Vegesack. „Und dann kam der Regen, gnadenlos heftig und intervallartig.“ So beschreibt ein Fahrer des Radsport-Clubs Vegesack die klimatische Herausforderung eines 24-Stunden-Rennens im Juli 2020 zugunsten der Deutschen Krebshilfe. Ein Beleg auch dafür, dass weder das Sauwetter noch Corona mit all den Hygiene- und Schutzauflagen den sportlichen Ehrgeiz der Vegesacker Pedalritter völlig ausbremsen konnten und können. Dafür sorgt vor allem Peter Fichtner, Ansprechpartner für alle radsportlichen Lebensfragen des kleinen Vereins.
Der RSC Vegesack wurde 1978 gegründet, hatte in Hochzeiten mal 100 Mitglieder, heute sind es 60. Deren Vereinsheim der Himmel ist, ob blau oder wolkenverhangen. Ein eigenes RSC-Zuhause gibt es nicht. Versammlungen, Vorstandssitzungen oder die Weihnachtsfeier gingen deshalb im Vereinsheim des Blumenthaler Turnvereins am Löh über die Bühne, bevor das Corona-Virus auch diese Treffen unterband. Seitdem kommunizieren die RSC-Mitglieder über E-Mail oder WhatsApp.
Holger Falke hieß der erste Vorsitzende des von zwölf Mitgliedern gegründeten Radsport-Clubs. Und der vor nunmehr 43 Jahren zu Papier gebrachte Vereinszweck hat nach den Worten von Peter Fichtner weiterhin Gültigkeit: Förderung, Pflege und Verbreitung des Radsports. Der Verein, so Fichtner, wolle seinen Mitgliedern die Ausübung des Radsports in seinen verschiedenen Erscheinungsformen ermöglichen. Und ihnen darüber hinaus eine sportliche Gesinnung und Haltung sowie die Förderung der eigenen Gesundheit vermitteln.
In den ersten Jahren nach seiner Gründung fanden die großen Radsportveranstaltungen des RSC Vegesack mitten in der alten Hafenstadt statt. Fichtner: „Das Rennen um den Großen Preis des Vegesacker Jungen war in Radsportkreisen weit über Bremens Grenzen hinaus bekannt.“ Die Zuschauer durften sich auf renommierte Ausnahmefahrer wie Andreas Klöden vom Team Telekom, den mehrfachen Sieger des Bremer Sechstagerennens, Andreas Kappes, oder über den ehemaligen Bahnweltmeister Carsten Wolf freuen. Dicht gedrängt standen die Fans im Vegesacker Zentrum an den Absperrungen und jubelten ihren Idolen zu. Die Radsport-Veranstaltungen des RSC Vegesack sorgten auch überregional für Schlagzeilen. Die Pedalritter des Vereins allerdings vermochten es nicht. Fichtner: „Kein Fahrer des RSC Vegesack hat jemals große und bedeutende Erfolge erzielt.“ Was der Radsportbegeisterung in dem kleinen Verein freilich keinen Abbruch tut.
Herausragende Events wie die Rennen um den Großen Preis des Vegesacker Jungen dürften allerdings endgültig der Vergangenheit angehören. „Sie sind einfach nicht mehr finanzierbar“, sagt Fichtner und erläutert: „Die Auflagen für Absperrungen und die Helfer des Deutschen Roten Kreuzes sind heute nicht mehr für eine Spende zu haben. Und auch die Umleitungen für die Bremer Straßenbahn sind nur gegen gute Bezahlung zu realisieren.“
Inzwischen stehen Radtourenfahrten (RFT) im Mittelpunkt der sportlichen Aktivitäten des RSC Vegesack. Im vergangenen Jahr fielen sie coronabedingt zwar aus, doch seit diesem Jahr gehören sie wieder zum Programm. RTF ist eine populäre Radsportveranstaltung für jedermann, die seit Langem zum Breitensportangebot des Bundes Deutscher Radfahrer zählt. Die Teilnehmer können dabei eine ausgeschilderte Strecke unter Beachtung der Straßenverkehrsordnung absolvieren, die zwischen 40 und 200 Kilometer lang ist.
Der RSC Vegesack hat seine Radtourenfahrt „Rund um Moor und Geest“ in Heilshorn und umzu im April veranstaltet. Es war nach den Worten von Peter Fichtner die erste in der norddeutschen Region. Wegen Corona gab es keinen Massenstart, nur Fahrer und Fahrerinnen aus zwei Haushalten durften sich gemeinsam auf die Strecke begeben, für die online GPS-Daten zur Verfügung gestellt und Wertungsstellen eingerichtet worden waren. Mitglieder des Bundes Deutscher Radfahrer können nämlich bei allen offiziell angemeldeten Radtourenfahrten Punkte sammeln und am Jahresende für mindestens 25 Zähler eine Prämie vom BDR erhalten.
Für den RSC Vegesack war die eigene Radtourenfahrt in April die einzige, die er in diesem Jahr im Programmangebot hatte. Weitere Punkte müssen die Nordbremer Aktiven also als Gäste bei anderen Veranstaltungen sammeln. Wo es ihnen ebenfalls überlassen ist, mit welchem Rad sie fahren. Die meisten, so Fichtner, bevorzugten noch immer das Rennrad. Aber seit 2018 seien auch E-Bikes zugelassen. Darüber hinaus gebe es Paare, die mit dem Tandem starteten.
Eine Alternative zu den Radtourenfahrten wird es für die RSC-Aktiven auch in diesem Jahr übrigens noch nicht wieder geben. Denn auch die Trainingsrennen, die der Radsport-Club aus der alten Hafenstadt in den vergangenen Jahren mit mehreren Vereinen auf dem Sachsenring im Industriepark Heilshorn veranstaltete, fällt in diesem Sommer einmal mehr der Pandemie zum Opfer.