Es weihnachtet schon im Schönebecker Schloss: Ein Tannenbaum wird geschmückt und im großen Ausstellungssaal sieht es ein bisschen aus wie nach der Bescherung: Papier und Bindfäden sind zu sehen, sowie offene Kisten und Kartons – viele schon aufgeklappt und leer. Die neue Ausstellung „Freude über Weihnachten“ wird aufgebaut. Elisabeth Scheffler zeigt zahlreiche Exemplare ihrer großen Krippensammlung. In den Vitrinen und Ausstellungsflächen entstehen Weihnachtswelten mit geschnitzten, getöpferten und genähten Figuren. Eine Krippe erstreckt sich über zwei Vitrinen, andere passen in ein Hühner-Ei. Die Krippen – von klassisch über schlicht bis hin zu modern und bunt – stammen aus aller Welt. So unterschiedlich sie auch in ihrer Gestaltung sind – sie alle zeigen die Weihnachtsgeschichte und erzählen darüber hinaus viel über die Lebensweise und den Glauben der Menschen, die sie gestaltet haben.
Krippen gehören für viele Menschen zur Weihnachtszeit wie Adventskalender, Spekulatius oder Weihnachtsmarkt. Die Krakauer Weihnachtskrippen gehören seit 2018 sogar zum Immateriellen Weltkulturerbe. An den bescheidenen Stall, in dem das Christkind neben Ochs und Esel in der Futterkrippe lag, erinnert bei den Krakauer Krippen allerdings so gut wie nichts. Sie sind farbenprächtige Traumarchitekturen, die es mit jedem Märchenschloss aufnehmen können. Auch im Schönebecker Heimatmuseum ist eine solche Krippe – ein Miniatur-Schlösschen aus glänzend-buntem Stanniolpapier – zu bewundern. Natürlich gibt es auch Krippen aus hiesigen Breitengeraden mit Heiliger Familie, Hirten und Schafen in liebevoll-detaillierter Gestaltung zu sehen.



















"Weihnachtsausstellung: Freude über Weihnachten" von Elisabeth Scheffler
In den Krippen aus Südamerika tummeln sich statt Schafen auch Lamas und Schildkröten. Über einer Krippe aus Peru schwebt ein Engel mit Hut und Panflöte. In einer drehbaren Krippe aus Polen, in der sich die Figuren – angetrieben von einem kleinen Motor – um die Heilige Familie drehen, sind neben dem „klassischen Personal“ auch König Herodes, Tod und Teufel dabei.
Elisabeth Scheffler aus Fuhrberg ist davon fasziniert, wie unterschiedlich die Menschen das Weihnachtsgeschehen in ihrem jeweiligen Kulturkreis umsetzen. Seit über 40 Jahren sammelt sie Krippen. Damals – um 1980 – half sie der Krippensammlerin Barbara Kruhöffer bei einigen Ausstellungen und die Leidenschaft steckte an. „Es war ein krippaler Infekt“, sagt Elisabeth Scheffler und lacht. 1987 zeigte sie ihre erste eigene Ausstellung. Seitdem sind es gut 80 Ausstellungen geworden – nicht nur mit Krippen, auch mit Exponaten zu Ostern und zur Passionszeit. Im Schönebecker Schloss stellt die heute 81-Jährige bereits zum vierten Mal aus. Zuletzt war sie 2019 mit der Ausstellung „Engel aus aller Welt“ zu Gast. Ihre Engel-Ausstellung ist in diesem Jahr übrigens in Linz am Rhein zu sehen. Neben der Faszination für die kulturellen Unterschiede hat Elisabeth Scheffler auch ein Faible für Dinge, die von Hand geschaffen wurden. Alle ihre Krippenfiguren sind von Hand gearbeitet. „Das kommt von Herzen“, sagt sie. Sie zeigt auf eine Krippe aus Südamerika, die durch ihr langhalsiges Personal auffällt. Der junge Künstler habe wegen dieser Hälse anfangs von seinem Onkel einige Ohrfeigen geerntet. Er blieb diesem Merkmal jedoch treu – und wurde erfolgreich damit. Einzige Ausnahme inmitten der handgefertigten Figuren: eine Krippe mit vielen kleinen, weißen Plastikfiguren. Diese Figürchen gab es in den 50er Jahren als Werbebeigaben für Margarine der Firma Fri-Homa.

Elisabeth Scheffler
Auffallend viele Hähne und Hühner sind zu sehen. Einige dieser sehr kleinen Hühner bergen ein weihnachtliches Geheimnis: Hebt man sie hoch, kommt kein Nest, sondern eine winzige Krippe zum Vorschein. „Ostern und Weihnachten in einem“, so Elisabeth Scheffler.
Wie viele Krippen sie insgesamt hat? „Das kann ich gar nicht genau sagen; aber mehr als 300 sind es auf jeden Fall.“ Im Heimatmuseum ist natürlich nur ein Teil ihrer umfangreichen Sammlung zu sehen. Die Krippen kommen aus fast aller Welt: Italien, Polen, Portugal, Spanien, Paraguay und Peru um nur einige Beispiele zu nennen. Vielfältig sind auch die Materialien: Zu sehen sind Krippenfiguren aus Ton, Alabaster, Gips, Keramik, sogar aus Flaschenkorken und aus verschiedensten Hölzern – zum Beispiel aus Palo Santo, was im Deutschen so viel bedeutet wie „heiliges Holz“. Der Baum wächst vorrangig in Ecuador und Peru und sein Holz ist für seinen balsamischen Duft bekannt.
Und zu jeder Krippe gibt es eine Geschichte zu erzählen. Etwa zu der größten Krippe, die auch die älteste ist. Zwei Vitrinen nimmt sie ein und neben der Krippe ist eine ganze Stadt mit ihren Bewohnern zu sehen. Mehrere Generationen einer Familie aus Schlesien haben seit 1820 an dieser Krippe gearbeitet und sie immer wieder erweitert. 1948 wurde sie bei der Aussiedlung der Familie nach Celle mitgebracht und liebevoll gehegt. 2011 bekam Elisabeth Scheffler sie geschenkt. Kein Einzelfall – immer wieder werde sie von Ausstellungsbesuchern angesprochen, die alte Familienkrippen in gute Hände geben möchten. Viele Krippen hat die Fuhrbergerin selbst auf Reisen entdeckt, oder in „Eine-Welt-Läden" erstanden und von Freunden aus aller Welt geschenkt bekommen. Kürzlich brachte ihr Enkel eine farbenprächtige Miniatur-Krippe aus Mexiko mit.