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Lost Places in Bremen Die Schönheit der Vergänglichkeit

Die Journalisten Michael Rüffer und Olaf Preuschoff zeigen im Kunstkeller von Schloss Schönebeck ihre Fotografien von Lost Places in Bremen. Das Gezeigte ist eindrucksvoll, die Herangehensweise unterschiedlich.
10.10.2022, 14:00 Uhr
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Von Marina Köglin

Ein hoher, lichtdurchfluteter Raum, eine Treppe, die niemand mehr benutzt, daneben ein alter Apparat, der seit Langem nicht mehr funktioniert. Die verlassene Fabrikhalle wirkt wie aus der Zeit gefallen – und hat eine ganz eigene Schönheit. „Lost Places“ faszinieren immer mehr Menschen. Ein Lost Place kann vieles sein – ehemalige Militärgelände, Bunker, historische Fabrikations­stätten oder eine frühere Justizvollzugsanstalt. Verlassene und verwunschene Plätze ziehen Fotografen magisch an. Zwei von ihnen – die Journalisten Michael Rüffer und Olaf Preuschoff – haben sich in Bremen und Umgebung auf die Suche nach vergessenen Orten gemacht. Fündig wurden sie unter anderem auf dem BWK-Gelände, im U-Boot-Bunker Valentin, in der Munitionsanstalt Harpstedt (auch bekannt als Muna Dünsen), der JVA Blockland und auf dem Kaffee HAG-Gelände. Entstanden sind Bilder mit einem besonderen, maroden Charme. Ihre Fotografien zeigen sie nun in ihrer wunderbar morbiden Ausstellung „Lost in Bremen – vergessene Orte rund um die Weser“ im Kunstkeller des Schönebecker Schlosses.

„Alte Industriegebäude haben oft eine unglaublich schöne Architektur“, so Olaf Preuschoff. Manchmal stehen aber auch Details im Mittelpunkt, etwa ein malerisch verrostetes Waschbecken. Viele der verfallenen Gebäude und Anlagen wurden von der breiten Öffentlichkeit schlicht vergessen – obwohl sie häufig nur wenige Meter abseits bekannter Wegstrecken liegen. „Viele Lost Places sind wie leere Bühnen“, sagt Michael Rüffer. „Die Schauspieler sind weg, aber die Bühnen sind noch da und erzählen eine Geschichte.“ Der Zustand, in dem die Orte verlassen wurden, lässt viel Raum zum Nachdenken. Man kann sich vorstellen, wie viele Geschichten und Schicksale in solchen Orten stecken. Viele Lost Place-Fotos sind Momentaufnahmen. Oft werden die Gebäude abgerissen, weil die Grundstücke, auf denen sie stehen, neu genutzt werden.

Preuschoff und Rüffer arbeiten beide beim Feuerwehr-Magazin, sind Kollegen und Freunde. Seit einigen Jahren unternehmen sie gemeinsame Foto-Touren. Obwohl beide zusammen am jeweiligen Ort fotografieren, entstehen Bilder mit ganz individuellen Sichtweisen. „Wir sind immer wieder erstaunt, wie unterschiedlich unsere Bilder sind.“ Durch verschiedene digitale Nachbearbeitungen wird der Unterschied der Sichtweisen auf die Lost Places noch deutlicher: Olaf Preuschoff arbeitet in Farbe. Er produziert sogenannte Pseudo-HDR-Fotos, also Bilder mit großem Kontrastumfang (High Dynamic Range), entstanden aus einzelnen JPG-Dateien. Dafür verwendet er eine spezielle Software, die auch noch in besonders hellen oder dunklen Bereichen für eine Durchzeichnung sorgt. So entsteht eine intensive, teils schrille Kolorierung. „Das gibt den Bildern eine surreale Komponente.“ Michael Rüffer bevorzugt die Schwarz-Weiß-Fotografie. Seine Lost-Places-Bilder basieren auf Farbvorlagen, die er aus Rohdateien (RAWs) entwickelt. Diese erhalten per Spezialprogramm einen monochromen Look, der an analoges Schwarz-Weiß-Filmmaterial angelehnt ist. Dadurch wirken Rüffers Fotografien archaischer und realitätsferner.

Lost Place-Foto-Touren sind spannend – in mehr als einer Hinsicht, es kann auch gefährlich werden: Mit Staub, Asbest, Schimmel, Scherben, rostigen Nägeln und einsturzgefährdeten Bereichen muss stets gerechnet werden. In einer Vitrine zeigen die beiden Fotografen ihre Ausrüstung: Handschuhe, Taschenlampe, Helm und Sicherheitsschuhe sind immer dabei. Auch die „Gesetze“ der Lost Place-Fotografie sind dargestellt: „Bringe dich und andere nicht in Gefahr. Nimm keine Souvenirs mit. Verändere und zerstöre nichts.“ Auch sollte man niemals allein einen Lost Place aufsuchen. Außerdem muss vor dem Betreten geklärt werden, wem das Gebäude oder Gelände gehört und ob das Betreten überhaupt erlaubt ist. „Wir gehen den legalen Weg“, so Rüffer und Preuschoff. Das heißt: immer mit offizieller Genehmigung, manchmal auch Begleitung. Mittlerweile gibt es Agenturen, die Fotografinnen und Fotografen offiziell in Lost Places geleiten.

Für die beiden Fotografen, die ihre Werke auch auf Instagram zeigen, ist es die erste Ausstellung. „Vielleicht gibt es ja noch ein paar Tipps für weitere Lost Places hier in der Umgebung.“ Die Ausstellung im Kunstkeller des Heimatmuseums Schloss Schönebeck, Im Dorfe 3-5, noch bis Sonntag, 20. November, zu sehen.

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