71.000 Stadtbäume gibt es in Bremen. Mehr als 10.000 davon sind Pflegefälle. Das sagt der Nordbremer CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Rainer Bensch. Der Umweltbetrieb schafft es demnach nicht, sich trotz eines gestiegenen Budgets ausreichend um die Pflege der Bäume zu kümmern. „Das ist die Folge von unstrukturiertem Handeln in der Umweltbehörde, die den Umweltbetrieb kontrolliert. Darüber mache ich mir Sorgen“, so Bensch. Als Berichterstatter für den Rechnungshof spricht er zurzeit mit Beteiligten und prüft die Mängel. Die Ergebnisse sollen in den nächsten Bericht des Rechnungshofs einfließen.
Der Landesrechnungshof kontrolliert und prüft regelmäßig, ob die finanziellen Mittel der Stadt „nachvollziehbar, plausibel und wirtschaftlich“ ausgegeben werden. „Hier gab und gibt es erhebliche Mängel“, sagt nun Rainer Bensch mit Blick auf die Baumpflege.
Wie schlecht es um die Gesundheit Bremer Bäume bestellt ist, war erst in diesem Sommer Thema einer Deputationssitzung. Dort zeigte die Auswertung der Baumpflegedaten aus 2019 „eine hohe Anzahl an Pflegedefiziten“. Diese, hieß es, ließen sich ohne zusätzliche finanzielle Mittel nicht abarbeiten. Anders formuliert: Rund 14.000 Straßenbäume galten 2020 als nicht mehr verkehrssicher.
Der Sanierungsstau konnte nicht ad hoc behoben werden. Betroffen sind weiterhin 11.000 Bäume. Um die fehlenden Arbeiten zumindest bis Jahresende ausführen zu können, sollten die Deputierten Zusatzmittel in Höhe von 3,9 Millionen Euro bereitstellen.
Wenn man im Umweltressort fragt, warum es Bremer Bäumen so schlecht geht, lautet die Antwort: Trockenstress. "Als Hauptursache für die hohe Anzahl der Pflegebedarfe an den Bäumen sind nach wie vor die Auswirkungen der trockenen Sommer 2018 und 2019 zu nennen, die zu erheblicher Schwächung der Vitalität des Baumbestandes führten", erklärt Jens Tittmann, Sprecher der Behörde. Die Trockenheit habe zu einem hohen Anteil von Totholz und einer massiven Unfallgefahr im öffentlichen Raum geführt, die sich bei den zu erwartenden Stürmen noch erhöhe. Das bisherige Budget für die Unterhaltung habe in den vergangenen Jahren nicht ausgereicht, um den Anforderungen aufgrund der Folgen des Klimawandels ausreichend zu begegnen.
Die Kritik des Rechnungshofes am Umgang mit Straßenbäumen in Bremen reicht allerdings weiter zurück. Bereits 2012 und 2013 habe der Rechnungshof festgestellt, dass Baumkontrolle und Baumpflege des Umweltbetriebes Bremen (UBB) nicht ausreichen, meint Rainer Bensch. Konkreter Vorwurf an das damalige Joachim-Lohse-Ressort: Es erfülle seine Steuerungspflichten „nur teilweise“.
Die damaligen Feststellungen hat der Rechnungshof nun zum Anlass für eine erneute Prüfung genommen und dabei zusätzlich das Controlling und die Budgetbemessung untersucht. Dazu der Nordbremer: „Bis heute gibt es kein vernünftiges Konzept von der Umwelt-Senatorin, nach welchen Kriterien die 71.000 Straßenbäume gepflegt und bewässert werden.“
Die Nachschau habe ergeben, dass Dienst- und Verfahrensanweisungen zu Verkehrssicherungspflicht, zu Pflegearbeiten und zu Fällungen fehlten. Auch beim Thema Ausgaben hakte es offenbar: Laut Bensch hat der UBB keine Kostenanalysen vorgelegt, die dem Ressort als Nachweis für die erbrachten Leistungen dienen können. Diese seien allerdings auch nicht vom Ressort angefordert worden. Bensch: „Hätten dem Ressort die Kostenanalysen vorgelegen, hätte es erkennen können, dass die Mittelabflüsse des Umweltbetriebs ebenso wenig plausibel waren wie die geltend gemachten Mehrbedarfe.“ Das Budget von 2016 bis 2018 zum Beispiel sei sogar unterschritten worden.
Im aktuellen Entwurf für den Bericht des Rechnungshofes 2021 fordert der Rechnungshof das Ressort auf, sowohl die Budgethöhe als auch den Mittelabfluss regelmäßig zu analysieren. Rainer Bensch bemängelt, dass dem Stadtbäume-Management eine zu geringe Priorität eingeräumt wird: "Erstens müssen die jahrelang andauernden Mängel schnellstens abgestellt werden und zweitens müssen angesichts des Klimawandels zusätzliche Stadtbäume entlang von Straßenzügen und in Wohnvierteln gepflanzt werden. Hierzu bedarf es einer funktionierenden Steuerung der Behörde der Umweltsenatorin."
Die Umweltbehörde hat bereits auf die aktuelle Kritik reagiert. Laut Tittmann steht die Behörde im Austausch mit dem Rechnungshof. Das Ressort habe das Controlling im Rahmen der UBB-Budgetplanung und im gesamten Ausgaben-Controlling verwaltet, so Jens Tittmann. "Da dem Rechnungshof dies jedoch nicht ausreichte, haben wir auf das gewünschte Controlling umgestellt." Auch bei den Dienstanweisungen bessert das Ressort nach. Allerdings betont Tittmann: "Die Anweisungen fehlen nicht bis heute. Seit dem 1. November 2016 ist bereits die Dienstanweisung 'Verkehrssicherungspflichten' in Kraft." Darin seien unter anderem Prüfmethoden und Zuständigkeiten geregelt. Aufgrund neuer Empfehlungen der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau (FLL) würde die Anweisung derzeit angepasst.