Welt- oder Europameisterschaften im eigenen Land sind für jeden Fußballfan das Nonplusultra. Wer einmal live im Stadion eines dieser Spiele mitverfolgt hat, wird sich daran sein Leben lag erinnern. Klar, dass sich auch Peter Moussalli natürlich gedanklich noch mühelos in die Zeit der WM 2006 in Deutschland zurück versetzen kann. Das lag jedoch nicht allein an der tollen Atmosphäre oder an der fantastischen Stimmung bei diesem Sommermärchen. Der 51-Jährige Vorsitzende des Blumenthaler SV und seine Frau Nora verbindet noch etwas ganz Besonderes mit diesem Sommer 2006: die Geburt ihrer Zwillinge Neela und Emilio. Und da sich dieses Ereignis kürzlich zum 18. Male jährte, hatte Peter Moussalli eine Idee. „Was lag näher, als während der EM ihre Volljährigkeit zu feiern“, sagte er. Da die Fußballbegeisterung bei Neela – sagen wir mal – nicht ganz so ausgeprägt ist, reisen Vater und Sohn an diesem Mittwoch nach Dortmund und sitzen im Halbfinale zwischen den Niederlanden und England auf der Tribüne.
Dieses Highlight war schon lange geplant und so wurden alle Hebel in Bewegung gesetzt, um an die begehrten Tickets zu kommen. Nur gut, dass Moussalli mit dem Blumenthaler Mannschaftskapitän Kilian Lammers eine echte Koryphäe in Sachen Kartenvermittlung zur Verfügung stand. „Kilian hatte jeweils zwei Karten für das Achtel- und das Halbfinale. Da wir aber gerade aus dem Urlaub zurückgekommen sind, habe ich so lange gedrängelt, bis er sich schließlich erweichen ließ und das Halbfinale in Dortmund perfekt war“, freute sich der langjährige BSV-Coach, der sich gerade erst komplett aus dem Trainer zurückgezogen hat.
Noch voll im Saft ist dagegen Emilio Moussalli, der als Torwart der A-Junioren in der anstehenden Regionalliga-Saison einiges vor hat – und eigentlich mitten in der Vorbereitung unter Trainer Denis Spitzer steckt. So mussten Vater und Sohn bei ihrem EM-Trip auch Kompromisse machen. „Eigentlich hätten wir schon zwei, drei Tage eingeplant, aber so werden wir jetzt Mittwoch früh losfahren, nach dem Spiel übernachten und Donnerstag mit dem Auto wieder nach Hause fahren“, sagt Peter Moussalli. Angesichts der Fabelpreise in den jeweiligen EM-Städten haben die Blumenthaler in der Umgebung um Dortmund etwas einigermaßen preisgünstige Unterkunft gefunden. „500 Euro pro Nacht waren mir einfach zu viel“, erklärt Moussalli.
Ihren EM-Ausflug wollen die beiden natürlich möglichst intensiv auskosten, und so haben sie sich bereits einiges vorgenommen. Unter anderem wollen sie auf der Hinfahrt Bielefeld eine Stippvisite abstatten und „Mitch“ Kniat besuchen. Der ehemalige BSV-Spielertrainer, der in Diensten des Drittligisten Arminia Bielefeld steht, ist noch eng mit Blumenthal und mit Peter Moussalli verbunden. In Dortmund soll es den selbstständigen Unternehmer und seinen Filius danach natürlich direkt in die Innenstadt führen. „Ich freue mich riesig auf das ganze Programm. Die Stadt, die Fanzone, die Stimmung, alles wollen wir mitnehmen“, sagt Per Moussalli.
Anreise, Unterkunft, Entertainmentprogramm – es scheint also alles bereit für ein außergewöhnliches EM-Erlebnis zu sein. Wäre da nicht noch die Frage aller Fragen: Zu welcher Mannschaft halten wir im Stadion eigentlich? Klar, dass das Herz der beiden für die DFB-Elf schlägt. „Natürlich haben wir auch im Frankreich-Urlaub mit unserer Mannschaft mitgefiebert und natürlich waren wir sehr traurig über unser Ausscheiden. Aber wir haben uns als Mannschaft und als Gastgeber sehr gut verkauft. Sicherlich wär es schön gewesen, wenn wir noch länger im Turnier verblieben wären, aber ich denke, dass dies der tollen Atmosphäre durch die Fans der anderen Nationen keinen Abbruch tun wird“, sagt Peter Moussalli.
Und wem drücken die Moussallis jetzt die Daumen? Noch sind die beiden zwiegespalten. „Ich würde es England und Harry Kane schon gönnen. Der ist ein Vorzeigeprofi. Doch irgendwie scheint die Chemie in der Mannschaft nicht zu stimmen. Und wenn ich sehe, wie sich ein Jude Bellingham trotz all seiner Qualität mit seinem ganzen Lamentieren verhält und was für eine Trainerleistung Gareth Southgate zeigt, dann tendiere ich schon eher zu den Niederlanden. Allein schon wegen der unglaublichen Stimmung, die die Fans verbreiten. Allerdings haben sich die Spieler bislang auf dem Platz auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert und Trainer Ronald Koemann scheut auch das Risiko. Auf jeden Fall hoffe ich auf ein schnelles Tor, dann wird es spannend.“