Vegesack. Seit rund drei Monaten dreht sich die Erde irgendwie anders. Anders dreht es sich auch bei Niklas Curtius, dem Tänzer des TTK Vegesack. „Ich habe viel weniger sozialen Kontakt. Und wir hatten uns für den März und April doch so viel vorgenommen. Auch auf Turnieren wollten wir starten. Das musste alles gecancelt werden, weil die Turnhallen geschlossen sind. Da ich beruflich als Medien-Designer im Homeoffice für eine kleine Firma in Stuhr sehr beschäftigt bin, treibe ich zurzeit auch wenig Sport“, berichtete der TTK-Akteur.
Nach der Konfirmation fand der Nordbremer einst im Postkasten einen Zettel für einen Tanzkurs im Gemeindezentrum St. Marien in Blumenthal. „Erst war ich etwas skeptisch. Aber meine Mutter hat mich damals überredet, und so ging ich mit meinem Kumpel und Mitbewohner Henrik Knüppel dorthin. Der Kurs hat sich aber irgendwann aufgelöst und ich wechselte zum Formationstanzen“, äußerte sich der 24-Jährige, der nun schon zehn Jahre dem Verein die Treue hält. Davor turnte er zehn Jahre beim MTV Eiche Schönebeck, spielte Tischtennis in Hammersbeck und war kurze Zeit Mitglied beim Fechtclub Bremen-Nord.
„Gutes Feedback bekommen“
„Das war aber alles nicht meins“, meinte Niklas Curtius, der sich kaum für den Fußballsport interessiert. „Wenn, dann sehe ich nur Spiele bei der Weltmeisterschaft. Das ist irgendwie mit Freunden beim Public Viewing spannender. Aber diese Sportart reizt mich halt nicht so sehr.“ Mehr reizt ihn neben seinem Tanzsport, andere Menschen zu beschenken. So brennt er mit einem Lötkolben in Holzscheiten Linien und Muster, fertigt Holzuntersetzer an, oder bemalt Leinwände. „Ich habe schon ein sehr gutes Feedback bekommen. Und nebenbei fotografiere ich sehr gerne. Ich bin aber nicht so der Studio-Fotograf, sondern liebe es eher Emotionen festzuhalten. Das ist auch beim Tanzen der Fall. Zum Beispiel im Backstage-Bereich des B-Tanz-Teams“, so Curtius, der in der Neustadt wohnt und guten Kontakt zu seinen Eltern Ulrike und Hermann, plus Bruder Tom, hat.
„Aufgrund der Corona-Krise ist man in diesem Bereich auch ausgebremst, zum Beispiel bei den Geburtstagen“, sagte Niklas Curtius. Keinen persönlichen Kontakt hat der TTK-Sportler zur Zeit zu seiner Tanzpartnerin Sabrina Obuch, die sich nach einem Probetraining kennenlernten. „Ich glaube ein Jahr später waren wir ein Tanzpaar. Per Telefon oder Handy tauscht sich das Duo nun aus, wenn es etwas Wichtiges zu beschnacken gibt – auch mit dem befreundeten Tanzpaar Paulina Seidelmann und Jonas Wood. Mit Sabrina Obuch ist Niklas Curtius übrigens seit 2017 in der Hauptgruppe B im Einsatz und mit der A-Formation kürzlich in die 2. Bundesliga aufgestiegen. Ohne die Coronakrise sind Obuch/Curtius jeden Sonntag unterwegs. Entweder wird vormittags vier bis fünf Stunden trainiert, oder die beiden sind bei Turnieren zugegen. In der Woche feilen sie zusätzlich noch donnerstags und freitags für je drei Stunden an der Form. Allerdings möchte sich der Neustädter irgendwann örtlich noch einmal verändern. So zieht es ihn beruflich schon etwas in Richtung Hamburg.
„Ich hätte große Lust auch eine andere Tanzform kennenzulernen. Ich denke nicht, dass ich mit Latein weitermache. Ich hätte Lust auf Hip-Hop oder Ausdruckstanz, aber es muss nicht unbedingt Hamburg sein“, so Curtius. Und aus Sicht von Sabrina Obuch auch noch nicht in Bälde. Die in Oldenburg lebende TTK-Sportlerin, die 2003 mit dem Tanzsport begann, hat mit Niklas Curtius nämlich einen Deal gemacht. Sie möchte mit ihm noch unbedingt ihr 75. Formationsturnier tanzen.
Das ist für die Teamkollegen des TTK Vegesack gut zu wissen, sind sie doch bestens bei der Physiotherapeutin aufgehoben. „Man hat bei Verletzungen so schon einmal schnell eine grobe Einschätzung von mir. Sollen sie pausieren oder können sie weitermachen? Ich glaube, so ein Tipp von mir ist immer ganz gut,“ äußerte sich die 29-Jährige, die in Weyhe ihre Deutschland-Reise begann, dann in Hamburg und Berlin landete.
„Hiernach kehrte ich nach Weyhe zurück und entschloss mich, noch ein Jahr zu tanzen. Nach meinem Umzug nach Bremen hatte ich aber wieder Blut geleckt. Die Ars Nova-Trainerin Imke Teuchert sprach mich an und so bin zu Ars Nova (eine Kooperation mit TTK Vegesack) gewechselt. Mit diesem Verein gehe ich jetzt in Rente. Mein Freund Oliver Haack hat sich damals für Oldenburg entschieden. Ich bin bei Ars Nova geblieben und möchte dort meine aktive Karriere beenden“, äußerte sich Sabrina Obuch.
„Ich will mit Niklas auch im Paartanz noch unbedingt in die A-Klasse aufsteigen“, so Werder-Fan Obuch, die sehr fußballbegeistert und noch nicht im Homeoffice ist. „Ich muss noch arbeiten und kann mir auch gut vorstellen, dass die Coronakrise noch ein paar Wochen dauern wird“, äußerte sich die 29-Jährige. Da Sabrina Obuch mit Niklas Curtius noch einige Tanz-Einsätze vor sich hat, bleiben die beiden dem Tanzklub auf jeden Fall noch eine Saison treu. „Ich glaube, Niklas ist mein letzter Tanzpartner, und mit ihm werden auf jeden Fall die 75 getanzt. Egal, wo er ist, das hat er mir versprochen“, ergänzte Sabrina Obuch.
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