuierlichen Pflege. „Unsere Crew an Ehrenamtlichen hat sich in vorbildlicher Weise unseres Stationsgartens angenommen. Aber wir suchen dringend weitere Mitstreiter, die sich regelmäßig oder auch zeitweilig an den Projektarbeiten beteiligen“, sagt Martina Schnaidt.