„Leise Landschaften“ heißt die Ausstellung, die jetzt im Overbeck-Museum zu sehen ist. 31 farbintensive Bilder der Künstlerin Thilini Zach füllen den großen Ausstellungssaal mit ihren Farben und einer ganz eigenen Ruhe. Thilini Zach sieht die Hängung ihrer Werke im Overbeck-Museum während der Vernissage selbst zum ersten Mal und ist mehr als zufrieden. „Ich bin gerade ganz gerührt“, sagt sie und strahlt glücklich. Geboren in Sri Lanka, kam sie 1993 mit ihrer Familie nach Bremen. 2007 absolvierte sie ihr Studium an der Hochschule für Künste. Sie lebt und arbeitet als freischaffende Künstlerin in Bremen. Landschaften spielen eine große Rolle in ihren Bildern. Die Besonderheit: Es sind gefühlte Landschaften, die ohne reale Vorlage entstehen. Natureindrücke sind das Fundament ihrer künstlerischen Fantasie und ihre wichtigste Inspirationsquelle. „Das könnte daran liegen, dass ich in Sri Lanka geboren bin und mich dort schon als Kind in der üppigen Natur aufgehalten habe. Ich konnte als Kind stundenlang Schmetterlinge beobachten und Bäume anschauen. Die Natur gibt mir all die Inspirationen, die ich für meine Kunst brauche“, so Thilini Zach.

Overbeckmuseum: Ausstellungseröffnung "Leise Landschaften" / "Illusion oder Wirklichkeit, Thilini Zach
Das Interesse an den „Leisen Landschaften“ ist groß; schon eine halbe Stunde vor dem Beginn der Vernissage strömen Besucher in die Ausstellung. Und der Kito-Saal, wo Katja Pourshirazi die Eröffnungsrede hält, werden die Plätze knapp. Die Museumsleiterin nahm das Publikum mit auf einen philosophischen Diskurs zum Thema Landschaft. Obgleich wohl jeder zu wissen meint, was eine Landschaft, falle eine genaue Definition doch schwer. Denn „Landschaft ist viel mehr als nur ein Stück Himmel oder Erde, mehr als die Summe ihrer einzelnen Elemente wie Wasser, Bäume oder Berge. Landschaft ist eine Einheit, die wir Menschen erst erschaffen, indem wir etwas als Landschaft sehen und bezeichnen. Das heißt: Landschaft ist überall und jederzeit, wenn wir nur bereit sind, sie zu sehen.“ Die Landschaften in Thilini Zachs Werken öffnen mit ihren zahllosen Nuancen und Schattierungen einen Raum, der endlos zu sein scheint. „Endlos in seiner Weite, aber endlos auch in seinen möglichen Bedeutungen.“ Nicht immer ist sich der Betrachter sicher, was er eigentlich sieht. Katja Pourshirazi erzählt, dass es schon beim Aufhängen der Werke im Overbeck-Museum lebhafte Diskussionen im Team gegeben habe: „Das ist aber eine schöne Moorlandschaft!“ „Wieso Moor? Das ist doch das Meer!“ Die Tatsache, dass in dem Bild über den ersten Blick hinaus auch beim zweiten und dritten Hinsehen immer noch beide Landschaften – und vielleicht sogar noch mehr – möglich und „sichtbar“ sind, mache den besonderen Reiz der Kunstwerks aus. Nie hat man ein Bild komplett ausgelotet und eingeordnet. Wenn man es ein zweites Mal ansieht, sind aus den Wolken vielleicht Berge geworden. „Erst wenn ein Bild uns ratlos macht, bleiben wir stehen und schauen genauer hin“, so Katja Pourshirazi. Thilini Zachs Bilder laden dazu ein, einfach mal innezuhalten, in den „leisen Landschaften“ zu versinken, die Farben auf sich wirken zu lassen, den Blickwinkel zu verändern.

Overbeckmuseum: Ausstellungseröffnung "Leise Landschaften" / Nebelwald, Thilini Zach
Manchmal verrät der Bildtitel, dass die Künstlerin ein Bild von vorneherein als landschaftlich empfunden hat wie etwa die „Landschaft bei Mondschein“, den „Silberwald“ oder die „Bäume in Rot“. Thilini Zach arbeitet im Atelier, sie bildet keine realen Orte ab, sondern erschafft auf der Leinwand neue. Sie arbeitet aus der Erinnerung, Fantasie und Intuition heraus. Vieles bleibt vage, gerade eben erahnbar. So zeigt der „Frühling im Nebel“, eine Ahnung von rosafarbenen Blüten im sanft-grünen Halblicht. Anderes strahlt deutlich, wie die „Sprößlinge am See“, die leuchtend orange aus dem Dunst hervorleuchten. Bei aller poetischen Weichheit und Fantasie sind jedoch die Lichtstimmungen ganz präzise der Natur abgeschaut. Das Fehlen von Menschen gibt den Bildern zusätzlich etwas Ruhiges, Friedliches. Die Landschaften wirken entrückt und geheimnisvoll, wie undeutlich erinnerte Träume. Vieles bleibt vage, wie hinter Nebel verborgen. Oder wie Katja Pourshirazi sagt: „Diese Landschaften wollen nicht erkannt, sondern geträumt werden.“

Overbeckmuseum: Ausstellungseröffnung "Leise Landschaften" / "Haus in der Sonne", Hermine Overbeck-Rohte.
Neben den Werken von Thilini Zach gibt es übrigens auch in den Reihen der Overbeck-Gemälde Neues zu entdecken: Fast gleichzeitig sind vor einigen Monaten zwei Bilder in Privatbesitz aufgetaucht, die als verschollen galten. Zum einen das Ölgemälde „Haus in der Sonne“ von Hermine Overbeck-Rohte sowie eine Birkenstudie in Schwarz, Weiß und Grün von Fritz Overbeck. Mit Hilfe des Lions Clubs Bremer Schweiz konnte das Overbeck-Museum die Werke ankaufen. Beide Neuzugänge sind mittlerweile im Museum eingetroffen und werden dort erstmals öffentlich gezeigt.