Bremen-Nord. In den vergangenen Jahren gab es eher lange Gesichter als üppig gefüllte Körbe. Pilzsammler mussten nach den trockenen Sommern sehr ausdauernd sein, bis sie die Ausbeute für eine Pilzpfanne beisammen hatten. Doch in diesem Jahr besteht Hoffnung für Pilz-Fans. Feuchtigkeit und warme Tage müssten die Pilze aus dem Boden schießen lassen. So lauten zumindest die Prognosen. Beste Zeit, in Parks und Wälder zu ziehen - in der Hand einen Korb und den Blick Richtung Boden. Herbstzeit ist Pilzsammelzeit, und die Chancen, fündig zu werden, dürften besser sein als in den Jahren zuvor.
Auch der Bremer Norden hätte dann für die schmackhafte Pilzmahlzeit etwas zu bieten, weiß der Bremer Pilzberater Simon Makhali. Viele Röhrlinge wie zum Beispiel der Maronenröhrling wachsen hier ebenso wie Steinpilze oder Birkenpilze, die – der Name sagt es schon – in der Nähe von Birken zu finden sind. Ab und zu könnten aufmerksame Sammler im Wald sogar kleinere Gruppen von Pfifferlingen entdecken. „Und natürlich viele verschiedene Arten von Champignons“, fügt der Kenner hinzu. „Aber von denen können manche auch giftig sein.“ Ein wichtiger Hinweis.
Pilz-Apps reichen nicht
Allzu unbedarft sollte sich besser niemand zum Pilzesammeln entschließen. Wer glaubt, dass es ausreicht, sich eine App auf das Handy zu laden und dann losmarschieren zu können, könnte Gefahr laufen, daneben zu greifen und sich eine Pilzvergiftung einzuhandeln. „Pilz-Apps, Bücher und Foren bringen einem gar nichts, wenn man nicht schon etwas gezeigt bekommen hat“, warnt Simon Makhali. „Man braucht beim Pilzesammeln viel Erfahrung“, rät er. „Es geht beim Bestimmen immer um die Kombination von Merkmalen.“ Anders ausgedrückt: „Ich muss einen Pilz zu hundert Prozent kennen.“ Das sei ein Lernprozess. Zumal es keine eindeutigen Hinweise auf Giftpilze gebe. Den Fliegenpilz mag man noch erkennen, aber wenn sich giftige von ungiftigen Pilzen nur minimal unterscheiden, sind Ungeübte mit dem sicheren Einorden schnell auf schwammigem Boden. Wer sich selbst überschätzt, riskiert Magenschmerzen oder Leberschäden. Manche Pilzvergiftungen führen auf die Intensivstation oder – schlimmer noch – zum Tod.
Makhali empfiehlt daher jedem, der mit dem Pilzesammeln anfangen möchte, erstmal einen fachkundigen Menschen zu begleiten, „der einem zeigt, welcher Pilz es ist und worauf man zu achten hat“. Und das am besten mehrfach. „Dann stellt sich die Wahrnehmung darauf ein.“ Auch die Bremer Volkshochschule bietet Pilz-Exkursionen an. Das Wichtigste sei, sich beim Sammeln immer auf die Pilze zu beschränken, die einem vertraut sind, sagt Simon Makhali.
Nur frische Pilze sammeln
Er selbst sei auch auf diese Weise in die Pilzwelt eingetaucht. Der Bremer war von den Gewächsen, die so klangvolle Namen wie Geselliger Schwefelkopf, Samtfuß-Rübling oder Fransiger Wulstling tragen, so fasziniert, dass er sein Wissen um die zwischen Pflanze und Tier angesiedelten Lebewesen mehr und mehr vertiefte. Bei der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (Pilzkunde) ließ Simon Makhali sich zum Pilzsachverständigen ausbilden, der in Zweifelsfällen Funde genauer anschaut und bestimmt.
Die Gesellschaft für Pilzkunde empfiehlt, nur frische Pilze zu sammeln. „Überalterte und zu große Exemplare sind kein Genuss mehr und können durch bereits beginnende Zersetzung sogar zu einer Lebensmittelvergiftung führen.“ Die Pilze legt man am besten in einen gut durchlüfteten Korb. In Taschen und Plastiktüten würden Pilze zu leicht Druckstellen bekommen und schwitzen. Außerdem sollte man die Pilze behutsam dem Boden entnehmen und die Fundstelle wieder mit Erde bedecken, damit sie auch im nächsten Jahr wachsen können. Simon Makhali schätzt das Pilzesammeln auch wegen des meditativen Charakters. Beim Suchen, erzählt er, blendet sich alles andere aus. Und ein bisschen sei Pilzesammeln auch „wie Dauer-Ostern“ im Wald: „Da ist etwas versteckt, und das muss ich finden.“