Ein Herzenswunsch ist in Erfüllung gegangen. Mark Fichter, der seit 15 Jahren Betreuer beim Fußball-Bremen-Ligisten SG Aumund-Vegesack ist, beendet seine Tätigkeit mit dem Lotto-Pokal-Finale am Sonnabend, 3. Juni, 12.15 Uhr, in Oberneuland gegen den FC Oberneuland. "Das wird ein sehr, sehr emotionaler Moment", weiß der 49-Jährige schon jetzt, dass ihm der Abschied schwerfallen wird. Ein Abschied, für den er sich entschieden hat, um mehr Zeit mit seiner Tochter verbringen zu können. Sie, seine Partnerin, sein Bruder und Freunde werden in der Marko Mock Arena sein, um diesen emotionalen Moment mit Mark Fichtner zu teilen. Nachdem sich der Wunsch mit der Endspielteilnahme erfüllt hat, hat sich ein zweiter gemeldet: "Ich will jetzt mit einem Sieg gehen."
Welche Welle ein Sieg im Lotto-Pokal auslöst, das hat Mark Fichtner 2013 in Obervieland erlebt. Seine erste Betreueraufgabe nach dem Abpfiff des mit 4:0 gewonnenen Endspiels gegen den FC Oberneuland lautete: Bier und Sekt holen. Vorbereitete Siegertrikots hätte er gar nicht gegeben. Ob das diesmal wohl anders ist? Der Abpfiff in Obervieland (Fichtner: "Ich hatte erstmals 2000 Zuschauer im Rücken") war damals der Anpfiff einer Sause, die Mannschaft und Staff in die ehemalige Gaststätte Nautilus in die Breite Straße in Vegesack führte. "Wir haben den Laden richtig auseinandergenommen", erinnert sich Mark Fichtner an eine Party-Nacht, die im Morgengrauen endete. Da es laut war, stattete ein Streifenwagen der Party-Gesellschaft einen Besuch ab.
"Johannes Metschuck hat sich mit dem Pokal auf die Motorhaube gelegt", erinnert sich Fichtner an einen der vielen unvergessenen Momente. Etwas später folgte mit Teilen der Mannschaft eine zweite Sause auf Mallorca. Kurz bevor der Rückflug startete, erfuhren Fichtner und Co., dass sie mit der SAV im DFB-Pokal auf Hoffenheim treffen. Diese Wochen zwischen Pokalsieg und DFB-Pokal-Spiel im Frühjahr und Sommer 2013 waren zweifellos die schönsten in Mark Fichtners vielen Jahren als Betreuer.
Aber es gab natürlich auch Momente, die nicht für den Auswurf von Glückshormonen sorgten. Der Fast-Abstieg im letzten Jahr hat eine Menge Kraft gekostet. "Es war schlimm. Ich habe am letzten Spieltag nur aufs Handy geschaut", erinnert Fichtner an eine Zittersaison, die mit dem Ligaerhalt endete, und an den fulminanten Neustart auf Platz drei mitsamt Lotto-Pokal-Finale.
Zurück ins Jahr 2008. Der Kontakt zur SAV entstand dadurch, dass Carsten Marquart von der SAV-Reserve seinen Kumpel Mark Fichtner aus Meyenburger Zeiten um einen Gefallen bat. Die Trainingstore benötigten eine Reparatur. Für Mark Fichtner, von Beruf Rohrschlosser, kein Problem. Er kam zum Vegesacker Stadion, wurde von SAV-Abteilungsleiter Bernd Siems angesprochen – und blieb. Fortan unterstützte er zunächst die Betreuer-Legende Klaus Mania (Fichtner: "Mein Mentor, eine Vaterfigur im Verein") und trat nach dessen Tod tiefer in die Fußstapfen. "Als Betreuer ist man ein Mädchen für alles", umreißt Fichtner die Tätigkeit grob. Im Detail zählt er auf: Früher auf Papier, jetzt digital die Spielberichte mit Namen, Passnummer und Geburtsdatum ausfüllen, um die Schiedsrichter kümmern, um die Gäste kümmern, um die eigene Mannschaft kümmern, Getränke bereitstellen, Fotos fürs DFB-Net machen, den Bedürfnissen jedes einzelnen Spielers in Sachen Ausrüstung nachkommen. Mark Fichtner: "Jeder hat seinen festen Platz. Die Spieler bekommen Trikots, Hosen, Socken, Stutzen wie im Profibereich hingelegt." Er sei immer eine halbe Stunde vor der vereinbarten Zeit am Treffpunkt und sorge dafür, dass die Kabine "picobello" sei. Und wenn englische Wochen angestanden haben, dann hätte Fichtner die Trikots auch schon mal gewaschen.
Als Mark Fichtner in die SAV-Fußball-Familie aufgenommen wurde, trug Jörg Schröder die sportliche Verantwortung. "Er war speziell, aber ein feiner Mensch", sagt Mark Fichtner. Einige Trainer gingen in den 15 Jahren, er blieb. Das Duo Torben Reiß/Robert Kwiaktowski, wieder Jörg Schröder, Kristian Arambasic, Jens Heine, Marcel Kulesha, Jörg Segerath/Isaam El-Madhoun und Björn Kramer hießen die weiteren Wegbegleiter. Nun ist es Markus Werle, von dem sich Mark Fichtner nach 15-jähriger Betreuer-Tätigkeit am Sonnabend, 3. Juni, verabschiedet und geht. Jener Markus Werle, der Mark Fichtner in Zusammenarbeit mit der Mannschaft den Wunsch vom Lotto-Pokal-Finale als Abschiedsspiel erfüllt hat. Und der jetzt mit der SAV noch einmal nachlegen und gerne für ein siegreiches Ende des langen Fichtner-Weges mit der SAV sorgen würde.
Und wenn auch dieser zweite Herzenswunsch in Erfüllung gehen sollte, dann hätte Mark Fichtner noch einen dritten im Hinterkopf. Auf den die SAV allerdings keinen Einfluss hat. Der 49-Jährige würde sich den 1. FC Köln als DFB-Pokal-Gegner wünschen, als dessen Fan er sich aus Zeiten von Harald Schumacher, Pierre Littbarski, Stefan Engels und Tony Woodcook bezeichnet. Im DFB-Pokal, ob gegen den 1. FC Köln oder wen auch immer, würde Mark Fichtner selbstverständlich als helfende Hand zur Verfügung stehen. Denn das Erlebnis im Jahr 2013 gegen die TSG Hoffenheim sei nicht nur einfach schön, sondern auch sehr anstrengend für die ehrenamtlichen Helfer und Helferinnen gewesen.