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Sicherheit im Straßenverkehr Wunsch einer Nordbremerin: Fahrschein statt Führerschein

Eine 78-jährige Nordbremerin möchte ihren Führerschein gegen eine Fahrkarte tauschen. Doch das hat bisher nicht geklappt. Woran das liegt und wie die Situation in anderen Städten aussieht.
15.04.2024, 16:50 Uhr
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Wunsch einer Nordbremerin: Fahrschein statt Führerschein
Von Aljoscha-Marcello Dohme

Vor 60 Jahren machte Rosemarie Stade ihren Führerschein. Auto gefahren ist die Nordbremerin aber schon länger nicht mehr. Und zwar aus gesundheitlichen Gründen, wie sie sagt. Zu groß erscheint ihr das Risiko, dass sie einen Unfall verursacht und damit sich und andere schadet. Deshalb möchte sie ihren Führerschein abgeben – und gegen eine Fahrkarte für Bus und Bahn tauschen. Nur bisher ist ihr das noch nicht geglückt.

Nahezu täglich ist Rosemarie Stade im Bremer Norden unterwegs. Meistens geht es zum Einkaufen nach Blumenthal oder nach Vegesack. "Die Hin- und Rückfahrt kostet mich jedes Mal mehr als fünf Euro", erzählt die 78-Jährige. Sie habe auch schon mal darüber nachgedacht, das Deutschlandticket oder die Mia-Karte zu abonnieren. Doch weil ihr die monatlichen Kosten dafür zu hoch sind, hat sie den Gedanken schnell wieder verworfen.

Bremerhaven bietet Tausch an

Stattdessen hat sie versucht, ihren Führerschein gegen eine Fahrkarte zu tauschen. In Bremerhaven zum Beispiel geht das bereits seit mehr als einem Jahr. Wer über 70 Jahre alt ist und seine Fahrerlaubnis freiwillig abgibt, kann ein Leben lang kostenlos mit dem Bus in der Seestadt fahren. Am Wochenende sowie an Feiertagen gilt das Ticket sogar verbundweit und ermöglicht damit auch Ausflüge nach Bremen und Oldenburg. Inklusive einer Begleitperson.

Ein ähnliches Angebot gibt es auch in Lübeck. Dort steht der Umstieg allen Generationen offen. Wer sich dazu entschließt, bekam zunächst eine Fahrkarte für den Stadtverkehr. Mittlerweile finanziert die Hansestadt jeder Teilnehmerin und jedem Teilnehmer das Deutschlandticket für ein Jahr. Zunächst war das Modellprojekt auf 36 Monate und insgesamt 500 Fahrkarten beschränkt. "Die Nachfrage stellte sich als sehr hoch dar, da alle 500 Tickets bereits nach vier Monaten im Oktober 2022 vergeben waren", informiert das zuständige Ressort in Lübeck. Aus diesem Grund habe man sich dazu entschieden, bis einschließlich 2025 jeweils 500 Fahrkarten pro Jahr auszugeben. Damit wolle man einen Beitrag zur Verkehrswende leisten. "Alle Lübeckerinnen und Lübecker, die umsteigen wollen, sind wichtige Botschafterinnen und Botschafter und Multiplikatorinnen und Multiplikatoren einer umweltfreundlichen Mobilität“, so Lübecks Bausenatorin Joanna Hagen (parteilos).

Führerschein ist dauerhaft weg

Auch wenn sich das Angebot grundsätzlich an alle Generationen richtet, so wird es doch vorwiegend von Menschen über 60 Jahren genutzt. Von den ersten 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren einer Statistik zufolge lediglich drei Personen jünger. Allerdings betont die Stadt auch, dass der Führerschein auf Dauer zurückgegeben wird, und nicht nur für das eine Jahr, in dem die Behörde das Deutschlandticket finanziert.

Während andere Städte bereits seit Längerem Anreize für ihre Einwohnerinnen und Einwohner schaffen, auf Bus und Bahn umzusteigen, wird in Bremen noch darüber nachgedacht. "Wir sind zu diesem Thema in der Abstimmung", sagt René Möller, Sprecher von Mobilitätssenatorin Özlem Ünsal (SPD). Rosemarie Stade hat von der Senatskanzlei erfahren, dass für so ein Angebot kein Geld zur Verfügung stünde. Schließlich würden sowohl die Bremer Straßenbahn AG als auch der kommunale Klinikverbund Gesundheit Nord die Kassen sehr belasten.

Und Vertreter der Bremischen Bürgerschaft haben ihr geraten, eine Petition zu starten. Doch von dieser Idee ist sie nicht angetan. "Wo soll ich denn die ganzen Unterschriften herbekommen", fragt sich die Nordbremerin. Das Problem: Viele in ihrem Alter wären nach wie vor mit dem Auto unterwegs und würden ihre Eingabe damit sicherlich nicht unterstützen. Trotzdem will sie sich dafür einsetzen, dass auch in Bremen Anreize geschaffen werden, den Führerschein abzugeben. Denn sehen mag sie es häufig nicht, wenn Ältere noch selbst am Steuer sitzen.

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Was die Statistik sagt

Das Statistische Bundesamt kommt zu dem Ergebnis, dass ältere Autofahrerinnen und -fahrer häufiger die Schuld für einen Unfall tragen als jüngere. "Im Jahr 2022 waren die mindestens 65-Jährigen in mehr als zwei Drittel der Fälle (68,7 Prozent) die Hauptverursachenden", heißt es in einer Mitteilung. "Bei den mindestens 75-Jährigen wurde sogar gut drei von vier unfallbeteiligten Autofahrerinnen und -fahrern die Hauptschuld am Unfall zugewiesen (76,6 Prozent)." Allerdings sind Ältere – gemessen an ihrem Anteil an der Gesamtbevölkerung – seltener in Unfälle verwickelt als Jüngere. "Im Jahr 2022 waren 77.700 Menschen ab 65 Jahren an Unfällen mit Personenschaden beteiligt, das waren 15,1 Prozent aller Unfallbeteiligten mit Altersangaben", so das Statistische Bundesamt. "Im Jahr 2022 waren dagegen 22,1 Prozent der Bevölkerung in Deutschland mindestens 65 Jahre alt." Grund für den zahlenmäßigen Unterschied dürfte sein, dass Ältere seltener mit dem Auto fahren, da sie beispielsweise nicht mehr berufstätig sind.

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