Während die meisten Sportler wegen der Corona-Pandemie ausgebremst worden sind, hat sich die sportliche Laufbahn von Magnus Staudacher vom Schachklub Bremen-Nord (SKBN) dadurch so richtig entwickelt. „Ohne Corona wäre ich sicherlich nicht da, wo ich jetzt stehe“, versichert der 18-Jährige. Wenn demnächst die neuen Wertungs (Elo)-Zahlen bekannt gegeben werden, durchbricht der Shooting-Star des Vereins vermutlich die 2000-Punkte-Marke.
Erst kurz vor dem Ausbruch des Virus hatte der Youngster überhaupt mit dem Schachspielen begonnen. „Ich habe bei Youtube Videos über Schach gesehen. Das fand ich sehr interessant“, teilt der Zwölftklässler mit. Fortan spielte er online Schach. Seine Leistungskurse an der Waldschule in Schwanewede sind Mathematik und Physik.
„Das logische Denken liegt mir einfach“, verrät Staudacher. Deshalb sei der Schachsport auch wie gemacht für ihn. „Logisches Denken ist beim Schach das A und O“, betont Staudacher, der sich Mitte 2020 dem SK Bremen-Nord angeschlossen hatte. Magnus und der Schachsport. Da war doch was? Richtig, der Norweger Magnus Carlsen ist seit 2013 Weltmeister und beherrscht die Szene seitdem nach Belieben. „Den Namen habe ich aber erst kennengelernt, nachdem ich mit dem Schachspielen begonnen hatte“, erklärt Staudacher. Nun verfolge er diesen aber regelmäßig bei den Top-Turnieren.
Früher mit der Oma gespielt
Magnus Staudachers Eltern haben beide nichts mit Schach am Hut. „Aber meine Mutter hat mir davon erzählt, dass sich meine Großeltern beim Schach kennengelernt haben“, berichtet der Schüler. Mit seiner Großmutter Elise habe er auch mal als Kind Schach gespielt. „Daran kann ich mich aber so gut wie nicht mehr erinnern. Ich weiß auch nicht, wer damals gewonnen hat“, so Staudacher, der das strategische Denken beim Schach schätzt. „Ich finde auch ganz generell Strategie-Spiele interessant“, lässt der 18-Jährige wissen. Der Schachsport decke ziemlich viele Facetten ab. „Da muss man sehr viele Dinge beachten. Deshalb reicht es auch nicht, sich in einem Bereich zu verbessern, wenn man dies nicht mit den anderen Sachen verbinden kann“, sagt der angehende Abiturient, der als Kind mit Eltern aus Rheinland-Pfalz in den Norden zog.
Kurz nachdem Magnus Staudacher in der Begegnungsstätte in St. Magnus einem realen Kontrahenten beim SKBN gegenüber gesessen hatte, setzte im Herbst des vergangenen Jahres auch schon der nächste Corona-Lockdown ein. Also beschränkte er sich in Sachen Schach wieder auf seine Online-Aktivitäten. Erst kürzlich nahm er an seinem ersten realen Turnier teil. Und dabei handelte es sich gleich mal eben um die norddeutschen Meisterschaften im Blitzschach im Einzel in Braunschweig. Hier musste Staudacher erst einmal Lehrgeld zahlen.
Nervös vor erstem Real-Turnier
„Ich war ganz schön nervös“, räumt der Waldschüler ein. Er bekam es ausschließlich mit dicken Brocken als Gegnern zu tun, die über wesentlich mehr Erfahrung und die höhere Elo-Zahl verfügten. „Wenn man vor dem Spiel die Elo-Zahl des Gegners vor sich hat, weiß man von vornherein, dass es schwer werden wird“, sagt Staudacher. Den schwersten Kontrahenten hatte er auch noch zu allem Überfluss gleich in der ersten Partie.
„Das war schon ein wenig demotivierend für mich“, blickt der Gymnasiast zurück. Er habe vor allem Probleme mit der Zeit bekommen. „Vom Computer her war ich es ganz anders gewohnt. Da habe ich dann auch schon mal meinen Zug ausgeführt, während mein Gegner noch gar nicht seinen Zug ganz beendet hatte“, erklärt Staudacher. In Braunschweig hätten sich die Relationen auf einmal ganz anders angefühlt. „Plötzlich hatte ich keine Zeit mehr“, so Staudacher. Am Ende blieb für ihn nur der letzte Platz übrig. „Das war natürlich nicht zufriedenstellend. Da hatte ich mir doch etwas mehr erhofft. Ich war deshalb auch einen Tag sehr pessimistisch im Hinblick auf meine weitere Zukunft im Schach“, gibt Staudacher zu. Aber immerhin ergatterte er 4,5 Punkte in einem überaus stark besetzten Turnier mit mehreren Titelträgern.
„Er bleibt dennoch ein Riesentalent“, meint der SKBN-Vorsitzende Mario Assmann. Bei den Norddeutschen Mannschaftsmeisterschaften im Blitzschach in Uelzen lief es einen Tag später schon wesentlich besser. An Brett drei ergatterte er mit 7,0 Punkten mehr als 50 Prozent aller möglichen Zähler und trug somit wesentlich zum guten Abschneiden seines Teams bei. An der Seite von Arne und Thorsten Döscher sowie Luca Humpe erreichte Staudacher einen achtbaren zwölften Rang für den SKBN.
Große Zukunft vor sich
Für den im Herbst geplanten Start in die neue Landesliga-Saison ist Staudacher fest für Brett sieben oder acht beim SKBN eingeplant. „Ich hätte nicht gedacht, dass ich gleich in der ersten Mannschaft beginnen würde“, staunt der Youngster, der freitags regelmäßig am Training von Hans Bleecke in der Begegnungsstätte St. Magnus teilnimmt. SKBN-Turnierleiter Thorsten Döscher hofft, dass Staudacher dem Verein lange erhalten bleibt: „Er könnte der nächste bei uns im Verein sein, der groß rauskommt. Ich würde mir wünschen, dass er nicht auch zum SV Werder Bremen wechselt.“
Magnus Staudacher, der seine berufliche Zukunft im Bereich Informatik sieht, hat keinen konkreten Plan, was seine Zukunft im Schachsport angeht. „Ich muss schauen, wie es im Abi-Stress und danach wird. In mein Hobby muss man sehr viel Zeit reinstecken“, erklärt der 18-Jährige. Aber es sei aus seiner Sicht schon reizvoll, im Laufe der Jahre den einen oder anderen Titel zu holen.
Magnus Carlsen wird er in dieser Hinsicht aber nicht mehr überbieten. Der wurde bereits im Alter von 13 Jahren als damals zweitjüngster Spieler der Geschichte Großmeister. Was seine Klassenkameraden so über das Hobby von Magnus Staudacher denken, wisse er nicht: „Darüber spreche ich mit ihnen nicht.“ Dafür möchte Magnus Staudacher in Zukunft noch sehr viel mit seinen Vereinskameraden über Schach sprechen. „Ohne Corona wäre es für mich auch viel einfacher gewesen, meine Kollegen kennenzulernen und in den Verein hineinzufinden“, beschreibt Staudacher die zwischenmenschlichen Nachteile der Pandemie.