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Trickbetrug am Telefon Polizei wimmelt Seniorin ab

Eine 83-jährige Nordbremerin will nach verdächtigen Anrufen Anzeige bei der Polizei erstatten. Sie bekommt aber keine Hilfe, die Beamtin wimmelt sie ab. Nun überprüft die Beschwerdestelle der Polizei den Fall.
20.02.2020, 11:11 Uhr
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Von Imke Molkewehrum

Immer wieder warnt die Polizei vor Trickbetrügern und gibt Empfehlungen, wie sich Betroffene verhalten sollten. Bei verdächtigen Telefonaten, so der Tipp der Polizei, sollte das Gespräch sofort beendet und die Polizei informiert werden. Genau so hat eine Nordbremerin reagiert. Statt Hilfe zu bekommen, wurde sie jedoch abgewimmelt. Der Fall wird nun intern von der Beschwerdestelle der Polizei überprüft.

Regina M.* aus Vegesack erhielt Ende Januar Anrufe von einer angeblichen Telekom-Mitarbeiterin, die den Besuch eines Kollegen ankündigte. Die Seniorin bezweifelte jedoch, dass ein Techniker ohne Ankündigung durch die Hausverwaltung in das Mehrparteienhaus kommt. Deshalb wimmelte sie die Frau mehrfach ab.

Später meldete sich auch noch der vermeintliche Telekom-Techniker. Auch ihm erteilte die 83-Jährige, die nicht mit vollem Namen in der Zeitung stehen möchte, eine Abfuhr. Daraufhin wurde der Mann ausfällig und beschimpfte die Nordbremerin. „Ich wollte auf dem Vegesacker Polizeirevier später Anzeige erstatten, um andere Menschen zu warnen, aber die Polizeibeamtin hat mich voll abgeschmettert“, kritisiert Regina M.

Der erste Anruf der angeblichen Telekom-Mitarbeiterin kam am 24. Januar gegen 8.30 Uhr. Während des Telefonats erfuhr die Anruferin durch Nachfragen, dass Regina M. zu Hause einen Receiver für den Fernsehempfang nutzt. Den müsse der Techniker in Augenschein nehmen, hieß es. „Das ist aber mein eigener Receiver, da lass ich keinen ran“, erwiderte die resolute Seniorin daraufhin und beendete das Gespräch.

Eine Viertelstunde später rief die Frau wieder an und sprach von Kabelarbeiten und etwaigen Störungen. Wieder wehrte Regina M. sie ab. Aber gegen 10 Uhr klingelte das Telefon erneut. Der Techniker werde im Lauf des Tages vorbeikommen. Regina M. solle bis 16 Uhr zu Hause bleiben, forderte die Frau. Da die Seniorin verabredet war, erwiderte sie: „Bis 14 Uhr kann er kommen.“

Sicherheitshalber hielt Regina M. aber noch Rücksprache mit einer Nachbarin, die im Beirat der Hausverwaltung sitzt. Von möglichen Kabelarbeiten in dem Mehrparteienhaus war der Mitbewohnerin nichts bekannt. Sie riet davon ab, jemanden in die Wohnung zu lassen. Gegen 12 Uhr klingelte abermals das Telefon. Nun war ein angeblicher Telekom-Techniker am Apparat und erklärte mit forscher Stimme, er werde in einer halben Stunde vor Ort sein, erzählt Regina M.. Sie habe sich aber nicht beirren lassen und dem Anrufer erklärt: „Ich habe schon ihrer Sekretärin gesagt, dass ich einen eigenen Techniker habe. Ich lasse Sie nicht an meine Geräte.“ Außerdem habe sie ihm erzählt, dass sie Kontakt zur Hausverwaltung aufgenommen habe, am Kabel aktuell aber nicht gearbeitet werden müsse.

Daraufhin sei der Mann ausgerastet, sagt die Vegesackerin und erinnert sich mit Abscheu an den Wortlaut: „Du blödes Weib, du hast ja wohl schon lange keinen Kerl mehr gehabt.“ Regina M.: „Ich war so geschockt, dass ich den Hörer auf die Gabel geschmissen habe.“ Zu Beginn der darauf folgenden Woche beschloss die 83-Jährige, Anzeige zu erstatten und ging zum Polizeirevier Vegesack. „Zum Glück saß da eine Beamtin, so hatte ich keine Hemmung, den Satz des Anrufers zu wiederholen.“ Sie habe der Polizistin vorgeschlagen, die Nummern der verdächtigen Anrufer über Listen der Telekom abzufragen.

Die Beamtin habe jedoch erwidert, für eine solche Lappalie lohne sich der Aufwand nicht. Die Polizei habe viel schlimmere Fälle zu bearbeiten. Regina M. solle stattdessen ihre Nummer aus dem öffentlichen Telefonbuch löschen lassen. „Ich war voll von den Socken“, sagt die Seniorin und ergänzt: „Eine Anzeige aufzunehmen, hat die Frau abgelehnt.“

Auf Nachfrage der NORDDEUTSCHEN erklärt Polizeisprecherin Franka Haedke: „Das geschilderte Verhalten der aufnehmenden Beamtin entspricht nicht unserem Verständnis von einer bürgernahen Polizeiarbeit. Zur Prüfung der Vorwürfe wurde der Vorgang an unsere Beschwerdestelle und an das Referat Interne Ermittlungen im Haus Senator für Inneres weitergeleitet.“ Die Bürgerinnen und Bürger könnten erwarten, dass ihre Anliegen ernst genommen werden und die Polizei ihnen professionell mit Rat und Tat zur Seite stehe. Inzwischen sei die Polizei mit der Betroffenen in Kontakt getreten, so Haedke. „Ihre Anzeige wurde am Montag aufgenommen, die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen aufgenommen.“ Grundsätzlich habe sie alles richtig gemacht. „Frau M. hat sich bei der Hausverwaltung nach angekündigten Handwerkern erkundigt. Als dies verneint wurde, wurde sie beim nächsten Anruf der Kriminellen misstrauisch und das Telefonat wurde beendet. Sie ließ keinen Fremden in die Wohnung, es ist kein Schaden eingetreten.“

Wichtig sei aber auch, sofort den Notruf 110 zu wählen, sobald etwas verdächtig sei oder Druck ausgeübt werde. Zudem sei es möglich, selbst mithilfe der Telekom nach verdächtigen Telefonnummern zu recherchieren, sagt Haedke. In Vorträgen des Präventionszentrums werde dieses Vorgehen erläutert.

Außerdem empfehle die Polizei den älteren Mitmenschen tatsächlich, ihre Nummern aus dem Telefonbuch löschen zu lassen. Zwar trügen auch junge Leute heutzutage wieder „alte“ Namen wie Hanna, Johanna, Luisa oder Joachim und Paul, sie seien aber in der Regel nicht im klassischen Telefonbuch verzeichnet, da sie nur via Smartphone erreichbar und somit auch für Täter schwieriger auffindbar seien, so die Polizeisprecherin.

Nach Angaben der Telekom ist es für Kunden nicht möglich, im Nachhinein die Telefonnummer eines Anrufers herauszufinden. Dazu wäre eine vorher beantragte Fangschaltung notwendig, erläutert Telekom-Sprecherin Stefanie Halle. Sie betont: „Wenn ein Termin aus technischen Gründen in der Wohnung oder im Haus notwendig ist, wird er schriftlich im Vorfeld über den Kundenservice angekündigt.“ So erfolge generell die Terminvereinbarung. Und es sei nicht vorstellbar, dass ein Telekom-Mitarbeiter ausfällig werde.

* Name ist der Redaktion bekannt.

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