Ausrangierte Funkgeräte, Gasflaschen, Literatur mit nautischer Thematik und sogar wuchtige Fender aus Kokos: Wenn der Verein Kutter- und Museumshaven Vegesack zum maritimen Schiffsflohmarkt in den Kulturbahnhof einlädt, weht ein Hauch von Haifischbar durch die Halle.
Zum dritten Mal hatten sich Verkäufer und Schnäppchenjäger aus Norddeutschland im Kuba eingefunden, um zu stöbern und das eine oder andere Unikat zu ergattern. Vor allem zwei Gruppen waren die zahlreich in die Hermann-Fortmann-Straße gepilgerten Besucher zuzuordnen. Während die einen zielstrebig nach Ersatzteilen für das eigene Segel- oder Motorboot suchten, waren die anderen vernarrt in maritime Accessoires.
Eine rostige Wasserpumpe, eine gusseiserne Deckslaterne mit ordentlich Patina, ein Bullauge und eine nostalgische Petroleumlampe locken an den Stand von Ingo, der seinen Nachnamen nicht nennen möchte. „Das stammt alles von alten Segel- und Binnenschiffen. Hier geht man ja auch mal rum und tauscht Raritäten untereinander aus“, verrät er.
Stefan Tecklenborg zögert beim Anblick der maritimen Schätze nicht lange. Für 60 Euro erwirbt er Lampe und Bullauge. „Das Bullauge wird verspiegelt und ins Bad gehängt, die Deckslampe kommt in den Flur“, verrät der aus Ganderkesee angereiste Schnäppchenjäger. Für die Aufhängung des Bullauges, gibt ihm Verkäufer Ingo mit auf den Weg, brauche er in jedem Fall spezielle Scharniere, wie er von einem Tischler erfahren habe.
Eine Frau erwirbt derweil einen vergilbten Bildband namens „Die Weser“. Wir haben viele Jahre auf Harriersand gelebt, das Buch bekommt unser Sohn zur Erinnerung an diese Zeit“, erzählt sie.
Burkhard Schwarz-Rohwedder bietet Kurzwellenfunkgeräte, Satellitenfunkanlagen, Ladestromverteiler, Alugasflaschen und Spannungswandler an: „Die bringen den Strom von zwölf Volt auf 230 Volt, damit man sich an Bord auch mal föhnen kann!“ Zu dekorativen Zwecken eignet sich das nautische Zubehör nur bedingt, lockt aber interessierte Segler an. „Das stammt aus einem Segelschiff, das vor zehn Jahren noch um die Welt gefahren ist."
Detlef Schlichting sucht vor allem nach Deko-Funden für die Wohnung. „Am liebsten mit viel Patina, das findet man selten heutzutage“, findet der Schiffsbauingenieur. Auf einen wuchtigen Fender hat Schlichting bereits sein Auge geworfen. „Der ist aus Kokosfaser und witterungsfest, solche schweren Fender haben heute nur noch antiquarischen Wert“, erläutert der maritime Kenner.
Händler haben abgesagt
Der Flohmarkt lockt aber auch bekennende „Schiffsverrückte“ an wie Claus-Dieter Pohler. Der Bau- und Möbeltischler hat eine Fotomappe dabei, auf der ein selbstgedrechseltes riesiges Steuerrad mit einem Durchmesser von 2,10 Meter zu sehen ist. In Vegesack habe es bis 1964 eine Steuerfabrik gegeben. „Von denen habe ich durch Zufall einen Lehrfilm gesehen, in dem ein solches Rad gebaut wurde. Das musste ich unbedingt nachbauen“. Maike Schaefer, stellvertretende Bremer Regierungschefin mit eigenem Boot im Grohner Jachthafen, ist an diesem Tag privat unterwegs, hat für ihren Sohn ein Taschenmesser gekauft.
Eine umfangreiche Sammlung nostalgischer Feldstecher ist am Stand eines Hamburger Kapitäns zu sehen. „Mein Vater war Kapitän auf großer Fahrt und hat viele Mitbringsel aus fremdem Ländern oder Geschenke von Reedereien gehortet“, verrät der Hanseat, der nach eigenen Angaben auf kleiner Fahrt unterwegs ist. Eines seiner Fernrohre stammt aus der US-Navy aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs.
Zu den Ständen mit eigens angefertigten Unikaten gehört der von Anja Bülter und Ira von Daak. Anja Bülter hat selbst gebastelte Schlüsselanhänger mit darin verschraubten Korken sowie mit blauer Lebensmittelfarbe gefärbte „Fischli-Kekse“ kreiert. Bis zu 100 Jahre alte Holzfunde von ihrem Dachboden hat Ira von Daak in dekorative Bretter mit maritimen Slogans umgewandelt. „Lobster Love“, "Wind und Wellen“ oder ein wortspielerisches „Sea you again“ prangt auf den Brettern. „In Schwanewede gibt es einen Weg, an dem die Leute immer ihren Schrott abladen, da werde ich fündig“, gibt die Hobbykünstlerin preis.
Rolf Noll vom Verein Kutter- und Museumshaven Vegesack zeigt sich als Veranstalter mit der dritten Auflage des Flohmarkts nur teilweise zufrieden. „Vom Publikum her ist alles wunderbar, aber heute Morgen haben sechs Aussteller ohne Begründung abgesagt“, ärgert sich Noll.
An einem Infotisch machte der Verein Werbung für seine Arbeit. Hobbyautorin Rega Kerner signiert ihre Bücher über „Schiffsschwein Speckje“. Ein Hingucker im Eingangsbereich ist Jürgen Thölke in seiner schnittigen Kapitänsuniform. Er macht Werbung für den Seemannschor Vegesack, der am 13. Oktober ab 15 Uhr wieder im Kuba zu seiner „Hafenbar“ einlädt.